Teil 2


Eine Weile saßen wir in Gedanken versunken im Garten herum. Dann auf einmal sprang Sam auf und erklärte, dass er sich ja noch umziehen müsse vor dem großen Fest. Gleich darauf war er verschwunden. "Er ist aufgeregt, weil auch Rosie auf dem Fest sein wird", sagte Frodo lächelnd. "Ist Rosie seine Freundin?" "Irgendwann einmal sicher. Wenn er sich endlich traut, sie zu fragen." Ich stand auf und lief einige Schritte umher. "Gandalf und Bilbo scheinen ja eine Menge zu besprechen." "Sie haben sich schon einige Jahre nicht mehr gesehen. Und Bilbo will heute Nacht fort." "Was? Wieso das?" "Er hat es mir nicht direkt gesagt, doch ich glaube, dass ihn das Fernweh gepackt hat. Heute Abend auf dem Fest hat er irgend etwas vor. So viel konnte ich seinen Worten entnehmen. Aber ich weiß nicht genau, was. Wir müssen uns wohl damit abfinden zu warten." Ich verstand zwar nicht genau, was er meinte, doch man merkte, dass Frodo nicht weiter darüber sprechen wollte. Also fragte ich nicht weiter.

"Wenn wir schon von dem Fest sprechen: Willst du wirklich so dorthin gehen?" Ich blickte an mir hinunter und fand nichts weiter dabei. "Was ist falsch daran?" "Du trägst Hosen! Und was für ein Stoff ist das eigentlich? Und diese Farben!" "Wie bitte?" "Also, ich weiß ja nicht wie das in dem Land gehandhabt wird, aus dem du kommst. Aber bei uns tragen wir so etwas nicht. Und die meisten Frauen haben Kleider an." "Ach ja? Aber, wo willst du denn ein Kleid für mich finden? Ich kann mich kaum in ein Hobbitkleid zwängen." Frodo lachte und stand auf. "Dann kennst du uns aber schlecht! Wir Hobbits sind tüchtige Handwerker. Und unsere Schneiderinnen unten in der Stadt verkaufen ihre Kleider auch nach Bree - an Menschen. Wir werden dir ein Kleid kaufen. Folge mir!"




Wenige Minuten später liefen wir durch "Hobbingen". Es war wirklich eine Sehenswürdigkeit. Fast unter jedem Hügel befand sich eine Hobbithöhle und die Gärten davor waren einfach wunderschön angelegt. "Da vorne ist die Schneiderei. Sie ist eines der wenigen Häuser hier in der Stadt. Und es hat schöne hohe Räume. Dort wirst du dir den Kopf nicht so schnell stoßen." Als wir eine kleine Kurve hinter uns gelassen hatten, sah ich tatsächlich einige normale Häuser. Das musste der "Stadtkern" sein.

Als wir die Schneiderei betraten, kamen auch schon eine Frau auf uns zu. "Guten Abend, junger Herr Beutlin. Zu dieser späten Stunde kommen Sie noch, um etwas zu kaufen?", fragte diese und beäugte mich neugierig. Vor allem meine Hosen! "Wir brauchen noch etwas für das Fest, Frau Bockendings. Ein Kleid." "Ein Kleid. Naja, das sehe ich, dass Ihr ein Kleid braucht! Aber ein Kleid für einen Menschen? Oje oje... lassen Sie mich nachdenken. Wir haben schon alles für den Markt in Bree zusammengepackt. Vielleicht hat Margerite noch eines bei sich liegen... Warten Sie hier! Oje oje!"

Mit diesen Worten war sie auch schon aus dem Zimmer verschwunden und man hörte, wie sie im Hinterzimmer nach "Margerite" rief. Kurz darauf kam sie mit einer weiteren Frau zurück und sie hielten tatsächlich ein Kleid in den Händen. "Es muss wahrscheinlich noch angepasst werden... aber es dürfte für das Fest gut geeignet sein!" "Ich danke euch", sagte ich. "Wo kann ich es anprobieren?" "Geht da entlang! Ins Hinterzimmer! Und zeigt uns, wie es Euch steht!" Ich bedankte mich erneut und ging durch eine kleine Tür. Das Hinterzimmer hing voller kleiner Hobbitkleider und ich betrachtete mir zuerst das eine oder andere.

