Disclaimer siehe Fanfiction Seite.

Diesmal eine kleine Besonderheit: Diese Story ist ein Geburtstagsgeschenk für meine Beta-Readerin und gute Mail-Freundin Chance, deswegen wurde diese Fic auch von Bluebeetle gegengelesen. Vielen Dank, du hast dir damit wahnsinnig viel Mühe gemacht und meine Fehlerquote erheblich vermindert und das noch in Rekordzeit! Ohne dich hätte ich wirklich alt ausgesehen ;o)

Chance: Happy Birthday und ich möchte dir auf diesem Wege zeigen, wie dankbar ich dir bin, dass du mich zum Schreiben gebracht hast! Ich LIEBE es! Diese Fic habe ich speziell für dich geschrieben, ich denke, du weißt, was das bedeutet!


Nightmare

von Mishale

Beta-Read
von Bluebeetle


Mai 2000



Kapitel 1


Samstag, der 20. Mai - gegen 18:00 Uhr

Eine milde Briese fuhr durch seine langen, kastanienbraunen Locken. Er genoss die Wärme der Sonne, die ihm freundlich ins Gesicht schien. Blair schloss lächelnd seine Augen - er liebte diese Jahreszeit mit ihrer beeindruckenden Welt von Farben und Düften.

Er hörte, wie von hinten Jim den Balkon betrat. Er wartete darauf, dass sein Freund etwas sagen würde, aber es blieb still; beide genossen sie das fabelhafte Wetter, dass der Mai ihnen bescherte.

Blair öffnete wieder langsam seine Augen und betrachtete die Skyline von Cascade Downtown, mit dem Fluss im Vorder- und den Bergen im Hintergrund. Ein beeindruckender Anblick, den man viel zu häufig als selbstverständlich betrachtet, dachte er sich.

Langsam drehte er sich zu seinem ruhigen Mitbewohner um, der ihn nur lächelnd anblickte.

"Ok, Jim. Spannen Sie mich nicht auf die Folter! Wohin fahren wir denn nun?"

Blair konnte es vor Neugierde kaum aushalten. Er und Jim hatten sich extra das Wochenende und die nächste Woche freigenommen um einmal richtig zu entspannen. Der Sentinel hatte alles arrangiert und behielt Stillschweigen, was dieses 'Alles' beinhaltete. Es sollte eine Überraschung zu seinem Geburtstag sein, soviel wusste er schon einmal, warum sonst diese Geheimnistuerei? Am Mittwoch würde er schon mehr wissen, dennoch waren es noch vier Tage bis dahin. Er freute sich darauf, was auch immer sein Partner sich einfallen lassen hatte, es würde ihm gefallen, davon war er überzeugt. Er konnte es förmlich an Jims Gesicht ablesen. Dieses selbstgefällige Grinsen trug er schon seit Tagen auf.

"Häuptling, wenn ich Ihnen jetzt schon alles erzählen würde, wäre es ja keine Überraschung mehr. Und das wollen Sie doch wohl selbst nicht, oder?" Mit diesem breitem Grinsen ging Jim wieder ins Loft. Dort standen mehrere Taschen, zum Teil erst halbvoll.

"Sandburg, wenn Sie das hier alles mitnehmen wollen, muss ich wohl noch extra einen Lastwagen bestellen."

Blair kam jetzt ebenfalls hinein und blickte den Sentinel mit einer Unschuldsmine an: "Wenn Sie mir sagen würden, wohin es ginge, könnte ich auch gezielter packen."

Jim rollte die Augen und schüttelte den Kopf. Er nahm sich ein Gepäckstück seines jungen Mitbewohners und stellte es vor sich auf den Tisch. Zuerst nahm er einige Hemden heraus.

"Wo auch immer wir hinfahren Sandburg, damit gehen Sie mir nicht auf die Straße."

Er zog schmunzelnd einen BH aus der Tasche und hielt ihn hoch. Blairs blaue Augen funkelten und er lächelte breit.

"Hey super! Den habe ich schon eine Ewigkeit gesucht!" Er schnappte nach dem Bekleidungsstück und Jim musterte ihn nur ungläubig. Bevor er aber zu einer passenden Antwort ansetzen konnte, läutete das Telefon.

Er kontrollierte kurz das Display, bevor er abhob und sich meldete: "Unterwäschenmodehaus Ellison."

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Simon am anderen Ende erwiderte: "Jim, sind Sie das?" Die tiefe Stimme des Captains klang hörbar verwirrt.

"Jep", antwortete der Sentinel und warf Blair einen amüsierten Blick zu. Der junge Anthropologe musste grinsen, war aber immer noch ganz auf seinen BH fixiert, den er vorsichtig in seinen Raum brachte.

"Lassen Sie bitte den Unsinn, Jim. Ich möchte, dass Sie und Sandburg sofort hier erscheinen, 151 Burningstreet."

Der Detective war über den Ton seines Captains wenig erfreut. Er klang keinesfalls schlechter Laune, viel eher beunruhigt, regelrecht besorgt.

"Ähm, Sir, Sie wissen, dass wir in drei Stunden wegfahren wollen, oder?" Vorsichtig lugte er durch den offenen Türspalt von Blairs Raum. Der Junge hatte sich schon wie ein kleines Kind auf die freien Tage gefreut. Und wenn er ehrlich war, fühlte er sich auch urlaubsreif.

"Ich befürchte, Sie werden das verschieben müssen", antwortete Simon ruhig, aber auch mit Bedauern.

"Sir, wieso sagen Sie mir nicht einfach, was los ist?" Jim bekam ein ungutes Gefühl, irgendetwas stimmte nicht.

"Ich halte es für besser, wenn Sie erst einmal direkt hier herkommen. Ich versuche in der Zwischenzeit die Presse im Zaume zu halten." - "Die Presse!?" Aber auf der anderen Seite wurde bereits die Verbindung unterbrochen.

Jim legte den Hörer beiseite und stand plötzlich Blair gegenüber, der scheinbar die letzten Fetzen des Telefonats mitbekommen hatte.

"Was ist los, mann?"

"Kommen Sie Häuptling." Er griff seinen Wohnungsschlüssel aus dem dafür vorgesehenen Korb. "Was auch immer vorgefallen ist, es scheint nichts Gutes zu bedeuten."




Bei Dämmerung bahnte sich der blaue Truck einen Weg durch die drängelnden Reporter. Jim hatte bei diesem ganzen Blitzgewitter Schwierigkeiten seine geschärften Sinne unter Kontrolle zu behalten.

Schließlich hielt der Wagen und die beiden Partner stiegen aus. Sofort wurden sie von Mikrofonen und Kameras umlagert. Simon kam durch die Menge und versuchte diese mit klassischen Standartsätzen zu beruhigen. Sie zwängten sich zu dritt zur Tür des kleinen Wohngebäudes, schlüpften hindurch und schlossen sie auch direkt wieder hinter sich.

