I do not own the characters Sandburg, Ellison or Banks in this story, nor do I own any rights to the television show The Sentinel. They were created by Danny Bilson and Paul DeMeo and belong to them, Pet Fly Productions, UPN, Sci-Fi, Pro 7, Premiere and Paramount.
Vielen Dank an Fraggle für das Beta-readen dieser Story und die tollen Vorschläge und Verbesserungen. Ohne Dich hätte ich mal wieder alt ausgesehen.
Danke auch an Bluebeetle für die nette Unterstützung.


Das Geschenk

von Chance

Beta Read von Fraggle





Blair kam langsam zu sich und brauchte einen Moment, um zu realisieren, was vor sich ging. Er öffnete die Augen und sah sich müde um.

Er war in seinem Bett, in seinem Zimmer. Doch etwas stimmte hier nicht. Jemand hatte ihn aufgeweckt. Das war ungewöhnlich - Jim achtete immer so sehr darauf, ihn nicht zu wecken, falls er mal vor ihm wach sein sollte. Leise stand er auf und ging zu den französischen Türen, die in die Küche und das Wohnzimmer des Lofts führten. Lautlos öffnete er sie einen Spalt und spähte nach draußen. Es war mitten in der Nacht, also wer konnte da nur so einen Krach machen?

Erleichterung durchfuhr ihn als er sah, dass es doch Jim war, der da im Wohnzimmer herumlief und irgendwelche Sachen in Taschen packte.

Als Blair aus seinem Zimmer trat drehte sich der Detective erschrocken um.

"Oh Chief! Ich habe Sie geweckt! Tut mir leid."

Sein Partner sah ihn verschlafen an und murmelte "halb so wild, man."

Dann sah er auf die Kleidungsstücke und Taschen hinunter, die überall herumstanden.

"Jim, was haben Sie vor? Wollten Sie heute Nacht heimlich ausziehen oder was?"

Der Sentinel grinste.

"Nein, Chief. Ich hatte eigentlich geplant, Sie heute morgen zu überraschen. Allerdings nicht so früh."

"Mich überraschen?" Blair war sichtlich erstaunt. War etwas Besonderes an diesem Tag?

"Ja, aber dann ist mir Ihr komisches Fischfanggerät umgefallen."

Blair lachte leise. "Jim, das ist kein `komisches Fischfanggerät`. Wie oft muss ich Ihnen das noch erklären?"

"Na gut, na gut. Ein Dreizack, oder? Das ist es doch?"

"Nein, man! Sie werden es wohl nie lernen." Immer noch lachend ging der junge Anthropologe zu dem Jagdutensil hinüber und hob es vom Boden auf.

"Nichts passiert. Hat nicht mal einen Kratzer abbekommen... aber jetzt sagen Sie mal, Jim. Was für eine Überraschung?"

Wieder grinste der Sentinel. "Sie werden es mögen!"

"Was ist es denn?"

"Warten Sie es ab, Chief. Morgen früh um 6:00 Uhr wird uns Simon hier abholen. Vorher wird nichts verraten."

"6:00 Uhr? Das ist in zwei Stunden! Oh man! Ich muss meine Sachen zusammenpacken! Ich nehme mal an, dass wir eventuell fischen gehen werden, oder? Sonst hätten Sie `mein Fischfanggerät`, wenn ich es jetzt mal für Sie der Einfachheit halber so nennen darf, nicht eingepackt."

"Der Einfachheit halber? Treiben Sie es nicht zu weit, Chief!", stieß Jim lachend aus und versetzte seinem Mitbewohner einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.




Blair war emsig damit beschäftigt, einige restliche Kleidungsstücke einzupacken als er hörte, wie Jim die Tür öffnete. Wie üblich hatte der Detective nicht abgewartet, bis Simon Banks an die Tür klopfte, denn der Sentinel konnte schon von weitem das Ankommen des Fahrstuhls und den Geruch von Simons Zigarren riechen.

Blair schüttelte grinsend den Kopf. Es war 6:00 Uhr morgens. Und er war sich ziemlich sicher, dass der Captain um diese Uhrzeit sein Frühstück in Form einer Zigarre zu sich nahm.

Langsam stand er auf und ging hinüber ins Wohnzimmer, um den Mann zu begrüßen.

Er staunte nicht schlecht, als er Simon in Tarnkleidung in der Tür stehen sah - natürlich mit Zigarre, aber auch mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.

"Guten morgen Gentlemen", grüßte er.

Blair trat mit staunenden Augen vor den größeren Mann. "Wow Simon, das ist cool!"

"Tja Sandburg. So muss ein Mann von Welt aussehen", antwortete der Captain lachend und betrat das Loft.

"Guten Morgen, Sir", begrüßte auch Jim ihn.