Etwas weiter hinten entdeckte ich einen Spiegel und ging darauf zu. Als ich zum ersten Mal einen Blick hineinwarf, war es, als würde mich eine Fremde ansehen. Verzweiflung stieg wieder in mir auf - wer war ich? Und wie war ich nur hierher gekommen? Konnte es wirklich sein? War ich vielleicht wirklich "Elena" aus Sams Lied? "Passt das Kleid?", hörte ich die zweite Hobbitdame rufen und sie riss mich aus meinen Gedanken. "Einen Moment noch!", rief ich zurück und beeilte mich, es endlich anzuziehen.

Es war aus grünem Samt, an den Ärmeln und am Saum mit grün-schimmerndem Seidenstoff abgeschlossen und reichlich mit goldenen Stickarbeiten verziert. Und es saß wie angegossen. Ich betrachtete mich im Spiegel und kam mir nun selbst nicht mehr ganz so fremd vor. Ich fühlte mich in dieser Kleidung und dieser Umgebung sogar richtig wohl...

Frau Bockendings kam nun nach hinten gelaufen. "Was braucht Ihr denn so lange?", fragte sie und stellte sich hinter mich. "Es passt! Es passt wie angegossen! Als hätten wir es für Euch angefertigt!" "Allerdings! Habt vielen Dank!" "Wollt Ihr es gleich anbehalten? Ich würde euch nicht raten, noch einmal in diesen komischen Hosen durch die ganze Stadt zu marschieren! Ihr macht euch ja zum Dorfgespräch!" "Ich glaube, das bin ich bereits", sagte ich lächelnd und auch Frau Bockendings fing an zu lachen. "Nun ja! Ein weiterer Mensch bis auf Gandalf auf Bilbo Beutlins Geburtstagsfeier! Wenn das mal kein Grund ist, sich den Mund zu zerreißen!" "Was schulde ich Euch für das Kleid?", fragte ich dann. "Gar nichts. Herr Beutlin hat schon für Euch bezahlt. Und nun geht und genießt das Fest!"

"Ich werde dir das Geld für das Kleid auf jeden Fall zurückgeben, Frodo!", sagte ich, als wir die Schneiderei verlassen hatten. "Nein, das musst du nicht", antwortete Frodo. "Es ist ein Geschenk. Also nimm´ es an!" "Aber das kann ich nicht! Es war bestimmt sehr teuer!" "Wir Hobbits haben einen Brauch - Wenn jemand Geburtstag hat, dann erhält nicht nur das Geburtstagskind ein Geschenk, sondern auch alle Gäste, die kommen. Und da ich heute ebenfalls Geburtstag habe, ist dies mein Geschenk an dich. Du bist schließlich heute Abend mein Gast!" "Du hast auch Geburtstag? Warum hast du nichts gesagt?", fragte ich. "Ach - es ist ja nichts Weltbewegendes! Ich werde ja noch nicht so alt wie Bilbo!" "Dann gratuliere und danke ich dir, Frodo Beutlin. Ich hoffe, dass ich dir eines Tages ebenfalls einmal so ein schönes Geschenk machen kann." "Spätestens an deinem eigenen Geburtstag", antwortete Frodo grinsend und lief etwas schneller voraus. "Wir müssen uns jetzt etwas beeilen. Ich muss mich ebenfalls noch für das Fest umziehen."