"Ok, was ist hier los, Simon? Die Presse läuft ja Amok!"

Der Captain nickte und führte die beiden in die obere Etage. "Wir haben vor etwa einer Stunde einen Anruf erhalten, man habe Schreie einer Frau gehört. Wir fanden daraufhin eine weibliche Leiche. Wie die Presse davon so schnell Wind bekam ist mir noch immer ein Rätsel."

"Sir, selbst der aufdringlichste Reporter würde wegen einer gewöhnlichen Leiche nicht solch ein Theater veranstalten..."

"Sie sollten sich erst einmal ansehen, was wir gefunden haben", unterbrach Simon ihn. Dann wandte er sich an Blair: "Vielleicht sollten Sie besser nicht mit reingehen, Sandburg." Er betrat ein kleines Zimmer und Jim folgte ihm.

Blair konnte weiße Fliesen an den Wänden erkennen - folglich wohl ein Badezimmer. Normalerweise wäre er mitgegangen, aber auf den Anblick einer verstümmelten Leiche oder Schlimmeres konnte er verzichten.




Jim musste schlucken, er glaubte nicht, was er da sah. Mehrmals blinzelte er mit den Augen um sicherzugehen, dass es wirklich real war. Verwirrt blickte er zu Simon hoch, der ihn beunruhigt ansah.

"Aber wie ist das möglich?", fragte er leise. "Vielleicht... vielleicht nur Zufall?"

Der Captain senkte den Blick, das wollte er auch zuerst glauben und er versuchte es sich noch immer einzureden.

Der Sentinel trat näher an die nackte Frauenleiche heran. Sie lag in der mit Wasser gefüllten Badewanne. Ihre Haut war fahl, die mit Angst erfüllten Augen weit aufgerissen, ebenso ihr Mund, als würde sie schreien. Um den Hals der unbekannten Toten war ein gelber Seidenschal gebunden.




Blairs Gesicht war jede Farbe entwichen. Stumm starrte er durch das Seitenfenster. Seine Gedanken kreisten immer nur um die Tote, von der Jim erzählt hatte. Sein Partner hatte zwar nichts derartiges angedeutet, aber er wusste genau wessen Handschrift das war: David Lash, der Psychopath, der vor vier Jahren hier in Cascade drei Serienmorde begann. Er war immer in die Rolle seines nächsten Opfers geschlüpft, verschleppte es, brachte es um und übernahm schließlich den Platz dieser Person, bis er ein neues Opfer fand. Zuletzt hatte Lash es auch auf ihn abgesehen und ihn aus dem Loft entführt. In letzter Sekunde befreite Jim ihn aus den Klauen des Mörders, bevor er ihm das betäubende Gift einflößen konnte. Ansonsten hätte Lash ihn zu einem Ententümpel gebracht und bei vollem Bewusstsein ertränkt. Aber sein damalig neuer Partner kam ihm zuvor.

Lash war tot - Jim erschoss ihn, mit fünf direkten Treffern aus seiner Kanone. Er brauchte lange, bis er diesen Psychopathen aus seinem Gedächtnis verbannt hatte. Und jetzt war es ihm, als käme alles wieder hoch. Erinnerungen, die er tief vergraben hatte und hoffte, sie würden nie wieder zum Vorschein kommen. Aber das war Wunschdenken.

Langsam lenkte Jim den blauen Ford in die Tiefgarage des Police Departments. Sie waren Simon hierher gefolgt. Es würde jetzt viel Arbeit auf die beiden Partner zukommen, somit waren die freien Tage gestrichen. Aber zur Zeit war weder Jim noch Blair nach Urlaub.

Schweigend stiegen sie aus und stießen zu Simon, der vor dem Aufzug auf sie wartete. Jim schielte im Lift zu seinem Freund hinunter. Er konnte sich durchaus vorstellen, was in dessen Kopf nun vor sich ging. Der Junge war damals noch nicht lange bei der Polizei, als Lash sich an ihm vergriff. Es hatte nicht viel gefehlt und der Anthropologe hätte es mit seinem jungen Leben bezahlt. Damals kannten sie sich noch nicht so lange, dennoch fühlte sich der Sentinel für ihn verantwortlich. Und als Blair ihn später seinen "Gesegneten Beschützer" nannte, war es ihm, als hätte der Junge nur ausgesprochen, was er bereits fühlte.

Er schwörte sich: Wer auch immer für dieses Verbrechen verantwortlich war, an seinen jungen Guide würde er diesmal nicht Hand anlegen.

Mittlerweile hatten die drei das Büro des Captains erreicht. Simon setzte sich an seinen Schreibtisch, die beiden Partner ihm gegenüber.

Schließlich unterbrach Blair das getrübte Schweigen: "Ein Nachahmer?", fragte er leise und ließ seinen Blick von Jim zu Banks wandern.

"Vermutlich", antwortete Simon und betrachtete den jungen Polizeiberater mitleidig. "Wir müssen erst die Autopsie der Leiche und den Laborbericht über das Wasser abwarten - aber allen Anschein nach - ja." Der Captain versuchte sachlich zu bleiben. Er glaubte auch nicht wirklich, dass es nur Zufall war, dafür sah es zu sehr nach Lash aus.

Blair senkte seinen Blick, er musste wieder an das Bild denken, das ihm nach dem Vorfall früher noch wochenlang durch den Kopf geisterte: Die nackte Frauenleiche, die Jim und er damals, ebenfalls im Bad, vorfanden.

"Sir, aufgrund der Vorgeschichte zu diesem Fall, halte ich es für besser, wenn Sandburg unter polizeilichen Schutz gestellt wird."

Blair hob wieder seinen Blick. Glaubte Jim wirklich, dass der Täter auch hinter ihm her war? Damals schien Lash die Personen willkürlich auszusuchen, all diejenigen, die ihm begegneten und ihn faszinierten. Warum sollte dieser Mörder auch ihn aussuchen? Andererseits könnte er auch auf die Idee kommen, zu beenden, wozu Lash nicht mehr kam...

"Ich bin Ihrer Meinung, Detective. Sie arrangieren jetzt alles und fahren dann nach Hause. Ich werde Sie morgen über die Ergebnisse der Spurensicherung unterrichten. Das wäre dann alles." Schweigend verließen die beiden das Büro.




"Halten Sie das für wirklich notwendig?" Blair warf Jim einen fragenden Blick zu.

Während der Sentinel einige Telefonate erledigte, tippte Blair Notizen seines Kollegen in den Computer.

"Sie wissen, dass Sie sich nicht davor drücken können. Irgendeiner muss ja die ganzen Texte in die Kiste bringen."

"Nein, ich meinte etwas anderes und Sie wissen genau, was."