Banks sah sich um und stellte erstaunt fest, dass die beiden schon fast alles gepackt hatten.

"Sie haben Sandburg doch nichts erzählt, oder?", wandte er sich streng an Ellison.

"Nein. Nur ist er leider heute Nacht aufgewacht. Aber ich habe kein Sterbenswort verraten."

Simon nickte und blickte nun auf Sandburg herunter.

"Okay ihr zwei. Was ist nun diese `Überraschung`?", fragte der Junge ungeduldig.

"Nun Chief, mögen Sie Verstecken und Fangen?", fragte Jim geheimnisvoll.

Blair starrte seinen Mitbewohner einige Augenblicke verständnislos an. "Ich dachte wir gehen fischen...", platzte es dann aus ihm heraus.

Sofort brach Simon in lautes Gelächter aus. "Sie trauen uns also nicht mehr zu als ständiges Camping und fischen?", fragte er.

"Nein, das wollte ich damit nicht sagen. Ich liebe unsere Ausflüge, das wissen Sie!" Langsam wurde die ganze Sache etwas unangenehm. Was hatten die beiden wohl geplant? Und warum war er der einzige, der davon nichts wusste?

Einige Sekunden starrten sich die Männer an. Jim und Simon grinsten, doch Blair war irgendwie nicht so lustig zumute.

"Okay Jungs. Was ist es?", fragte er nun wieder leise.

"Wollen wir es ihm sagen?", fragte Jim nun gönnerisch.

"Okay", antwortete der Captain grinsend.

"Also Sandburg. Wir haben für Sie", er machte eine kurze Pause, "und natürlich auch für uns - ein Wochenende in einem Paintball-Camp gebucht."

"Was? Ein Paintball-Camp? Das ist ja klasse!" Blair freute sich sichtlich. Seit er einmal eine Reportage über dieses Spiel im Fernsehen gesehen hatte, wollte er an so einem Match teilnehmen. "Das ist ja so cool! Wie habe ich das nur verdient?", fragte er enthusiastisch.

"Na ja, Sie haben bald Geburtstag... aber leider konnte der Termin für das Spiel nicht verschoben werden. Also dachten wir uns, wir schenken es Ihnen trotzdem."

"Das ist großartig! Danke!" Blair wollte gerade zu einer leichten Umarmung des Captains ansetzen bis er bemerkte, dass er im Moment wohl etwas zu überschwenglich für den reservierten Simon reagierte. Ein Blick in dessen Gesicht verriet ihm, dass er recht hatte. Also lächelte er ihn nur schief an. Sofort grinste Banks zurück und Blair wusste, dass sich der Captain freute, dass ihm sein Geschenk gefiel. Nur konnte er es nicht recht ausdrücken.

Doch seinen Mitbewohner Jim umarmte er nun stürmisch. Jim lachte nur und fügte hinzu: "Warten Sie erst mal ab. Das wird ein hartes Match."

"Aber es wird klasse! Ich kann das natürliche Jagdverhalten der menschlichen Spezies..."

"Sandburg!", schoss es aus Ellisons und Banks Mund gleichzeitig heraus.

Ertappt blickte Blair die beiden an. "Okay", sagte er kleinlaut "keine Studien der menschlichen Verhaltensweisen dieses Wochenende."




Nachdem die beiden Partner alles Restliche gepackt und selbst auch die von Simon mitgebrachte Tarnkleidung angezogen hatten, machten sie sich auf den Weg zum Camp.

Sie waren bereits eine Stunde unterwegs bis Jim den Vorschlag machte, eine kleine Pause einzulegen und etwas zu essen.

Die Fahrt im Auto war bisher sehr angenehm gewesen. Die drei Männer hatten sich über alles mögliche unterhalten. Aber das Hauptthema war für Blair natürlich das kommende Wochenende gewesen. Jim musste bei den Schilderungen seines Guides lächeln. Scheinbar hatte sich Blair so ein Wochenende wirklich schon lange gewünscht, denn es kam ihm so vor, als hätte der Junge das gesamte Spiel schon bis ins kleinste Detail durchdacht.

Nach etwa weiteren zehn Kilometern Fahrt bog Jim von der Straße ab und hielt an einem kleinen Aussichtsparkplatz an und stellte den Wagen ab. Die drei stiegen aus und vertraten sich erst mal ein wenig die Beine.

"Wow, echt toll hier!", bemerkte Blair.

Er hatte recht. Die Aussicht war wirklich atemberaubend. Vor ihnen erstreckte sich ein weites Tal. Doch weit und breit war keine Zivilisation zu erkennen. Rechts und links war das Tal von hohen Bergen gesäumt und weit hinten konnte man sogar einen Gletscher sehen, auf dem noch Schnee lag. Unten verliefen mehrere kleine Flüsse und Bäche.