Drei Stunden später folgte ich Frodo, Bilbo und Gandalf zu einer großen Wiese, auf der mehrere Zelte aufgebaut waren. Überall standen Tische und Bänke und es war schon von weit her Musik und Gesang zu hören. Das Fest war bereits in vollem Gange, obwohl der Gastgeber noch gar nicht erschienen war. Aber scheinbar war das nun mal so im Auenland. Essen und Trinken gab es in Hülle und Fülle und man sah fast keinen Gast ohne einen Krug in der Hand oder einen, der nicht kaute. Alle begrüßten Bilbo freudig und auch Frodo wurde mal hier, mal da, umarmt und für ein kurzes Gespräch angehalten. Gandalf wurde von mehreren Hobbits etwas düster angestarrt - doch er lächelte nur und ging weiter. Mich gaffte man regelrecht an. Doch nachdem wohl klar wurde, dass ich scheinbar irgendwie zu Gandalf und Frodo gehörte, wandte man sich bald wieder den Gesprächen, Gesängen oder Tänzen zu.

"Wieso scheinen hier einige wütend auf Sie zu sein, Herr Gandalf?" fragte ich ihn, während wir uns durch die Menge bahnten. "Ich bin der 'offizielle Störer des Friedens'", antwortete er grinsend. "Immer wenn ich vorbeikomme, gibt es scheinbar schlechte Nachrichten, die ich zu überbringen habe. Manche nehmen es mir übel - andere wissen, dass nicht ich der Unheilstifter bin. Aber im Innern sind die Hobbits gute Wesen, die einem nie etwas Böses antun oder anhängen würden. Sie reden nur einmal gerne über solche Dinge wenn sie in Gesellschaft sind. Und ich bin heute der Sündenbock. Doch warte ab, bis sie einige Bierchen getrunken haben - dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus." Er lief weiter und steuerte auf einen etwas größeren Tisch vor dem größten der Zelte zu. "Da vorne ist unser Platz. Doch du musst dich nicht den ganzen Abend mit so einem alten Mann wie mir abgeben. Geh´ und such´ dir Gesellschaft." Ich blickte mich um und erwischte erneut einige Hobbits, die mich musterten. "Ach," antwortete ich, "ich glaube, ich werde es mir erst mal hier gemütlich machen", und setzte mich schnell. Vielleicht würde ich ja so weniger auffallen...

Einige Minuten später kam Frodo an unseren Tisch und ließ sich neben Gandalf auf die Bank fallen. "Ist das anstrengend!", stieß er hervor. "Man kommt gar nicht mehr aus dem Reden heraus." "Jetzt ist es für´s erste geschafft", antwortete Gandalf lächelnd. "Du solltest dich erst mal stärken." "Es ist ja wirklich ein riesiges Fest", sagte ich. "Warte erst einmal ab, bis alle hier sind. Das ist noch nicht mal die Hälfte der Gäste! Die Brandybocks sind noch nicht hier. Ihre Familie besteht aus sehr vielen Leuten." "Da kommen sie auch schon", murmelte Gandalf. Zwei Hobbits kamen auf uns zugelaufen. "Frodo! Gandalf! Da seid ihr ja!", rief der eine. "Bei all´ den Gästen hier wart ihr fast gar nicht zu finden." "Hallo Pippin! Merry! Ihr seid spät dran!", sagte Frodo. "Du kennst das ja - je mehr Leute anreisen müssen, umso länger dauert alles." "Ich möchte euch jemanden vorstellen." Neugierig betrachteten die beiden nun mich. "Eine Freundin von dir, Gandalf?" fragte "Merry" "Nein", antwortete dieser und lächelte ihn an. Und nun erzählte Frodo *erneut* die Geschichte unseres Zusammentreffens - und er sang sogar das Lied, das Sam eingefallen war.

