Disclaimer siehe Fanfiction-Seite.
Hier also der dritte Teil meiner Mystery-Serie. Wenn euch in den bisherigen zwei Teilen nicht genug Mystery war, dann ist das hier sicher das Richtige für euch! Zum Schluss gibt es einen Cliffhanger, der in dem vierten Teil, "Der Weg des Schamanen", aber fortgeführt wird.
Hier auch wieder ein besonderes Dankeschön an meine Beta Readerin Chance! Wie immer sind alle verbleibenden Fehler die meinen. Ich würde mich dennoch über Verbesserungsvorschläge oder Fehlerhinweise freuen.
Es gibt wieder ein paar kleinere Spoiler zur Folge "Der tödliche Jaguar" (Sentinel Too). Und abermals muss ich dringend darauf aufmerksam machen, dass es sicher von Vorteil wäre, zuvor einmal meine vorigen zwei Stories dieser Serie gelesen zu haben!
Wolltest du mir nicht schon längst eine Mail schreiben? Gefällt es dir? Oder wenn nicht, was magst du nicht daran? Ich freue mich wirklich über jede konstruktive Kritik! WIRKLICH! :o)
Teil 3 der Serie
Flashbacks und Visionen
von Fraggle
Beta-Read von Chance
Aug. / Sept. 2000
Der schwarze Jaguar raste durch das Dickicht des Dschungels, immer seiner Nase nach. Plötzlich sah er sich dem altertümlichen Indianertempel gegenüber. Übergangslos verwandelte sich das Tier in den Sentinel. Instinktiv drehte er sich um, wohlwissend, was jetzt folgen würde. Und da war es wieder: Ein lautes Heulen des Wolfes. Dennoch lief er die Stufen des Gemäuers hinauf und betrat die große Vorhalle. Zielstrebig eilte er zu der kleinen Kammer, die durch einen niedrigen Eingang von dem Saal getrennt war. Der Sentinel duckte sich und trat ein. Vor ihm stand jetzt sein alter Lehrmeister Incacha.
"Incacha, was geht hier vor?" Die Stimme des Mannes vibrierte etwas, man merkte ihm seine Unsicherheit sichtlich an.
"Du hast deinen Pfad verlassen." Im gleichen Moment verschwand der eigentlich tote Schamane in einem Meer von gleißendem Licht.
Der Sentinel fasste nach seinem Gegenüber, aber griff ins Leere. "Incacha!" Doch es half nichts, er war verschwunden.
Langsam schloss er die Augen und senkte den Blick. Nein, er wollte jetzt nicht noch einmal erleben, was er schon unzählige Male zuvor mitgemacht hatte...
"Hey Jim, hören Sie mir überhaupt zu?" Blair blickte seinem Mitbewohner tief in die geröteten Augen.
"Hm?" Verschlafen wandte sich Jim Sandburg zu.
"Jim, Sie sollten wirklich ins Bett gehen. Wie lange sitzen Sie denn schon wieder hier?"
Der Sentinel überlegte - aber hatte keinen blassen Schimmer. Er wusste noch, wie er mal wieder nicht einschlafen konnte und sich dann auf die Couch ins Wohnzimmer gesetzt hatte. Eigentlich wollte er auch gar nicht schlafen, denn dann wären erneut diese Visionen gekommen, die ihn schon seit Tagen plagten. Und doch nickte er immer wieder ein und hatte diesen Traum.
"Jim? Hören Sie, es reicht jetzt! Sie können doch so nicht..."
"Alles in Ordnung Häuptling, ich hab's schon verstanden", wehrte er ab und stand langsam auf. "Ich lege mich wieder hin, Ok?"
"Nein, nichts ist Ok! Jim, Sie haben jetzt schon seit Tagen diese Schlafstörungen." Blair machte eine kurze Pause. Er fuhr mit sanfterer Stimme fort und bedachte den Sentinel dabei mit einem durchdringenden Blick: "Ist es wegen Irene?"
Der Sentinel schüttelte den Kopf. "Nein! Und ich möchte auch nicht darüber reden!"
Wütend und ausgelaugt stapfte er die Stufen zu seinem Bett hinauf.
Blair, nicht minder verärgert, folgte ihm einige Meter bis zum Fuße der Treppe. "Jim, bitte! So kann das doch nicht weitergehen! Das nimmt noch ein böses Ende!"