Sie saßen schon über eine Stunde hier. Keiner von beiden hatte es bisher gewagt das heikle Thema anzusprechen.

"Häuptling, das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, nur für den Fall, dass... Ich will halt kein Risiko eingehen, Ok?" Prüfend betrachtete er seinen Kumpel. Blair nickte und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu.

Seufzend blickte Jim auf die Uhr. Jetzt wären wir eigentlich schon unterwegs in unseren wohlverdienten Urlaub.




Müde und getrübt warf sich Blair auf die Couch. Er und Jim waren noch zwei Stunden auf dem Department, bevor sie dann endlich gehen konnten. Irgendetwas fand sich immer, dass noch schnellstens erledigt werden musste.

"Ok Häuptling, ich mache uns ein paar Sandwichs." Jim erhob sich von der Couch und lief zur Küche. Sie hatten kaum fünf Minuten den Fernseher an, konnten sie sich auch schon selber darin betrachten. Es ging natürlich um den Mordfall.

"...Es ist gerade so, als sei der Psychopath aus seinem Grabe gestiegen um jetzt fortzuführen, was er begonnen hatte. Detective James Ellison hatte damals die Ermittlungen gegen Lash geführt und Ellison war es auch, der ihn erschoss - mit fünf tödlichen Kugeln. Zuvor hatte der Mörder einen jungen Bediensteten des Police Departments entführt. Ellison kam in letzter Minute und rette seinen Partner vor dem sicheren Tod. Doch heute scheint es so, als hätte Lash einen Nachahmer gefunden. Die heute Nachmittag tot entdeckte Frau ist das erste bekannte Opfer dieses neuen Täters. Auch diesmal wurde die gleiche typische Vorgehensweise festgestellt: Die Leiche trug einen gelben Schal und..."

Seufzend knipste Blair den Bericht aus, er konnte es nicht mehr hören. Und er hatte auch keine Lust, wieder eines der Bilder zu sehen: die Tote im Bad.

"Alles in Ordnung?", fragte Jim besorgt von hinten und reichte ihm einen Teller mit zwei Sandwichs. Blair nahm das Essen dankbar entgegen.

"Ja, man, es ist nur...", seine Stimme wurde leiser. "Wie kommt ein Mensch darauf, so etwas nachzuahmen. Ich meine, es lag schließlich an Lashs Psyche, dass er sich immer in andere Personen versetzte, er war geisteskrank. Aber dieser Kerl hier... wieso?" Verwirrt schüttelte er den Kopf, das konnte er nicht verstehen.

"Häuptling, das weiß ich auch nicht, aber wer auch immer dahinter steckt, wird dafür bezahlen müssen, ob er nun einen logischen Grund für seine Tat hatte, psychisch krank ist oder meint, er müsste sich einen Spaß mit uns erlauben."

Der junge Polizeiberater wandte sich zu seinem Partner um: "Spaß? Wie kann das Spaß sein, Jim! Es wurde eine Frau ermordet!"

Der Sentinel seufzte und biss in sein Sandwich. Blair stand auf und ging in seinen Raum, er brauchte jetzt ein wenig Zeit zum Nachdenken.

"Ihr Essen", Jim griff nach dem Teller und reichte ihn hinter sich, Blair schnappte danach und schlich in seinen Raum.

Nur kurze Zeit später hörte der Sentinel, wie der junge Anthropologe seinen Namen mit zittriger Stimme flüsterte. Hastig eilte er in das kleine separate Zimmer. Er fand Blair mit einem Zettel in der Hand vor sich, den er ihm langsam reichte. Auf dem Stück Papier stand groß in Rot geschrieben: 'Wer bin ich jetzt?'

Und klein darunter in Schwarz: 'X Minus 3 Tage.'

"Was soll das bedeuten? Wie ist hier überhaupt jemand hineingekommen!" Blair geriet in Panik, das war zu viel des Guten. Ihm wurde die Sache langsam unheimlich.

Der Sentinel musterte den Zettel genau, aber es war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. "Ganz ruhig, Sandburg. Wer auch immer den Zettel hierher geschafft hat scheint damit ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen, zum Beispiel was ist 'X'?"

"Der Tag X", grübelte Blair vor sich hin. Falls er zuvor überhaupt noch etwas an Farbe im Gesicht hatte, jetzt war sie gänzlich entwichen.

"Zumindest sieht es ganz so aus, als hätte es jemand speziell an Sie gerichtet", murmelte Jim.

Das gefiel ihm überhaupt nicht. Zuletzt las er den ersten Satz kurz bevor Lash Blairs Identität annahm und ihn daraufhin entführte. Und das jetzt genau diese Worte seinem Mitbewohner direkt im Zimmer - in der eigenen Wohnung - hinterlassen wurden hatte sicherlich nichts mehr mit Zufall zu tun. Alles erinnerte ihn stark an damals, der Täter versuchte detailgetreu Lash zu imitieren. Aber diese Tagesangabe gefiel ihm überhaupt nicht, das war neu und mindestens genauso beunruhigend.

"Hey, was ist, irgendeine Idee?" Blair starrte seinen Partner mit großen Augen an.

"Hm, tut mir leid Häuptling, ich war gerade in Gedanken vertieft. Ich schlage vor, wir unterrichten erst einmal Simon darüber."

Blair fuhr sich verwirrt durch seine Haare. "Glauben Sie, dass der mir in drei Tagen nachstellt und dann..."

"Nein." Jim unterbrach in harsch. "Blair, wer auch immer dahinter steckt und was er auch damit zum Ausdruck bringen will, Ihnen wird nichts passieren. Das verspreche ich Ihnen!"

Der junge Mann senkte langsam den Kopf. Er wusste, dass Jim alles unternehmen würde um sein Versprechen auch einzuhalten, aber selbst ein "gesegneter Beschützer" kann nicht alles verhindern, auch nicht, wenn dieser sogar ein Sentinel war. Wer auch immer dieses Spielchen mit ihnen trieb, er hatte es scheinbar sehr gut geplant und vorbereitet und das machte ihn noch mal so gefährlich.




Blair fuhr ruckartig in seinem Bett hoch. Er glaubte etwas gehört zu haben, einen dumpfen Schlag. Vorsichtig lugte er durch die Türe seines Raumes nach draußen. Das Loft war in Dunkelheit gehüllt und es schien alles ruhig zu sein. Blair schlich sich leise hinaus in das Wohnzimmer, schließlich wollte er seinen Mitbewohner nicht wecken. Es war nichts Ungewöhnliches zu erkennen.

Er wollte gerade wieder in sein Zimmer zurück, als erneut ein Geräusch zu hören war, diesmal von oben.

"Jim?" Behutsam stieg der junge Anthropologe die Stufen hinauf, aber der Sentinel war nicht in seinem Bett.