"Eine ungewöhnliche Begegnung", kommentierte "Merry" und betrachtete mich von oben bis unten. "Jedenfalls:", beendete Frodo seinen Vortrag, "das sind Meriadoc Brandybock und Peregrin Tuk. Merry und Pippin." "Ich bin Elena", stellte ich mich den beiden vor. "Jedenfalls hoffe ich das - oder besser doch nicht?" Sie lachten und setzten sich endlich an unseren Tisch. "Eine komische Sache mit Sams Lied... ,was sich da wohl noch herausstellt?", sagte Pippin. "Wo steckt Sam überhaupt?" "Er sitzt dort drüben, in der Nähe von Rosie", antwortete Frodo. "Er wird sie wieder nicht auffordern, mit ihr zu tanzen." "Dann geh´ hinüber und zwing´ ihn dazu!", rief Merry. "Oder soll ich das vielleicht machen?" Frodo lächelte. "Nein, ich gehe schon!" Er stand auf und lief zu Sam hinüber und unterhielt sich einen Moment mit ihm. Dann zog er ihn auf die Beine und schubste ihn direkt in die Arme eines tanzenden Mädchens, die ohne zu zögern mit ihm weiter tanzte. "Das ist also Rosie!", sagte ich und grinste Gandalf an. Der alte Mann nickte vielsagend und widmete sich dann aber wieder seinem Essen. "Möchtest du vielleicht auch tanzen?", fragte Pippin und rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. "Das würde ja albern aussehen!", rief Merry. "Hey, ich bin hier, um Spaß zu haben!", konterte Pippin. "Also, was ist?" "Gerne", antwortete ich. "Aber ich hoffe, ich trete dir nicht auf die Füße!" Seine Füße waren wie die von allen Hobbits ja wirklich riesig! Alle lachten. "Entschuldige!", rief ich dann. "Aber... es... es könnte passieren!" "Das nehme ich in Kauf!"

Er reichte mir die Hand und wir gingen auf die Wiese, die als Tanzfläche diente. Frodo, der bereits tanzte, begrüßte uns lachend. Fast alle Blicke waren auf uns gerichtet. "Ich bin kein guter Tänzer!", gestand Pippin. "Ich ebenfalls nicht", antwortete ich lächelnd. "Aber lass es uns einfach den anderen nachmachen." In den nächsten Minuten blamierten wir uns mehr, als dass es wirklich nach Tanzen aussah, da wir wegen dem Größenunterschied einfach nicht normal miteinander tanzen konnten. Nach kurzer Zeit hatte sich ein kleiner Zuschauerkreis gebildet und die Hobbits riefen uns die ganze Zeit lachend Vorschläge zu, wie wir es noch versuchen könnten.

Zu meiner Erleichterung machte die Band nach drei Liedern eine Pause und wir liefen lachend wieder auf unsere Plätze zurück. "Na, hattest du deinen Spaß?", fragte Merry Pippin schadenfroh als wir am Tisch ankamen. "Ja!", antwortete dieser. "Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht! Wir sollten gleich weiter machen, wenn die Band wieder spielt!" "Ich brauche zuerst mal eine Pause!", sagte ich und setzte mich. "Wie schafft ihr es nur, so eine Ausdauer im Tanzen zu haben?" "Jahrelange Übung", antwortete Merry. "Das Tanzen könnt ihr erst einmal sein lassen. Bilbos Rede beginnt in wenigen Minuten", sagte Gandalf. "Och! Wie langweilig! Jedes Jahr das Gleiche! Wir sollten ein wenig spazieren gehen!", schlug Merry vor. "Pippin? Elena?" Pippin war sofort auf den Beinen und lief schon voraus. "Ich bin dabei." Und somit folgte ich den beiden.

"Da vorne ist Gandalfs Wagen!", rief Pippin und lief darauf zu. "Schnell, bevor er vielleicht hier auftaucht!", flüsterte Merry, als er ihn ebenfalls erreicht hatte. "Was macht ihr denn da?", fragte ich. "Wir sehen uns nur an, was Gandalf dieses Jahr mitgebracht hat." Pippin zog einen Feuerwerkskörper unter einer Plane hervor. "Nein! Nimm den Großen!", sagte Merry und zeigte auf eine Rakete, die die Form eines Drachen hatte. Pippin zog sie heraus und hüpfte vom Wagen. "Schnell! In das Zelt da!" Und schon waren die beiden darin verschwunden.