"Ja, wirklich schön, Chief", sagte nun auch Jim und gesellte sich zu seinem Partner, während Simon mal kurz im Wald verschwunden war.

"Jim, ich möchte Ihnen wirklich für das alles danken. Ich meine, nach all den stressigen Wochen im Büro können wir alle diese Abwechslung wirklich gut brauchen."

Der Sentinel lächelte seinen Guide offen an. "Hey, es war auch Simons Idee."

"Ich weiß. Aber ihm brauche ich das nicht zu sagen. Sie wissen ja, wie er auf solche Dinge reagiert", antwortete Blair leicht amüsiert. Jim verstand sofort was sein Freund meinte und nickte lächelnd.

Einige Minuten standen sie leise da und genossen die Aussicht bis Jim bemerkte, dass Simon erstaunlich lange im Wald blieb.

"Sandburg, bleiben Sie hier. Ich sehe mal kurz nach Simon, okay?"

"Hören Sie was?"

"Nein... ich kann ihn nicht hören. Er scheint etwas weiter weg gegangen zu sein. Ich bin gleich wieder hier, ja?"

"In Ordnung", antwortete Blair und blieb alleine auf dem Parkplatz zurück.




Jim lief durch das dunkle Dickicht und drehte seinen Gehörsinn voll auf, um seinen Freund Simon zu finden. Nach wenigen Metern hörte er den deutlich erhöhten Herzschlag des Captains.

Er lief schneller und kam nach wenigen Minuten bei ihm an. Simon kniete auf dem Boden und atmete sehr schnell.

"Simon, was ist los?", fragte Jim besorgt. Er sah sich um und horchte, konnte jedoch keine bedrohlichen Geräusche hören oder etwas sehen, was ihn beunruhigt hätte.

"Es ist nichts", antwortete der ältere Mann kurz angebunden.

"Geht es Ihnen nicht gut?", versuchte es Ellison weiter.

Es dauerte einige Momente, bevor Simon antwortete. "Nein, es geht mir nicht gut. Ich glaube, ich habe mir einen Virus eingefangen, Jim."

"Warum haben Sie nichts gesagt?"

Der Captain schüttelte den Kopf. "Es hat erst vor cirka einer halben Stunde angefangen." Daraufhin drehte sich der stattliche Mann um und übergab sich.

"Oh Simon", sagte Jim und stützte seinen Captain, nachdem er fertig war. "Ich werde Sie nach Hause fahren."

"Nein. Es geht schon wieder", antwortete dieser und begann, wieder zum Parkplatz zurück zu laufen.

"Simon, Sie können unmöglich das Wochenende irgendwo im Gelände verbringen, wenn es Ihnen so schlecht geht. Vielleicht bekommen Sie noch Fieber."

"Vielleicht aber auch nicht." Banks hatte sich wieder umgedreht und Jim konnte in seinem Gesicht sehen, dass dieser unbedingt bei diesem Trip dabei sein wollte. "Sandburg hat sich so auf dieses Match gefreut. Und wenn ich ehrlich bin, dann freue ich mich auch darauf. Und ich werde dabei sein, Jim."

"Wie Sie meinen...", antwortete er etwas verdutzt und schloss zu seinem Captain auf.

"Warum haben Sie nicht vorhin schon etwas gesagt? Und warum sind Sie so weit weg gegangen?"

"Weil ich nicht wollte, dass Sie etwas davon mitkriegen!", kam genervt die Antwort. "Jim, ich werde mich durch ein bisschen Übelkeit nicht von unserem lang ersehnten Wochenende abbringen lassen. Und ich will Sandburg jetzt nicht den Spaß nehmen. Also bitte sagen Sie ihm nichts, okay?"

"In Ordnung, Simon", antwortete Ellison ernst. "Aber wenn es schlimmer wird oder wenn Sie Fieber bekommen, sagen Sie es mir, verstanden? Lieber fahre ich Sie zurück nach Cascade, als dass ich Sie am Montag ins Krankenhaus bringen muss."

Der Captain nickte, machte sich daraufhin aber wieder auf den Weg zum Wagen. Was er Jim verschwiegen hatte war, dass er dieses Spiel auch mitmachte, um zu sehen, ob er dies seinem Sohn Daryll zumuten konnte. Er wußte, dass diesem so ein Wochenende mit Sicherheit gefallen würde - nur fragte sich Simon, ob er schon alt genug dafür war...




"Alles in Ordnung?", fragte Blair, als er Simon aus dem Wald kommen sah, dicht gefolgt von Jim.

"Ja, alles okay. Machen Sie sich keine Gedanken! Mir geht es gut!", antwortete der Captain beschwichtigend und ging wieder hinüber zum Wagen. "Also, was ist jetzt mit Frühstück?", fragte er scheinheilig, obwohl ihm wirklich nicht danach zumute war.