"Jim?!" Er griff nach hinten zum Lichtschalter als er plötzlich Schritte hinter sich hörte. Aufgeschreckt drehte er sich um und sah nur noch, wie etwas auf ihn zugeschnellt kam - ein harter Schlag und er fiel zu Boden. Im Dunkel konnte er über sich eine Person erkennen, die erneut zu einem Hieb ausholte. Sandburg wich aus und stand auf, stolperte zum Bett. Erst jetzt konnte er im Dämmerlicht den Angreifer etwas besser erkennen: Es war sein Partner!

"Jim! Was ist los, mann?!" Erneut wich er seinem Freund aus und lief zum Lichtschalter. Als er ihn anknipste stand Jim vor ihm, mit einem Polizeiknüppel. Blair wusste noch nicht einmal, dass sein Mitbewohner so etwas besaß.

"Hey, Jim, ich bin es, was ist denn los?" Vom Sentinel kam keine Reaktion. Seine Augen funkelten, Blair konnte sich nicht erinnern, schon mal so eine Wut in seines Freundes Gesichtszügen gesehen zu haben.

"Ok, Jim. Ganz ruhig, wahrscheinlich halten Sie mich für jemand Fremden oder so, aber ich bin es, Blair. Sie wissen doch, Ihr nervender Mitbewohner." Er sprach mit ruhiger und besänftigender Stimme, wie sonst auch, wenn Jim sein 'Zone-out' hatte. So etwas in der Art musste er auch jetzt haben, zumindest hatte er die Kontrolle verloren.

Der Sentinel setzte sich wieder in Bewegung, direkt auf Blair zu. Dieser schritt nach hinten, konnte aber wegen der Stufen hinter sich nicht weiter ausweichen und bekam mit voller Wucht einen Schlag seines Freundes ab. Der junge Anthropologe konnte sein Gleichgewicht nicht mehr halten und fiel nach hinten über, die Treppe hinab, am Fuße der ersten Stufe blieb er halb bewusstlos liegen. Verkrampft versuchte er sich aufzurichten, aber seine Glieder wollten ihm nicht gehorchen. Er spürte, wie ihn jemand kurze Zeit später kräftig an seinem Shirt hochhob. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und geschlossenen Augen wartete er darauf, dass sein Widersacher zu seinem letzten Schlag ansetzte, aber stattdessen begann er zu lachen. Verwundert öffnete Blair seine Augen und blickte dem kräftigeren Mann direkt in die Augen. Dieser lachte immer lauter. Schließlich ließ er ihn los und schaute triumphierend zu seinem Opfer hinunter. Er griff mit der rechten Hand an sein Kinn und löste eine Maske von seinem Gesicht. Darunter kam ein vertrautes Gesicht zum Vorschein: Lash.




Schweißgebadet fuhr Blair aus seinem Bett hoch. Er saß sich auf die Bettkante und realisierte erst langsam: Es war alles nur ein Albtraum! Er versuchte ruhig durchzuatmen. Sein Herz pochte hart gegen seinen Brustkorb. Der Traum wirkte verdammt real.

Leise stand er auf und lief ins Wohnzimmer. Er stellte sich vor die verschlossene Balkontür. Die Welt draußen wirkte so ruhig, regelrecht friedlich.

"Häuptling, was ist denn los?" Blair zuckte zusammen und drehte sich ruckartig um. Oben sah er Jim, der neben seinem Bett stand.

Ganz ruhig, Blair, es ist nur Jim. Das war alles nur ein Traum...

Sein Herz pochte so laut, dass er glaubte, der Sentinel müsste davon Ohrenschmerzen bekommen.

"Häuptling?" Jim kam die Stufen hinunter, nachdem Blair ihm nicht geantwortet hatte. "Alles in Ordnung?"

Blair schreckte zurück, als Jim auf ihn zu kam und musterte ihn im Dämmerlicht.

Das ist Jim, Lash ist tot! Es war nur ein Traum...

"Ja, alles Ok", antwortete er leise und kehrte sich wieder der Fensterwand zu. Jim kam näher und stellte sich ihm direkt gegenüber.

"Blair, Ihr Herz galoppiert ja regelrecht. Was ist, hatten Sie einen bösen Traum?" Besorgt betrachtete der Sentinel seinen Partner genauer.

Der junge Anthropologe blickte zu ihm langsam auf, direkt in sein Gesicht. Aber er sah nicht seinen Mitbewohner vor sich, nur Lash, der ihn teuflisch lächelnd anstarrte. Blair schreckte erneut zurück und stolperte nach hinten.

Jim wusste gar nicht, was los war. "Hey, Blair, ganz ruhig, ich bin es, Jim! Ok?" Er versuchte wieder sich seinem Guide zu nähern, aber dieser flüchtete in die Küche. Der Sentinel knipste das Licht an und hob leicht die Arme hoch um ihn zu beschwichtigen. Vor sich fand er seinen Partner, dem die Angst ins Gesicht geschrieben war.

Nach einer Weile schien Blair sich zu beruhigen.

"Gut, sehen Sie. Was auch immer Sie geträumt haben, es ist vorbei." Jim trat einen kleinen Schritt auf seinen Freund zu.

Blair senkte seinen Blick. "Oh, man! Tut mir leid, Jim. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist." Er rieb sich erschöpft seine Stirn. Der Sentinel kam langsam zu ihm rübergelaufen.

"Alles wieder Ok?", fragte er vorsichtig und legte eine Hand auf Blairs Schulter.

"Ja, ich hatte nur diesen Traum..." Er beendete seinen Satz nicht, er hatte jetzt wirklich keine Lust, darüber zu sprechen.

"Wollen Sie darüber reden?" Sein Mitbewohner musterte ihn besorgt. Der Albtraum hatte den jungen Anthropologen sichtlich mitgenommen.

"Nein", antwortete er schlicht und lief zur Couch. "Vielleicht ein andermal."

"Es ist wegen Lash, nicht wahr?" Jim folgte ihm und setzte sich ihm gegenüber.

Blair nickte nur und beugte sich vorn über. Sein Gesicht vergrub er in seinen Händen.

"Sandburg, Lash ist tot und dieser 'Ich-möchte-gern-Lash' wird nicht an Sie herankommen, dafür werde ich schon sorgen."

Blair reagierte nicht und für eine Weile war es still im Loft.

"Ich glaube, ich lege mich wieder Schlafen... Danke." Blair richtete sich auf und ging zu seinem Raum zurück.

"Häuptling, wenn Sie..." - "Nein, ist schon in Ordnung, ehrlich."

Er verschwand hinter den französischen Türen.

Jim seufzte. Der Junge hatte mehr mit dieser Angelegenheit zu kämpfen, als er dachte. Aber er kannte seinen Partner, wenn er soweit wäre, würde er schon darüber sprechen, was ihn so belastete.