"Jungs! Ihr könnt das Ding nicht...", begann ich, als ich in das Zelt hinein lugte. Doch es war bereits zu spät. Einer der beiden hatte die Rakete angezündet. "Nimm du sie!", rief Merry. "Nein, du!", sagte Pippin und drückte sie Merry wieder in die Hand. "Du solltest sie doch in den Boden stecken!" "Steckt sie doch!" "Aber draußen!"

Plötzlich hob sie ab und zog das gesamte Zelt mit sich nach oben in den Himmel. Am Firmament explodierte sie und ein riesiger Drachen aus Feuer erschien über dem See. Alle liefen aufgeregt durch die Gegend und man hörte überall Schreie. "Der Drache! Der Drache ist zurück!" Es brach fast eine Panik aus. Der Feuerdrache machte am Himmel eine Wendung und sauste dann direkt auf die Menge zu. Alle warfen sich zu Boden.

Der Drache fegte über die Köpfe hinweg und stieg dann erneut in den dunklen Nachthimmel auf. Dort explodierte er in unzähligen schimmernden Funken und ging als Goldregen über dem See nieder. Erleichterung und Erstaunen machten sich um uns herum breit als klar wurde, dass es nur eins von Gandalfs Feuerwerken gewesen war.

"Unglaublich!", rief Merry und blickte in den Himmel. Er und Pippin waren von oben bis unten total mit Kohle von der startenden Rakete bedeckt und sahen aus wie zwei Schornsteinfeger. "Gandalf wird sehr wütend sein!", sagte ich und lief zu den beiden hinüber. Wenige Sekunden später stand er auch schon vor uns: Gandalf. "Meriadoc Brandybock und Peregrin Tuk!" Er zog die beiden an den Ohren hoch und schleifte sie in ein anderes Zelt. Ich folgte ihnen. "Ich hätte es wissen müssen! Ihr beide habt doch nur Unsinn im Kopf!", schimpfte er. "Und du, junge Dame", wandte er sich nun an mich. "warum hast du sie nicht davon abgehalten?" "Ich... es, es ging alles so schnell!", stotterte ich. "Aha! Ihr drei werdet den Küchendienst übernehmen! Ihr geht erst nach Hause, wenn alle Teller und Krüge sauber sind!" Er schritt an uns vorbei und ging an seinen Platz zurück.

"Na toll!", seufzte Pippin. "Das ist alles deine Schuld!", sagte Merry zu ihm. "Meine? Meine Schuld? Du wolltest doch spazieren gehen!" "Und du wolltest in das Zelt gehen! Wieso hast du nicht gewartet, bis das Fest vorbei ist bevor du sie angezündet hast?" "Weil er sie wahrscheinlich dann schon wieder selbst angesteckt hätte! Und nie dürfen wir das machen!" "Wie hätte er sie denn anstecken sollen, wenn wir sie gehabt hätten?", rief Merry. "Ist ja gut, ihr zwei!", sagte ich nun und fuhr ihnen ins Wort. "Es ist nun mal passiert. Wir müssen jetzt erst einmal die Teller und Krüge sauber machen. Übrigens danke ich euch, dass nun auch mir diese Ehre zuteil wird obwohl ich gar nichts getan habe!"

Merry grinste und Pippin murmelte so etwas, das wie "Entschuldigung" klang.