Blair sah seinen Partner verwirrt an und flüsterte "Was war denn?"

Ellison schüttelte nur den Kopf und ging zum Kofferraum, um die Tasche mit dem Proviant herauszuholen.

Danach gesellte er sich wieder zu den beiden anderen. "Es war nichts, Sandburg. Ich habe nur mal wieder überreagiert."

"Oh, okay", antwortete Blair überzeugt und machte sich über die Tasche mit den Sandwiches her.




Eine halbe Stunde später waren sie wieder unterwegs zum Camp. Simon hatte inzwischen erzählt, dass es in einem Tal liegen würde. Es war zwei km lang und cirka 800 Meter breit. Mittendrin würde ein kleiner Fluss verlaufen und es gäbe eine Menge Plätze, um sich sicher zu verstecken.

Blair grinste. Auch der Captain schien sich wirklich auf das Wochenende zu freuen.

Jim erzählte weiterhin, dass abends alle am Lagerfeuer grillen würden und sie sicher auch Gelegenheit hätten, in dem Fluss zu angeln.

Nach Blairs Geschmack hörte sich das alles sehr gut an. Zufrieden lehnte er sich zurück und betrachtete die schöne Gegend, durch die sie fuhren.

Gegen Mittag kamen die Drei nun in dem besagten Tal an und Jim parkte den Wagen neben den vielen anderen, die bereits auf dem Parkplatz abgestellt waren. Sie holten ihre Taschen aus dem Wagen, betraten das umzäunte Gelände und machten sich auf den Weg zu einem großen Zelt. Darin herrschte bereits reges Treiben. Überall hörte man Gelächter und hier und da sah man sogar Frauen in Tarnkleidung herumlaufen.

Keiner nahm so recht Notiz von den Dreien, denn sie fielen nicht weiter auf.

Weiter hinten erkannte Jim nun einen Mann, der eine rote Markierung auf dem Ärmel seines Anzuges trug und er wusste, dass er ihren Spielführer gefunden hatte. Er signalisierte den beiden anderen, ihm zu folgen.

Als sie näher kamen, sah er auch den Schreibtisch und die Unterlagen, die darauf verstreut lagen. Er hatte also wirklich ihren Spielführer gefunden.

"Guten Tag, Sir", begrüßte er den Mann.

"Ah, hallo! Willkommen in unserem Camp", grüßte der ältere, jedoch noch gut durchtrainierte Herr zurück. „Würden Sie mir bitte Ihre Namen nennen, damit ich Sie auf der Liste abhaken kann?"

"Ja. Das ist Simon Banks und er ist Blair Sandburg. Ich bin Jim Ellison."

Der Mann überflog seine Liste und machte an die genannten Namen einen Haken.

"Alles klar! In zwei Stunden treffen wir uns zu einer kleinen Besprechung. Bis dahin können Sie irgendwo hier in der Nähe Ihre Zelte aufbauen."

"Alles klar", sagte Blair erfreut und drehte sich um, um zu gehen.

"Moment, junger Mann."

Verwirrt drehte sich Sandburg wieder um. "Ja?", fragte er leise.

"Nur damit ich es nicht später vor allen sagen muss..." begann der Spielführer ruhig "aber heute Nachmittag beim Spiel müssen Sie sich ihre Haare zusammenbinden. Okay?"

Blair lachte. Er hatte schon befürchtet, irgend etwas falsch gemacht zu haben.

Er nickte "Kein Problem." Wieder wandte er sich um und bahnte sich seinen Weg nach draußen.




"Warum hat er mir das da drin gesagt?"

Blair flüsterte, weil er dies nicht vor Simon fragen wollte.

Ellison grinste und antwortete leise: "Weil er später vor der Gruppe den starken Anführer mimen wird, Sandburg. Und dann will er sich nicht auf einzelne Personen einlassen."

"Mhm, das verstehe ich nicht."

"Sie werden sehen, dass es hier durchaus hart zugeht, Sandburg. Es ist zwar ein Spiel, aber viele Leute hier nehmen es schon ernst. Sie fühlen sich hier wie beim Militär."

"Schon klar, man. Schon kapiert."




Die drei standen stolz vor ihren aufgebauten Zelten. Inzwischen hatten sich noch mehrere Männer zu ihnen gesellt und ihre Zelte in der Nähe aufgeschlagen. Alle verstanden sich auf Anhieb gut. Blair war der jüngste in diesem kleinen Kreis und wurde von den fremden Männern meistens nur mit "Junge" oder "Sohn" angeredet, aber das störte ihn nicht. Ihm gefiel es hier. Und er war stolz darauf, sein Zelt dieses Mal ganz alleine aufgebaut zu haben.