"Hat es schon", flüsterte der Sentinel so leise, dass es sein Mitbewohner nicht mitbekam und legte sich zurück in sein Bett.
Der Panther blieb vor dem Maya-Tempel stehen und blickte um sich. Im gleichen Moment morphte er zu Jim. Das Heulen des Wolfes hallte durch den ganzen Urwald. Der Sentinel zögerte. Sollte er wieder in den Tempel gehen oder sollte er noch einmal versuchen den Wolf zu finden?
Kurzentschlossen eilte er wieder auf den Haupteingang des alten Gebäudes zu. Im kleinen separaten Raum fand er erneut seinen alten Lehrmeister vor.
"Incacha, bitte verschwinde nicht wieder! Du hast gesagt, ich hätte den Pfad verloren, aber wie kann ich wieder zurück?" Er blickte seinen Schamanen erwartungsvoll an.
"Folge deinem Herzen und deinem Instinkt, Enqueri!" Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, verschwand er wieder in einem Lichtblitz.
Fassungslos schüttelte Jim den Kopf. Er hatte dieses Mal eine konkrete Frage gestellt - und was bekam er als Antwort?
Die Erde begann zu beben und der Sentinel verließ zügig das Gebäude...
"Jim?"
Der Detective blickte überrascht in das erwartungsvolle Gesicht seines Vorgesetzten. "Äh, ja?"
"Na, was halten Sie davon?" Simon klang ziemlich genervt.
Der Sentinel ließ seinen Blick auf Sandburg schweifen, der ihm am Tisch im Pausenraum schräg gegenüber saß. Blairs sah alles andere als genervt aus. Eigentlich hatte er schon seit Tagen den gleichen Gesichtsausdruck aufgesetzt: Besorgnis. Jim seufzte. Der Junge war seinetwegen besorgt und ganz verdenken konnte er es ihm nicht. Aber mit ihm darüber sprechen konnte er auch nicht...
"Tut mir leid Sir, wovon sprachen Sie?" Es half nichts, er musste nachfragen.
Banks beäugelte, jetzt ebenfalls etwas besorgt, Jim und dann Blair. Der Junge zuckte nur hilflos mit den Schultern und wendete seinen Blick ab.
"Ok, Jim. Was ist mit Ihnen los? Hat es etwas mit Ihren Sinnen zu tun?"
"Nein", antwortete er schlicht und war anscheinend auch nicht gewillt weiter ins Detail zu gehen oder darüber zu sprechen.
"Haben Sie beide sich verkracht?" Wieder wechselte Simon Blicke mit seinem besten Team. Blair sah erneut verlegen weg.
"Nein", kam wieder schlicht die Antwort.
Simon seufzte. "Jim, was um Himmels Willen ist dann mit Ihnen los? Sie wirken abwesend und..."
"Ich bin einfach etwas übermüdet, Sir. Konnte halt in den letzten Tagen nicht sehr gut schlafen. Das ist alles." Jim bemerkte seinen harschen Wortlaut und setzte sanfter fort: "Simon, vielleicht sollte ich einfach ein paar Tage frei nehmen, ich glaube das täte mir zur Zeit ganz gut. Darf ich mir ein paar nehmen? Genug Urlaubsanspruch müsste ich ja noch haben..."
Simon und Blair wechselten einen vielsagenden Blick. Wenn Jim sich Urlaub nehmen wollte, musste etwas im Busch sein.
"Jim, was ist los? Es handelt sich doch hier um mehr als nur um Schlafstörungen! Es beschäftigt sie doch etwas!" Blair mischte sich jetzt auch mit ein. Vielleicht würde Jim sich nun mit Simons Unterstützung endlich mal zum Reden bewegen lassen... "Das geht jetzt schon seit Tagen so, Simon."
Der Captain nickte. "Ist mir auch schon aufgefallen, war nicht zu übersehen!" Er bedachte Jim mit einem strafenden Blick.
"Sir, alles was ich möchte ist ein wenig Ruhe. Und dass ich in letzter Zeit ein bisschen ausgelaugt bin bestätigt doch nur, dass ich Erholung brauche!"
Prüfend betrachtete Simon seinen besten Detective. Unweigerlich erinnerte ihn diese Situation an die Zeit, als Jim das erste Mal Probleme mit seinen Sinnen bekam und ihn um ein paar freie Tage gebeten hatte um einige Ärzte aufzusuchen. Aber diesmal war es doch irgendwie anders...