"Bilbos Rede fängt gerade an", sagte Merry einige Minuten später als ich ihm gerade einen weiteren Teller zum Abtrocknen hinunter reichte. Mein Rücken schmerzte jetzt schon und wenn ich die Berge von Geschirr betrachtete, die noch darauf warteten, gereinigt zu werden, wäre ich am liebsten davon gelaufen. Doch Gandalf warf immer wieder einen prüfenden Blick in unsere Richtung und Merry und Pippin schienen das ganze recht witzig zu finden. "Ich höre gar nichts", sagte ich und blickte in die Richtung des großen Zeltes. "Er begrüßt gerade alle", flüsterte Pippin und lauschte weiter. Dann lachte er. "Stolzfüßens! Hast du das gehört, Merry?" "Ja! Da werden sie sich wieder aufregen, die Stolzfuß-Hobbits!" "Wie könnt ihr das nur so genau hören?" Ich lauschte zwar ebenfalls, doch ich hörte nichts weiter als den Beifall und die Rufe der Menge. "Vielleicht haben wir Hobbits ein besseres Gehör als ihr Menschen. Doch es ist nichts im Vergleich zu dem der Elben", bemerkte Merry. "Elben?", fragte ich nun. Was waren Elben? Sam hatte sie in seinem Lied ebenfalls erwähnt. Doch ich wusste nicht, was das nun wieder für Wesen sein sollten. "Shhht! Leise! Bilbo hat aufgehört zu reden... was hat er denn?", unterbrach uns Pippin. Auf einmal ging ein Raunen durch die Menge und einige schrien auf.

Wir liefen nach draußen und sahen, dass die Bühne, auf der Bilbo seine Rede gehalten hatte, nun völlig leer war. "Was ist passiert?", rief Merry einigen Gästen zu. "Er ist verschwunden! Bilbo hat sich einfach in Luft aufgelöst!", rief eine Frau und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. "Wie kann das sein?", fragte Pippin und bahnte sich einen Weg durch die aufgebrachte Menge zu Gandalf hin, der ebenfalls aufgesprungen war und über alle Hobbits hinausragte. Er sah wütend aus. Dann sah ich, wie er davonlief und in der Nacht verschwand.

"Herr Frodo! Frodo! Was ist da gerade passiert? Wie hat Bilbo das nur gemacht?", rief Sam, der ihn im gleichen Moment erreichte wie wir. "Ich weiß es nicht", antwortete Frodo und blickte seinen besten Freund verzweifelt an. "Er sagte mir ja, dass er fort gehen würde. Aber so?" "Alle sind völlig aufgebracht und es werden schon die wildesten Geschichten verbreitet!", sagte Merry. "Vielleicht ist er einfach nach Hause gegangen?", fragte Pippin. "Pippin! Er ist einfach verschwunden! Er hat sich vor den Augen aller unsichtbar gemacht!", rief Frodo nun aufgebracht und lief nun ebenfalls in die Nacht davon.




"Und was machen wir nun?", fragte ich. "Wollen wir Frodo folgen? Er wird sicher nach Beutelsend laufen." "Lassen wir ihn besser alleine. Er schien sehr aufgeregt zu sein. Wir sollten ihn nicht stören wenn er Bilbo wiederfindet. Die Gäste haben sich nun auch wieder etwas beruhigt. Wir sollten noch etwas essen und dann nach Hause gehen. Morgen erfahren wir sicherlich, was wirklich geschehen ist", schlug Merry vor. "Die Aufregung hat hungrig gemacht!", stimmte ihm Pippin nickend zu. "Es ist noch genug von allem da. Aber wir sollten es nicht den Sackheim-Beutlins überlassen! Habt ihr gehört, was sie nun schon wieder erzählen? Sie sagen, Bilbo sei von Gandalf verhext worden und deshalb verschwunden. Angeblich will Gandalf nun Bilbos Geld stehlen und es den Sackheim-Beutlins rauben", sagte Sam. "Ach, lass´ sie reden, Sam. Wir alle wissen, dass die Sackheim-Beutlins ein gemeiner Schlag Hobbits sind und es nur auf Bilbos Vermögen und Beutelsend abgesehen haben!", antwortete Merry. "Sie hoffen auf eine Erbschaft von ihm", sagte er nun zu mir. "Aber sie werden es nicht bekommen! Frodo wird Bilbos Erbe werden", rief Pippin und lief auf den reichlich gedeckten Tisch zu.