"Na, was sagt ihr?", fragte er.

"Nun, mhm...", Jim trat prüfend näher heran und zog an den Halteseilen und Dübeln. "Es scheint zu halten, Chief."

"Ach kommen Sie! Es ist gut, nicht wahr, Simon?"

Der Captain stand etwas weiter weg und brauchte einen Moment, bevor er antwortete. "Mhm? Ja, oh, ja, sieht gut aus. Ich glaube, es wird halten."

"Geht es Ihnen nicht gut, Simon? Alles in Ordnung?"

"Ja ja, alles klar. Ich komme gleich wieder." Danach wandte er sich um und machte sich auf den Weg zu dem großen Hauptzelt.

"Jim, ist wirklich alles in Ordnung mit ihm?"

"Ja, Sandburg. Er fühlt sich nur nicht besonders gut. Aber keine Sorge, es ist nichts Ernstes."

"Lassen Sie mich raten: Er wollte unbedingt dabei sein und hat Sie gebeten, mir nichts zu verraten, ja?"

"Ganz genau, Chief. Also halten Sie bitte die Klappe, okay?"

"Kein Problem, man. Er wird nichts merken."

Blair begann, das Zelt einzuräumen und hoffte innerlich, dass er es wirklich richtig aufgebaut hatte, um nicht gleich unter einem Haufen Nylonstoff vergraben zu werden...




"Also Leute...", schrie der Spielführer in die Runde und Blair konnte sich ein verstecktes Grinsen nicht verkneifen. Jim hatte recht gehabt. Im Zelt war der ältere Herr die Nettigkeit in Person gewesen und hier vor der Gruppe gab er sich als stahlharter Actionheld. "...willkommen in unserem Gotcha-Camp. Heute Nachmittag wird es erst mal ein kleines Aufwärmspiel geben, aber morgen geht es den ganzen Tag so richtig rund. Für die Neuankömmlinge werde ich jetzt erst mal die Spielregeln erklären:

Beim Paintball gibt es zwei Mannschaften, die gegeneinander spielen. Jeder Spieler hat eine Schutzmaske und einen sogenannten Markierer, der mit Hilfe von CO2 Farbkugeln verschießen kann.

Wird ein Spieler von solch einer Farbkugel getroffen, schreit er "Hit" und ist aus dem Spiel. Es darf nicht aus einer Entfernung unter sieben Meter geschossen werden. Sollte dies trotzdem der Fall sein, schreit der Spieler statt dessen "Gotcha" und der Angeschriene gilt als markiert.
Wir spielen heute um eine Fahne, wobei jedes Team eine bekommt. Das jeweils andere Team muss nun versuchen die gegnerische Flagge zu erobern, indem es taktisch vorgeht und die Gegenspieler mit Farbe markiert.
Ihre Waffen sind sogenannte „Pumper". Das ist ein Paintballmarkierer, der vor jedem Schuss repetiert werden muss. Eimal pumpen, Abzug drücken und einmal schießen. Alles klar?"

Die Gruppe rief zustimmende Worte und die ersten standen auf, um schon auf das Spielfeld zu gehen.

"Einen Moment noch!", schrie der Spielführer nun wieder.

"Wir müssen die Gruppen noch aufteilen. Morgen werden wir in vier Gruppen spielen, wobei wir uns das Tal teilen. Aber heute spielen wir in zwei Gruppen, da wir nicht so viel Zeit haben."

Wieder ertönte zustimmendes Gegröle.

Nach der Aufteilung der Gruppen ging es also los. Blair hatte Glück und war mit Jim und Simon in einem Team gelandet. Nachdem alle die restliche Schutzkleidung, also verschiedene Körperschützer sowie Gesichtsmasken aufgezogen hatten, ging die Gruppe in den Wald. In fünf Minuten würde das Spiel beginnen und Blair konnte das Signal fast nicht abwarten.

Sie hatten gelbe Farbkugeln bekommen, die andere Gruppe rote. Er hoffte, dass er lange durchhalten würde. Er hatte keine Lust, gleich abgeschossen zu werden und aus dem Spiel zu sein, während die anderen weitermachen durften. Also hatte er beschlossen, sich an Jim zu halten.

Das Signal ertönte und alle suchten sich geeignete Verstecke, um nicht gleich vom gegnerischen Team erspäht zu werden. Blair hielt sich hinter Jim auf und folgte ihm langsam durch das Dickicht. Überall lagen bunte Blätter am Boden unter denen man sich notfalls auch gut verstecken konnte.

Blair hatte die Waffe bereits geladen und war bereit, jeden, der ein rotes Tuch am Arm trug, abzuschießen. Normalerweise war er nicht sehr begeistert für Waffen, doch das hier war etwas anderes. Es war ein Spiel. Im Augenwinkel sah er, wie sich rechts von ihm etwas bewegte und er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen Mitspieler der gegnerischen Mannschaft zu erspähen, der gerade hinter einem Baum hervorgesprungen war.