Mit einem Ohr bei seinem Mitbewohner lief Jim die Treppe zu seinem Bett hinauf. Nachdem er befriedigt festgestellt hatte, dass Blairs Herzschlag sich wieder beruhigt zu haben schien, legte er sich ebenfalls hin.



Kapitel 2


Sonntag, 21. Mai - gegen 9:00 Uhr

Jim drehte sich im Halbschlaf auf die andere Seite, als er einen brenzligen Geruch bemerkte. Er versuchte den Duft herauszufiltern um zu erkennen, was es war. Schließlich warf er die Decke beiseite, zog sich einen Morgenmantel über und stieg die Stufen zum Wohnzimmer hinab, immer der Nase nach. Vorsichtig stupste er die Türe zum Zimmer seines Mitbewohners an, die schon einen Türspalt weit aufstand. Drinnen sah er auf dem Boden kauernd Blair, um ihn herum ein Kreis von brennenden Kerzen. Der Junge hatte Kopfhörer auf um ihn nicht zu wecken, aber Jim meinte orientalische Musik heraushören zu können.

Er fragte sich, wie lange er wohl hier schon so saß.

Leise schloss er die Türe und begann das Frühstück vorzubereiten. Wenn der Junge meditierte, dann beschäftigte ihn etwas, das war Jim bewusst. Und er konnte sich auch vorstellen, was es war.

Während der Kaffee durch die Maschine lief ging er hoch und zog sich an. Gleich würde Simon anrufen, die Ergebnisse der Autopsie und Spurensicherung mitteilen. Von unten hörte er ein Grummeln, Blair musste seine Meditation beendet haben.

"Guten Morgen, Häuptling", begrüßte Jim ihn und versuchte dabei eine möglichst nette Mine zu machen.

"Morgen." Blair klang nicht nur unausgeschlafen, sondern sah auch so aus: Seine Augen waren rot vor fehlendem Schlaf und darunter hatte er blaue Ringe, seine Kleidung war zerknittert.

"Haben Sie die ganze Nacht da drinnen gehockt?"

"Ich glaube schon, wenn die Nacht schon vorüber ist." Er grinste schief und fuhr sich durch seine zerwuselten Haare. Daraufhin schlürfte er zum Bad um sich frisch zu machen.

In der Zwischenzeit wandte sich Jim wieder dem Frühstück zu. Als Blair müde wieder aus dem Bad heraus kam hatte er bereits den Tisch gedeckt.

"Hey, riecht gut." Der junge Anthropologe lief aber zuerst in die Küche um sich seinen allmorgendlichen Algenshake zu machen.

"Ich halte es für besser, wenn Sie heute den ganzen Tag hier bleiben, Häuptling. Ich werde Simon darum bitten, noch jemanden hierher zu schicken und ich werde dann wieder auf das Revier fahren. Der Mistkerl spielt mit uns!" Verärgert stellte er die fertige Kanne Kaffee auf den Esstisch und setzte sich.

"Ok, ich werde dann ein paar Seminarsarbeiten durchgehen. Ich hinke da sowieso hinterher."

Der Sentinel blickte auf, eigentlich hatte er Widersprüche erwartet, aber Blair schien keine Einwände zu haben.

"Gut, ich warte dann noch den Anruf von Simon ab."

Blair mixte sich seinen Shake, setzte sich ebenfalls an den Tisch und begann schluckweise zu trinken.

"Wollen Sie darüber reden?" Jim blickte sein Gegenüber fragend an. Er wusste, dass Blair etwas quälte.

"Worüber?" Blair tat so, als wüsste er von nichts.

"Na, über heute Nacht zum Beispiel."

Der Junge blickte in seinen grünen Shake und überlegte, ob und was er erwidern sollte.

"Wie Sie schon sagten, ich hatte einen schlechten Traum, das war alles. Es tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin."

"Ich wollte nicht hören, dass es Ihnen leid tut, Häuptling." Jim seufzte, der Junge wollte scheinbar wirklich nicht darüber reden.

"Es ist wegen Lash, nicht wahr? Hatten Sie einen Albtraum mit ihm?"

Blair nickte nur und lehnte sich dann im Stuhl zurück. Er fuhr sich frustriert durch die Haare und blickte dann an seinem Partner vorbei, zum Fenster hinaus. Das Wetter zeigte sich mal wieder von seiner besten Seite, aber es war doch ganz anders als gestern.

"Hören Sie, Jim. Es war nur ein Albtraum. Ich möchte nur, dass das alles schnellstens wieder vorüber ist!"

"Das möchten wir alle, Blair." Bevor Jim weiter ausführen konnte, klingelte das Telefon. Er stand auf und nahm ab. "Ellison."

"Morgen Jim, ich bin es, Simon. Wir haben jetzt erste Ergebnisse von der Spurensicherung und der Autopsie vorliegen."

"Und?" Der Detective schielte zu seinem Partner hinüber, der sich wieder an seinen Shake herangemacht hatte.

"Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt: Das Wasser im Bauch der Toten ist wieder verunreinigt, könnte das Wasser eines Tümpels gewesen sein." - "Eines Ententeichs", ergänzte Jim trocken.

"Genau. Und das Wasser in der Wanne ist wieder normales Leitungswasser."

Der Sentinel rieb sich die Stirn. Das entsprach genau Lashs Vorgehensweise.

"Ok, Simon. Ich komme dann gleich rübergefahren. Blair bleibt hier."

"Einverstanden, ich werde Rafe schicken, der kann sich um den Jungen kümmern. Wie geht es Sandburg?"

"Ich befürchte nicht so gut, aber das wird wieder." Erneut blickte er zu seinem Freund, der keine Reaktion zeigte.

"Ich erwarte Sie dann gleich bei mir im Büro."

"Ok, Sir." Jim legte auf.

"Wie bei Lash?" Blair blickte weder auf, noch verzog er eine Mine.

"Ja." Jim setzte sich ihm wieder gegenüber. "Gleich kommt Rafe vorbei, der wird den ganzen Tag hier bleiben, bis ich wieder zurück bin und dann wissen wir hoffentlich mehr."




"Guten Morgen, Sir." Jim kam zur Türe des Captains herein, nachdem er kurz angeklopft hatte.

"Ob der gut ist, wird sich zeigen, Jim." Simon setzte sich hinter seinen Schreibtisch, Jim auf die Tischkante des gegenüberliegenden Besprechungstisches.

Banks reichte ihm einen Zettel. "Den haben wir heute Morgen im Pausenraum gefunden."

Jim las konzentriert die roten Buchstaben, die optisch wie Blut wirken sollten: 'Der Tag der Abrechnung rückt näher.' Und darunter wieder in Schwarz: 'X Minus 2 Tage'

"Entspricht der dem Zettel, den Sandburg gestern Abend fand?"