"Wie könnt ihr jetzt noch etwas essen?", fragte ich die drei und sah ihnen zu, wie sie Unmengen von Essen in sich hinein futterten. "Du meinst zu so später Stunde? Ihr Menschen seid schon ein wundersames Volk. Ihr hört nicht gut, ihr tanzt nicht gut und ihr esst so gut wie gar nichts!", antwortete Merry mit vollem Mund. "Wir Hobbits haben unsere festen Mahlzeiten. Genau wie ihr auch!", fügte Pippin hinzu. "Frühstück, ein zweites Frühstück, Elf-Uhr-Tee, Mittagsmahl, Nachmittagsmahl, Fünf-Uhr-Tee, Abendbrot und Mitternachtsmahl. Ganz einfach", erklärte nun Sam. Ich nickte staunend und nahm mir nun doch noch ein Stück Brot. "Interessant", murmelte ich.

"So langsam sollten wir uns auf den Heimweg machen", schlug Sam etwa zwei Stunden später vor. "Die meisten sind bereits gegangen und Müdigkeit überkommt mich plötzlich." "Rosie ist gerade gegangen und aus diesem Grund bist du nun auch bereit, endlich nach Hause zu gehen, Samweis!", stichelte Merry. Sam blickte ihn vorwurfsvoll an, antwortete aber nicht darauf. Statt dessen wurde er rot. Wir alle grinsten uns an und niemand sagte mehr etwas. "Na schön, ich denke auch, dass es langsam Zeit wird, schlafen zu gehen", durchbrach ich dann die Stille. "Du kannst mit uns ins Brandyschloss kommen, wenn du willst", bot Merry an. "Frodo solltest du heute wirklich besser nicht mehr stören und wir haben mehr Platz als genug." "Das Brandyschloss?", fragte ich. "Ach, es ist nichts weiter. Es wird hier von allen so genannt. Nur eine sehr große Hobbithöhle, wie ihr Menschen sie immer nennt."

Das "Brandyschloss" erwies sich wirklich als eine sehr, sehr große Hobbithöhle. Es war ein hoher Hügel der von vielen kleinen, meist beleuchteten, Fenstern geschmückt wurde und unten gab es ein großes, rundes Tor - groß für Hobbitmaßstäbe, denn ich musste mich dennoch bücken, um hindurchzupassen. "Wie viele Familien wohnen denn hier?" "Alle Brandybocks. Wir zählen zurzeit 37 Familienmitglieder. Aus diesem Grund haben wir uns ein so großes Haus gebaut." "37? Das ist wirklich eine ganze Menge", antwortete ich. "Sie haben auch noch Gästezimmer!", informierte mich Pippin und zeigte auf das Ende eines ziemlich langen Flurs. "Wirklich, es ist ein Schloss, Merry", gab ich nun staunend zu, als ich die Treppen, an denen wir gerade vorbeikamen, hinauf blickte und die vielen Verzierungen überall bewunderte. Sogar die Türen waren allesamt mit Schnitzereien versehen. "Mein Vater liebt es, Holz zu bearbeiten. Er hat das alles gefertigt." "Wunderschön." "So, hier sind eure Gästezimmer", sagte er dann und blieb vor zwei runden Türen stehen. "Dann gute Nacht!", verabschiedete sich Pippin und verschwand im ersten Zimmer. "Ich werde dir eine zweite Matratze bringen, eine wird zu klein für dich sein", sagte Merry und öffnete die Tür zu einem dritten Zimmer. "Lass mich das machen.", schlug ich vor und nahm die etwa einen Meter große Matratze aus dem Bett, das darin stand. "Dann wünsche ich dir eine gute Nacht. Ich werde dich zum Frühstück wecken." "Vielen Dank, Merry. Ich wünsche dir auch eine gute Nacht", sagte ich dann und schloss die Tür hinter mir.

Nach wenigen Minuten hatte ich die beiden Matratzen halbwegs vernünftig auf den Boden verfrachtet und schlief, nach einigem Kopfzerbrechen über Sams Lied und den Vorfall mit Bilbos Verschwinden, ein.


Zum 3. Teil

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