Er zielte mit seinem Pumper und drückte ab. Er erwischte den Mann mitten auf der Brust.

"Hit", schrie dieser und setzte sich enttäuscht an einen Baum.

Leise arbeitete sich die "gelbe Gruppe" weiter ins gegnerische Territorium vor. Hier und da hörte man "Hit" - oder "Gotcha"-Schreie, doch um Simon, Blair und Jim herum schien es eher ruhig zuzugehen. Blair wusste, dass Jim die gegnerische Fahne schon längst im Visier hatte, denn er bewegte sich sehr zielstrebig in eine Richtung. Vielleicht hörte er auch, wo sich die meisten gegnerischen Spieler aufhielten, denn natürlich waren sie darauf aus, ihre Fahne zu schützen.

"Wie weit noch, Jim?"

"Keine Ahnung. Ich schätze die Fahne ist in cirka 500 Meter Entfernung vor uns. Von dort höre ich die meisten Kommandos und auch Gefechte."

"Cool!"

Simon lachte und konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung. Plötzlich schoss aus dem Laub ein roter Spieler hervor und erwischte den Captain am Bein.

Jim reagierte sofort und schoss den Angreifer mit einer gelben Kugel ab.

"Hit", riefen beide Mitspieler enttäuscht im Chor und setzten sich auf den Boden.

"Tut mir leid, Simon", sagte Blair.

"Schon gut, spielen Sie weiter!"

Blair hatte das ungute Gefühl, dass dem Captain sein Ausscheiden gar nicht so unrecht war... Simon war selten so still und er war sich sicher, dass es ihm gar nicht so gut ging, wie er vorgab. Er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, folgte dann aber Jim, der inzwischen weiter nach vorne gegangen war. Sie standen jetzt auf einer kleinen Lichtung und Blair wusste, dass dies nichts Gutes bedeuten konnte...

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, schoss auch schon vor ihm ein Mann hinter einem Baum hervor.

Vor lauter Schreck drückte Blair sofort seine Waffe ab ohne zu zielen und erwischte den Mann in der Magengegend.

"Oh man! Haben Sie sich weh getan?"

Der Mann brauchte einen Moment, sagte dann jedoch: "Nein, ist schon okay. Ich bin schlimmeres gewöhnt...Hit." Danach setzte er sich auf den Boden.

"Sorry", sagte Blair noch einmal, bevor er sich wieder hinter Jim wagte.

"Sandburg, seien Sie nicht so mitfühlend. Das ist ein Spiel. Sie können keinen richtig verletzten, ja?"

"Okay Jim..."

Einige Minuten bewegten sie sich also leise durch den Wald, ohne auf weitere Gegner zu treffen.

"Da vorne ist die Fahne... wir müssen jetzt gut aufpassen."

Blair sah sich um und sah eine Menge seiner Leute an verschiedenen Stellen auf dem Boden sitzen... aber auch Leute des roten Teams.

Er zog an seiner Waffe und brachte sie für den Notfall schon einmal auf Schusshöhe. Einige Schritte weiter konnte nun auch er die Fahne sehen.

Und keine Sekunde später waren sie von roten Mitspielen umringt. Mindestens vier oder fünf konnte er plötzlich weiter vorne sehen.

Gekonnt wichen er und Jim einigen Farbbällen aus, die nun auf sie zugeschossen kamen. Blair warf sich hinter einem Baumstamm auf den Boden und suchte Deckung. Einige Sekunden später landete Jim nicht weit von ihm ebenfalls hinter einem kleinen Stein.

"Ganz schön was los, was?", rief dieser herüber.

"Ja, man! Was nun?"

"Feuern was das Zeug hält!", schrie Jim und kniete sich hin, um so viele Gegner wie möglich abzuschießen.

"Okay...", murmelte Blair und tat das gleiche...

Er hatte Glück und konnte gleich zwei "Rote" erwischen. Jim erwischte auch zwei. Also war nur noch einer übrig, der sich aber wieder hinter einem kleinen Felsen versteckt hatte...

Die beiden Angreifer verließen ihre Deckung und machten sich wieder auf den Weg zur Fahne.

Sie waren schon sehr nahe, als dieser eine „Überlebende" der roten Gruppe wieder hinter einem Baum auftauchte und Jim mitten auf der Brust erwischte.




"Verdammt!" Blair schoss auf den gegnerischen Mann und traf ihn mit einer Farbkugel am Arm.

"Hit", hörte er den Gegner und Jim sagen.