"Na schön, dann bekommen Sie Ihren Urlaub. Aber wehe Sie erscheinen dann nächste Woche nicht wieder fit und voll einsatzbereit." Er verlieh seinen Worten mit einem mahnenden Zeigefinger und dem berühmten zugehörigen Blick mehr Ausdruck.
"Ich versuche mein Bestes, Sir." Jim stand auf und begab sich zur Tür, Blair folgte ihm.
"Sandburg? Könnte ich Sie gerade noch einen Moment sprechen?"
"Klar, Sir." Blair trat wieder zurück ins Zimmer und lehnte die Tür hinter sich an.
"Was ist los mit ihm? Wollen oder können Sie mir nichts sagen?" Simon musterte den Jungen auffordernd.
"Simon, ich habe wirklich keine Ahnung, aber es muss tiefgründiger sein, das steht fest. Ich werde Ihnen nächste Woche aber sicherlich mehr sagen können." Er blickte in die Richtung, in die Jim verschwunden war. "Das ist ein Versprechen."
Der Captain nickte und ließ es dabei beruhen. Während der Polizeiberater den Raum verließ fügte er noch hinzu: "Halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich mache mir ernsthafte Sorgen um Jim."
Blair nickte kurz und eilte seinem Partner hinterher.
Der Panther rannte zügig zu den alten Maya-Ruinen. Statt diesmal in das Gemäuer zu laufen peilte er die Richtung an, aus der das Wolfsgeheul kam. Dieses Mal verwandelte er sich erst in seine menschliche Form, als er hoch oben auf einem Felsen den Wolf entdeckte. Der Sentinel begann die Felsen zu erklimmen. Kaum war er oben angekommen, begann die Erde zu beben. Er sah den Wolf nun von weitem, wie diese Distanz zwischen ihnen plötzlich zu Stande kam, konnte er sich nicht erklären. Das Tier entdeckte ihn und eilte herbei, der Sentinel kam ihm entgegen.
Plötzlich riss zwischen ihnen die Erde auf. Der Wolf setzte zum Sprung an, während Jim stockte. Der Riss entwickelte sich rasend schnell zur Schlucht und sofort trennten die beiden mehrere Meter unendliche Tiefe. Doch für den Wolf war es zu spät. Den vorigen Erdspalt hätte er sicher überspringen können, aber diese Schlucht war unmöglich.
Anstatt, dass er sicher auf der anderen Seite bei seinem menschlichen Gefährten landete, fiel er ins das schwarze Loch. Der Sentinel kam ihm entgegen zum Rande des Kliffs und versuchte nach ihm zu greifen und rief nach ihm, aber er konnte nur noch beobachten, wie der Wolf langsam in die dunkle Tiefe aus seinem Sichtfeld verschwand...
Schweißgebadet fuhr Jim in seinem Bett hoch.
Wenn diese Albträume nicht bald aufhören, werde ich noch verrückt!
Aber es waren keine gewöhnlichen Albträume, die der Sentinel hatte. Visionen waren von Bedeutung, Träume nur ein Spiegel der Seele, aber Visionen deuteten auf bevorstehende Ereignisse hin und waren so wegweisend für die betreffende Person.
Aber wie sollte er diese schrecklichen Geschehnisse deuten? Damals - als ihm zum ersten Mal der Wolf in einer Vision erschien - war es eindeutiger. Der Wolf starb und Blair kurz darauf auch. Aber schon damals hatte er dieses Ereignis nicht verhindern können. Er betrachtete es vielmehr als einen bösen Traum - einen einmaligen Traum.
Die Visionen, die ihn zur Zeit plagten, kehrten aber immer und immer wieder zurück. Zwar waren es jedes Mal abgewandelte Versionen, aber es lief immer auf eines hinaus: Jim musste hilflos mit ansehen, wie der Wolf vor seinen Augen starb. Er hatte zwar noch kein einziges Mal die Leiche des Tieres gesehen, aber dennoch war für Jim klar: Blair würde in nächster Zeit in sehr großen Schwierigkeiten stecken.
Die Frage war also: Was konnte er dagegen tun? Einfach abwarten und hoffen, dass er es dann auch wieder verhindern oder 'rückgängig' machen könnte? Eigentlich hätte er Blair um Rat fragen müssen, aber er wollte den Jungen nicht verängstigen, er sollte sich nicht unnötig Sorgen machen. Unnötig? Wieso unnötig? Die Botschaft war klar - zu klar, wenn es nach Jim ging.