"Ja. Die Aufmachung ist die gleiche." Jim hatte bereits das Stück Papier der Spurensicherung übergeben, auch wenn er nicht glaubte, dass diese etwas Brauchbares daran finden würde.

"Also für mich klingt das sehr nach Rache, Jim." Simon nahm mit besorgtem Blick seine Brille von der Nase und rieb sich die Augen.

"Sieht ganz so aus, Sir."

Es klopfte an der Tür und Brown trat herein. "Sir, da ist jemand am Telefon, der nur Detective Ellison sprechen möchte."

Simon und Jim sahen sich an.

"Ok, Jim: Sie kennen das ja, Zeit schinden! Und Brown: Man soll versuchen den Anruf zurückzuverfolgen!" Sie verließen den Raum und gingen an zwei Apparate damit Simon das Gespräch mitverfolgen konnte.

"Ellison hier."

"Hallo Detective. Schön mal wieder von Ihnen zu hören, haben Sie gut geschlafen?" Die Stimme war verzerrt, die technische Abteilung würde da nicht viel mit anfangen können.

"Oder sollte ich das lieber Ihren Partner fragen?"

Jim überkam einen Schauer. Der Mistkerl hatte nicht nur speziell Blair angesprochen, sondern anscheinend auch noch heute Nacht ein Auge auf sie geworfen.

"Was wollen Sie?" Er versuchte gar nicht erst auf die Spielchen des Mannes einzugehen. Er glaubte hören zu können, dass der Täter vom Auto aus her anrief.

"Das wissen Sie noch immer nicht? Wie schade. Dann werde ich mich in Zukunft wohl genauer ausdrücken müssen."

"Dann fangen Sie doch jetzt damit an." Jim wollte endlich wissen, was der Kerl für ein Spiel mit ihnen spielte.

"Ich mag Sie nicht, Ellison, und Ihren kleinen Freund auch nicht. Aber wenn Sie artig sind, werde ich es kurz und schmerzlos machen." Mit diesen Worten beendete der Anrufer ohne Vorwarnung das Gespräch. Jim blickte verwirrt den Captain an und überlegte, was der Täter mit den letzten Worten wohl gemeint haben könnte.

"Sir, das war zu kurz, wir konnten nicht feststellen von woher der Anruf kam, wir haben lediglich eine etwaige Ortung." Henri zeigte auf einen Bildschirm, auf dem eine Karte von Cascade zu sehen war. Es war ein recht groß abgesteckter Bereich, ein ganzes Viertel der Stadt war darin miteingeschlossen.

"Wer auch immer dahinter steckt, er hat es auf Sie beide abgesehen", grübelte Simon.

"Sandburg!" Jim schnappte seine Jacke und wirbelte in Richtung des Ausgangs.

"Jim?" Simon betrachtete seinen Detective skeptisch, während in ihm eine böse Vorahnung hochkam. "Das eingekreiste Viertel schließt auch das Loft mit ein, Sir. Ich befürchte, der Täter ist bereits zu unserer Wohnung unterwegs."




Mit Sirenengeheul und quietschenden Reifen hielten drei Polizeiwagen und der blaue Truck vor der Wohnung des Sentinels und seines Guides.

Am Straßenrand stand noch immer der Wagen von Rafe, wie er ihn hinterlassen hatte.

Mit der Dienstwaffe in der Hand rannte Jim zur Haustür.

Simon folgte ihm und positionierte sich auf der gegenüberliegenden Seite. Nickend signalisierte er dem Detective, dass er so weit wäre. Jim öffnete die Tür und lief mit der Waffe voraus in den Hausflur. Simon winkte die anderen Polizisten herbei und folgte ihm.

"Ok, ich nehme die Treppe, Sie den Aufzug, Sir." Jim lief direkt die Stufen im Schnellschritt hoch, nahm immer zwei Stufen auf einmal. Sein Herz pochte laut gegen seine Brust. Er hatte dieses ungute Gefühl, dass etwas passiert sei.

Oben angekommen traf er auf Simon und zwei weitere Kollegen. Sie positionierten sich wieder vor der Tür und Jim trat sie mit Wucht ein, sicherte alles direkt, mit der Waffe voraus, aber die Wohnung schien still. Es kam Ihnen ein beißender Geruch entgegen.

"Betäubungsgas!", schrie Jim und zog sich den Kragen seines Shirts über den Mund. Die anderen taten es ihm gleich.

Vorsichtig betrat der Sentinel die Wohnung. Hinter der Couch lag Rafe, er war bewusstlos. Nur wenige Meter weiter lagen die beiden Officers, die das Loft von draußen überwachen sollten.

"Sandburg?" Jim durchsuchte das Wohnzimmer und danach den Raum seines Gefährten, doch von ihm keine Spur.

"Sandburg!" Er rief noch einige Male seinen Namen, hustend und mit tränenden Augen durchsuchte er währenddessen unaufhaltsam die Wohnung, aber er war nirgends aufzufinden, er konnte ihn auch nicht hören. Der Mörder hatte ihn verschleppt.




Tiefe Dunkelheit umgab ihn. Er wusste nicht, wo er sich befand, es war nur Finsternis zu erkennen. Der Boden war feucht und kalt, seine Kleidung hatte bereits die Nässe aufgesogen. Seine Hände und Beine waren verkettet. Er rüttelte an den Metallketten aber die waren fest, keine Chance. Man hatte ihn mit einem Knebel im Mund ruhiggestellt.

Blair hatte keine Ahnung, wie lange er schon hier lag, vielleicht Stunden. Das letzte, an das er sich erinnern konnte, war, dass er in seinem Raum am Laptop saß, als er plötzlich einen merkwürdigen Geruch vernahm. Im gleichen Moment rief Rafe aus dem Wohnzimmer, dass alle schnellstens das Loft verlassen sollten. Aber die Wohnungs- und auch die Balkontür waren verschlossen und die Fenster ließen sich ebenfalls nicht öffnen. Kurz bevor er bewusstlos wurde, hörte er Schritte, die auf ihn zukamen, und spürte, wie ihn jemand hochhob. Dann wurde es dunkel und er wachte erst hier wieder auf.

Blair wusste: Jim suchte ihn bestimmt schon, und wenn ihn jemand findet, dann er. So, wie auch früher, als Lash ihn entführt hatte. Doch diesmal wusste er ja noch nicht einmal, wer ihn verschleppt hatte. Der Täter hatte zwar mehrfach versucht, Lash zu imitieren, aber das half auch nicht wirklich weiter.

Was hatte der Mörder mit ihm vor? Sollte er Lockvogel für seinen Partner spielen? Oder wollte er ihn sogar auch töten, so wie es damals Lash beinahe getan hätte.