Blair dachte nun nicht mehr an Jim oder den Mann, den er gerade getroffen hatte. Adrenalin durchströmte seine Adern und alles, worauf er sich jetzt noch konzentrierte war die Fahne, die nicht mal zwanzig Meter vor ihm im Boden steckte. Aufmerksam ging er langsam weiter vorwärts, die Waffe immer noch im Anschlag. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals und er wusste, dass dieser letzte Angriff nicht alles gewesen sein konnte...

Wieder ging er zwei Schritte nach vorne. Immer noch kein Gegner...

Weitere zwei Schritte...doch dann schreckte er auf. Drei Gegenspieler schossen plötzlich hinter Verstecken heraus und schossen alle auf ihn.

Der ersten Kugel konnte er noch ausweichen, doch die beiden weiteren trafen ihn am Bein und auf der Brust.

Benommen sackte er zu Boden... es war aus. Er hatte es nicht geschafft.

"Hit", rief er immer noch verwirrt und sah die Fahne an. Zehn Meter...es war nicht mehr weit gewesen.

"Mist", flüsterte er und sah zurück zu Jim, der an einem Baum saß. Dieser jedoch hielt ihm die Faust mit hochgestrecktem Daumen zu und Blair wusste, dass sein Partner sich für ihn freute, dass er so nahe an das Ziel herangekommen war...




Einige Minuten später schaffte es doch noch ein Mitspieler der gelben Gruppe, die Fahne zu erzwingen und das Spiel wurde für beendet erklärt.

Blair, Jim und Simon gingen nebeneinander zurück zum großen Hauptzelt. Simon war immer noch still und Blair meinte zu erkennen, dass er auch etwas schwitzte...

"Chief, Sie waren echt gut!", unterbrach Jim seine Gedanken.

"Oh, nein... ich hätte es schaffen können."

"Hey, Sie sind weiter gekommen als ich! Ich, ein Ex-Soldat!" Jim streckte stolz seine Brust hervor.

Blair lachte und klopfte mit seiner Faust leicht darauf. "Ja! Hey, stimmt! Ich war besser als Sie!" Er lachte Ellison aus und schon ging eine kleine Verfolgungsjagd los, die erst endete, nachdem Blair aufgab und sich von Jim einen Klaps auf den Hinterkopf versetzen ließ.

Außer Atem warteten die beiden auf Simon, der langsam hinter ihnen hergelaufen war. Der Captain lächelte, doch Jim und sogar Blair konnten ahnen, wie es ihm ging.

Als er die beiden erreicht hatte gestand er, dass er wohl beim morgigen Spiel nicht mitmachen würde.

"Oh Simon, das tut mir leid..." sagte Blair ehrlich. „Ich hätte Sie so gerne wieder dabei gehabt."

"Tut mir leid, Sandburg. Aber ich kann mich so nicht auf das Spiel konzentrieren... ich werde im Zelt bleiben und mich ausruhen. Das tut mir auch mal gut."

Die beiden Partner nickten und zusammen gingen sie betrübt zum Zelt zurück.




Der Abend war doch noch schön geworden, obwohl Blair ständig an Simon denken musste, der sich entschieden hatte, im Zelt zu bleiben und ein wenig zu schlafen.

Er saß jetzt hier mit Jim an einem großen Lagerfeuer und die vielen anderen Menschen, mit denen sie hier waren, saßen in einem Kreis und erzählten über ihre heutige „Jagd" und alles mögliche. Es war lustig. Blair kam sich vor wie auf einem Ausflug mit den Pfadfindern, nur dass diese Leute hier - und er selbst natürlich auch - wesentlich älter waren.

Er sah hinüber zu Jim, der sich angeregt mit einem Mann unterhielt und freute sich, dass es seinem Freund hier auch so gut zu gefallen schien. Er sah sich in der Runde um. Alle gingen fröhlich miteinander um und er war froh, zu so einer Gruppe zu gehören. Der morgige Tag würde sicher wundervoll werden.




"Aufstehen, Schlafmütze!"

Jim schreckte hoch.

"Mhm?"

Der Reißverschluss seines Zeltes öffnete sich und Blair streckte seinen zerzausten Lockenkopf herein.

Ellison blinzelte und sah seinen Partner verschlafen an.

"Hey Jim, Sie werden mir hier doch nicht verschlafen?"

"Nein, ich bin wach... ich komme gleich." Er drehte sich wieder um und runzelte die Stirn. Er hatte wirklich schon lange nicht mehr so gut und so fest geschlafen.

Einige Minuten später krabbelte er aus dem Zelt und streckte erst mal seine steifen Glieder. Er war erfreut, auch Simon auf den Beinen zu sehen. Dieser kam gerade von der Dusche zurück.

"Na, wie geht es?", fragte er.

"Etwas besser, danke. Wenigstens gibt es hier warmes Wasser..."

"Ist Ihnen kalt?"

"Es war mir kalt. Aber jetzt geht es. Ich werde aber heute nicht zum Spiel mitkommen, Jim."

"Das tut mir leid, Sir."

"Schon gut. Ich war ja gestern dabei und vielleicht komme ich endlich mal dazu, dieses Buch fertig zu lesen, das ich schon seit einem Jahr bei mir neben dem Bett liegen hatte und das schon ganz zugestaubt war."

Jim lächelte. "Gut, dass Sie es mitgenommen haben."

Er drehte sich um und ging hinüber zu Sandburgs Zelt, der da drinnen für diese Uhrzeit schon sehr geschäftig war.

"Hey, was machen Sie denn da drin?", fragte er.

Man hörte nur ein Schnauben bevor Blair antwortete. "Ich versuche mich hier drinnen wie ein normaler Mensch anzuziehen, Jim. Aber das Zelt ist verdammt klein!"

"Tut mir leid, Sandburg. Das nächste Mal nehmen wir wieder das große Fünf-Mann-Zelt..."

"Mhm, wäre schon gut... da kann man sich wenigstens aufrecht hinstellen."

Jim lachte leise und ging zurück zu seinem eigenen kleinen Zelt um seine Kleidung herauszuholen. Danach machte er sich auf den Weg zur Dusche.




Später trafen sich alle zu einem Frühstück.

"Wann waren Sie denn duschen, Chief?", fragte Jim erstaunt.

"Als Sie noch geschlafen haben...na ja, eigentlich, als alle noch geschlafen haben. Ich war ziemlich früh wach."

"Aha... komisch, dass ich Sie nicht gehört habe."

"Soll das ein Witz sein? Sie haben geschnarcht wie ein Bär."

"Wie bitte?", fragte Jim mit gespielter Boshaftigkeit.

"Ja, man! Ich wusste gar nicht, dass Sie schnarchen."

"Seit der Sentinel-Sache tue ich das auch nicht mehr... komisch."

"Na ja, sagen wir einfach, dass Sie heute Nacht einmal besonders gut geschlafen haben." Blairs Unbekümmertheit in diesem Fall beruhigte auch Ellison und er wandte sich wieder seinem Frühstück zu.




Zwei Stunden später standen wieder alle bereit zum nächsten Spiel.

Simon war tatsächlich im Zelt zurückgeblieben und hatte vorgegeben, dass es ihm wirklich nichts ausmachen würde, sich den Tag mal auszuruhen. Und von den anderen Männern schien ihn auch keiner zu vermissen - bis auf Blair.

Jim wusste, dass der Junge Simon gerne dabei gehabt hätte. Doch er ließ sich nichts anmerken und lief nervös und voller Vorfreude hin und her.

"Hey Chief...beruhigen Sie sich mal. So werden Sie sicher schnell abgeschossen."

"Ha ha, Jim."

Der Spielführer trat nun vor die Gruppe und teilte mit, dass sie dieses Mal in vier Gruppen spielen würden. Gelb gegen Rot - und Grün gegen Blau.

Jim und Blair wurden wieder der Gelb/Roten-Gruppe zugeteilt.

"Hey, wieder gelb!", grinste Blair Jim zu, "Meine Glücksfarbe, man!"

"Ach ja?"

"Na ja, sagen wir mal: für heute!"

Wieder lachte Jim und machte sich mit Blair auf den Weg in ihr "Territorium".

Kurz nachdem die beiden ihre Schutzmasken aufgezogen hatten, ging es auch schon los. Dieses Mal waren die Gruppen kleiner und Blair wusste, dass er noch vorsichtiger sein musste.

Die beiden schlichen also wieder vorsichtig durch das Unterholz und hatten auch schon drei gegnerische Mitspieler erwischt, bevor Jim Blair mitteilte, dass er bereits die Fahne sehen konnte.

"Klasse!", gab Sandburg von sich und ein weiterer Adrenalinschub spornte ihn an, sich weiter fortzubewegen.

Sie schafften noch gute zehn Meter, bevor sich ihnen wieder ein gegnerischer Spieler in den Weg stellte. Dieses Mal erwischtees Blair als ersten... Jim konnte sich noch hinter einen Baum retten.

Doch diesmal war es anders. Die Kugel traf Blair an der Schulter und er wurde von der Wucht zu Boden gerissen. Schmerz durchfuhr seinen Körper und er blieb benommen liegen und rang nach Luft. Er fühlte, dass seine gesamte rechte Seite taub wurde und spürte etwas warmes klebriges.

"Blut", schoss es ihm sofort durch den Kopf und er drehte seinen Kopf in die Richtung, in der Jim verschwunden war. Doch er war nirgends zu sehen.


Zum 2. Teil

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