Das Geräusch von Schritten unterbrach Blair in seinen Gedanken. Sekunden später hörte er, wie eine Tür geöffnet wurde. Nur wenige Meter von ihm entfernt strömte jetzt grelles Licht in den Raum und Blair kniff die Augen zusammen. Verkrampft versuchte er zu erkennen, wer den Raum betrat, aber das Gegenlicht blendete so stark, dass er lediglich die Konturen einer Person sah. Der junge Anthropologe versuchte etwas zu sagen, aber durch das Tuch in seinem Mund bekam er kein klares Wort heraus.

Die Figur kam auf ihn zu.

"Hallo Mr. Sandburg, ich heiße Sie herzlich auf meiner kleinen Party willkommen." Die Stimme war verzerrt, wahrscheinlich künstlich erzeugt. Blair lief ein Schauer über den Rücken.

"Ich hoffe Sie genießen den Aufenthalt." Mit diesen Worten trat die Person mit voller Wucht in Blairs Bauch. Dieser schrie vor Schmerzen auf und verkrümmte sich.

"Das sollte Ihnen eine Lehre sein, sich mit mir anzulegen." Noch einmal trat sein Peiniger ihm in den Magen und Blair begann zu husten, soweit dies unter den Bedingungen möglich war. Die verzerrte Stimme lachte schadenfroh und verschwand darauf wieder im grellen Licht.




Loft - gegen 14:30 Uhr

Ellison lief wütend in der Wohnung auf und ab.

"Jim, nun beruhigen Sie sich wieder. So helfen Sie Sandburg auch nicht weiter!" Simon legte seinem quirligen Detective seine Hand auf die Schulter. Er machte sich auch große Sorgen um den jungen Polizeiberater, aber sie mussten jetzt ruhig und sachlich an den Fall herangehen.

"Beruhigen? Simon, der Junge ist jetzt schon seit Stunden in der Gewalt dieses Mistkerls und wir haben noch immer keinen Anhaltspunkt, wer ihn wohin und weshalb verschleppt hat. Und dann sagen Sie mir, ich soll mich beruhigen!"

"Ich mache mir ja auch um Sandburg Sorgen, aber zur Zeit sind Sie ihm eine größere Hilfe, wenn Sie sich ganz rationell auf den Fall konzentrieren."

Der Sentinel nickte leicht. Er wusste selbst, dass Emotionen hierbei nichts zu suchen hatten, aber diese Ungewissheit, was der Mörder mit seinem Freund schon alles angestellt haben könnte oder noch würde, ließ in ihm Wut aufkommen - Wut und Hilfslosigkeit.

"Die Frage ist doch: Wieso hatte der Täter bisher immer so detailliert die Methode von David Lash imitiert, aber geht jetzt plötzlich ganz anders weiter vor?" Jim rieb sich die Stirn, irgendetwas musste der Kerl doch falsch gemacht haben.

"Vielleicht weil es ihm nicht anders möglich war, wir hatten Sandburg immer unter Beobachtung. Damals war er aber..." Simon hielt inne. Jim hob seinen Arm und lief dann zum Wohnzimmertisch.

"Geben Sie mir bitte eine Pinzette." Der Sentinel kniete sich vor den Tisch und hob mit der Pinzette, die ihm Simon reichte, etwas vom Boden auf. Sofort gab der Captain ihm noch eine verschließbare Tüte.

"Was haben Sie da?" Banks nahm sich die Tüte und betrachtete sie näher. "Eine Haare?" Ungläubig musterte er den Inhalt.

"Vielleicht von unserem Täter", ergänzte Jim.

"Hoffen wir, dass Sie recht haben. Wir bringen sie direkt zur Spurensicherung um einen DNA-Scan zu machen." Simon wandte sich zum Gehen.

"Sir, kann ich die Haare noch mal kurz sehen?" Der Captain drehte sich um und überlegte, was Jim damit wollte, aber überreichte sie ihm anstandslos.

Der Sentinel musterte das Beweisstück noch einmal genau.

"Und, irgendetwas besonderes zu sehen?"

"Hm, ich weiß nicht genau, aber ich glaube, die ist von einer Perücke. Ich bin mir nicht sicher." Vorsichtig öffnete er die Tüte und roch daran. Aber er konnte nichts Ungewöhnliches finden.

"Ok, lassen Sie uns das Ding rüber zum Department bringen." Die beiden Männer machten sich eilig auf den Weg.




Sein ganzer Rumpf schmerzte und ihm war kalt. Er lag sicher schon viele Stunden hier, auf den nächsten Besuch der Person wartend, die regelmäßig nach ihm sah und ihn meistens wieder schikanierte.

Blair hatte die letzten Stunden damit zugebracht den Raum ein wenig zu erkunden, soweit er das verkettet und angeschlagen wie er war, bewerkstelligen konnte.

Mittlerweile wusste er auch, woher die Nässe kam. Vermutlich war die Decke undicht, zumindest fand er eine Stelle, an der Wasser heruntertropfte. Und da er noch immer weder etwas zu essen noch zu trinken erhalten hatte, war das zur Zeit die einzige Bezugsquelle für seinen trockenen Hals.

Der Mann hatte ihm anscheinend nach dem letzten Besuch den Knebel aus den Mund genommen, Blair konnte sich nur noch daran erinnern, wie er wieder heftig getreten wurde und er dann das Bewusstsein verlor. Als er wieder erwachte, war sein Mund frei. Anscheinend hatte sein Entführer keine Befürchtungen, dass Blair nach Hilfe schreien könnte. Sie mussten sich wohl in einem abgelegenen Gebäude befinden.

Es waren wieder Schritte zu hören und der junge Anthropologe schlich zügig zu seiner alten Stelle zurück. Er wollte nicht, dass der Täter von dem Wasser bemerkte. Es war ein Vorteil für ihn, über dessen sich der Mörder eventuell nicht bewusst war.

Die Tür öffnete sich, aber diesmal schien nur Dämmerlicht herein. Folglich neigte sich der Tag wohl dem Ende zu.

"Was wollen Sie von mir?!" Blair nutzte die Gelegenheit und sprach aus, was er zuvor nicht konnte. Die Person neigte sich langsam zu ihm hinunter und griff nach seinen Haaren.

"Sie sollten respektvoller mir gegenüber sein", zischte die gewohnt künstliche Stimme und ließ ihn wieder abrupt los. Daraufhin stellte der Entführer ihm etwas auf den Boden und verließ den dunklen Kerker wieder.

Behutsam näherte sich Blair dem Behälter, es roch zumindest nach etwas Essbarem. Sein Magen knurrte schon seit Stunden, aber seine Vernunft sagte ihm, dass er nicht davon nehmen sollte. Er wandte sich davon ab und hoffte, dass das nächste Mal es Jim war, der durch diese Türe kam.




Police Department - gegen 20:00 Uhr

"Sir, wir haben jetzt die Ergebnisse der Haare, die Detective Ellison gefunden hat." Rafe reichte Simon ein Schriftstück. Er war nach dem Giftgasanschlag nur kurz im Krankenhaus und bestand darauf direkt wieder an dem Fall mitarbeiten zu dürfen. Er war für Sandburg verantwortlich, als dieser entführt wurde und Blair war auch sein Freund.

"Gut." Simon blickte seinen Detective prüfend an, aber er schien nicht mehr so angeschlagen, wie vor wenigen Stunden.

Gemeinsam setzten sie sich an den Besprechungstisch in Banks Büro.

Simon betrachtete die Unterlage in seiner Hand und warf sie daraufhin seufzend mitten auf den Tisch. Jim zog sie ein Stück zu sich herüber. Die Ergebnisse waren lau. Alles, was man mit Sicherheit sagen konnte, war, dass es sich um ein unechtes Haar einer langhaarigen und blondgelockten Perücke handelte. Keine sehr große Hilfe also. Das bedeutete, dass es genauso gut eine Frau gewesen sein könnte. Aber das war eher unwahrscheinlich, da sie Blair den ganzen Weg aus dem Loft bis in einen Wagen geschleppt haben müsste. Es sei denn, sie hatte einen Komplizen - womit man wieder bei einem Mann wäre.

Schließlich klopfte Joel Taggart an die Tür und trat herein.

"Sir, wir haben eine neue Nachricht gefunden."

"Geben Sie her", erwiderte Simon und erwartete, dass Joel ihm einen Zettel geben würde.

"Sie ist diesmal nicht auf Papier geschrieben. Sie sollten sich das lieber selber ansehen kommen." Joel signalisierte mit einer Handbewegung, dass sie ihm folgen sollten.

Er führte sie in die Tiefgarage. "Ein junger Lieutenant hat es gefunden. Er gibt an, sonst niemanden gesehen zu haben, der ihm verdächtig vorkam."

Sie stoppten vor einem Polizeiwagen, der am Rande der Garage parkte. Auf der Motorhaube stand mit roter Grafitti-Farbe aufgesprayt: 'Wo ich herkomme, gibt es noch mehr'.

Jim blickte sich um. Der Täter hätte hier leicht unbeobachtet werkeln können, der Wagen stand recht abseits und um diese Zeit war hier allgemein nicht viel Verkehr.

"Was soll das heißen?" Simon rümpfte die Nase. Das hörte sich mehr nach einem Werbeslogan an, als nach einer Drohung. Scheinbar wollte der Täter ihnen damit einen Hinweis geben. Seine Detectives waren offensichtlich zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen.

"Auf was bezieht sich das 'Ich'? Auf den Täter oder was?", murmelte Jim vor sich her. Sie hatten scheinbar endlich einen brauchbaren Hinweis.

"Was ist, wenn er den Wagen meint?", brachte Joel ein.

"Den Wagen? Woher soll der kommen?" Brown schüttelte den Kopf. Was der Täter sich wohl damit gedacht hatte.

"Das ist ein Ford, richtig? Also, wir haben hier ein Fordwerk in Cascade!"

"Ja, aber das halte ich für ausgeschlossen, dort ist fast Tag und Nacht Betrieb. Es sei denn...", Jim begann zu grübeln. "Es sei denn, er meint das alte Fordwerksgebäude. Früher gab es im Hafenviertel ein Werk, das jetzt verlassen und leer steht."

Nickend stimmten ihm alle zu.

"Richtig! Ok, Jim: Sie kommen mit mir. Sie, Rafe und Brown, kommen uns nach und Joel: Sie halten hier die Stellung, falls sich noch etwas Neues ergibt."

Im Laufschritt rannten die fünf in alle Himmelsrichtungen.

Simon stieg zu Jim ein und der Detective drückte ordentlich auf das Gaspedal.




Sein Magen knurrte erneut. Blair schielte in die Richtung, wo die Schale mit dem Essen stand. Er versuchte standhaft zu sein, aber er wusste nicht, wie lange seine Willenskraft der Versuchung stand halten würde.

Die Türe öffnete sich und es kam sperrlich Licht herein. Blair konnte noch immer seinen Entführer nicht erkennen, dafür reichte der Lichteinfall diesmal nicht.

"Haben Sie keinen Hunger?" Blair glaubte etwas Verwunderung in der verzerrten Stimme herauszuhören.

"Nein", antwortete er schlicht.

"Essen Sie!"

"Nein, das werde ich nicht."

Die Person beugte sich zu ihm runter und griff nach der Schale. Darauf verließ sie den Raum und kam kurze Zeit später mit Begleitung zurück. Die zweite Person war größer und kräftiger, mehr konnte er nicht erkennen.

"Das ist mein Freund hier, John. Der wird dafür sorgen, dass Sie etwas essen, Sie wollen doch groß und stark werden."

John packte sich ohne zu zögern den jungen Anthropologen und riss ihm seinen Mund auf. Die erste Person flößte ihm währenddessen den Brei ein. Blair wehrte sich so gut er konnte, aber gegen die Zwei hatte er keine Chance. Der Kräftigere zwang ihn dazu, die dicke Flüssigkeit herunterzuschlucken.

"Na also, es geht doch!" Die verzerrte Stimme schien zufrieden.

John holte aus und trat ihn mehrmals in seinen bereits wunden Bauch. Er prustete und kämpfte damit nicht bewusstlos zu werden.

"Es reicht", stoppte die Stimme den Komplizen. "Es wird Zeit, dass wir verschwinden. Sie werden gleich da sein."

Die beiden verließen den Raum, aber schlossen nicht die Tür.

Benommen blickte Blair den beiden nach. Was meinte der mit 'Sie werden gleich da sein'? Sollte hier ein Deal stattfinden? Und wieso ließen sie die Tür sperrangelweit offen stehen? Es sah verdammt nach Absicht aus.

Aber ihm war das egal, dies war die einzige Chance zur Flucht, die er bisher hatte. Er musste sie nutzen.

Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er sich aufzurichten. Ächzend schaffte er es sich auf seine Beine zu stellen. Zwar konnte er auf Grund der Ketten nur sehr kleine Schritte unternehmen, aber zu viel mehr war er sowieso nicht in der Lage.

Langsam arbeitete er sich vor und erreichte den Flur, der in Wirklichkeit eine riesige Halle war. Er wusste nicht, wohin er sollte, da es hier kaum heller war als in dem Raum, aus dem er gerade erst kam. Ziellos irrte er durch die Gegend. Mit jedem Schritt schienen die Schmerzen schlimmer zu werden und es viel ihm immer schwerer aufrecht zu gehen.

Er spürte allmählich ein Gefühl der Benommenheit in sich aufsteigen...


Zum 2. Teil


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