Er musste seinen Guide um Hilfe bitten, da ging kein Weg dran vorbei. Gleich nach der nächsten Vision werde ich ihn darauf ansprechen. Nur noch einer dieser Träume...
Mit diesem Versprechen, das er sich selbst zur Beruhigung gab, drehte er sich auf die andere Seite und schlief sanft ein.
Er blinzelte einige Male und warf dann einen verschlafenen Blick auf den nahestehenden Wecker. Wie ein Verrückter riss er die Decke beiseite und sprang aus seinem Bett.
Zu spät!
Nur wenige Sekunden später fiel ihm ein, dass er heute ja gar nicht zum Department musste. Erleichtert ließ er sich wieder in sein Bett fallen.
Nach der einen Vision diese Nacht hatte er friedlich und ungestört geschlummert. Das erklärte zumindest, weshalb er verschlafen hatte.
Er hörte, wie jemand unten die Toilette spülte.
Zufrieden, dass er nicht die einzige Schlafmütze war, stand er auf, zog sich etwas über und lief gutgelaunt die Stufen zum Wohnzimmer hinab. In der Küche begann er das Frühstück vorzubereiten, als er Blair aus dem Badezimmer langsam anschlurfen kommen hörte.
"Guten Morgen, Häuptling!", begrüßte er seinen Mitbewohner gut gelaunt, aber ohne sich umzudrehen. Hätte er das getan, hätte er sofort erkannt, dass es für Blair kein so guter Morgen war: Seine roten Augen waren ein Indiz für zu wenig Schlaf, den der diese Nacht bekommen hatte, und mit seiner blassen und leicht glänzend-feuchten Haut und wirren Haaren wirkte er wie ein Gespenst in seinem schwarzen Shirt und Boxer-Shorts.
"Morgen", erwiderte er knapp und monoton.
Jim, der den kränkelnden Unterton dieser Antwort heraushörte, drehte sich um und sah erst jetzt das Häufchen Elend, das Blair darstellte.
"Oh, Sandburg, was haben Sie denn gemacht?" Mit einem Schritt war der Sentinel an Blairs Seite und kontrollierte seine Stirn nach erhöhter Temperatur. Sie war etwas kühl und wie der Rest des Gesichts feucht, aber Fieber hatte der Junge nicht...
"Ich habe gerade rückwärts gefrühstückt, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich muss mir wohl irgendeinen Grippevirus eingefangen haben. Ich befürchte, Sie werden alleine frühstücken müssen."
Mit diesen Worten machte Blair kehrt und lief durch die französischen Türen in sein Zimmer.
"Oh, ist gut, Sandburg. Ich werde Ihnen einen Termin bei einem Arzt machen." Jim schnappte sich das Telefon und wählte die Nummer des Hausarztes an.
"Nein, nein, schon gut! Ist sicher nur eine Grippe. Ich trinke ein wenig Kräutertee und kurier das aus. Ehrlich, ich kenn das, Jim! Kein Grund zur Besorgnis!" Blair setzte sich auf sein Bett und glitt langsam unter die Decke.
"Hey, wer sagt, dass ich besorgt bin? Ich möchte nur nicht angesteckt werden!", erwiderte der Sentinel schmunzelnd und legte das Telefon wieder beiseite - vorerst...
Grübelnd lag Jim in seinem Bett.
Blair hatte den ganzen Tag im Bett verbracht. Jim hatte ihm nur ab und zu etwas zu trinken gemacht, einen chinesischen Kräutertee, wie Blair ihn immer bei Übelkeit einnahm. Er war kaum zum Essen zu bewegen und traute sich auch nicht aus dem Bett.
Jim hatte im Laufe des Nachmittags dann doch schließlich beim Arzt angerufen und für Blair am nächsten Morgen einen Termin vereinbart. Der Junge wusste zwar noch nichts davon, aber für Jim war klar, dass es sich bei Blairs Beschwerden nicht um irgendeine Grippe handelte. Manchmal vergaß Sandburg einfach, dass Jim ein Sentinel war und er ihm somit nichts vormachen konnte. Er bekam mit Hilfe seiner geschärften Sinne jedes Detail der Krankheit mit und war daher gut im Bilde.
Der eigentliche Grund, warum der Sentinel nicht schlafen konnte, war, dass er sich ständig über seine Visionen Gedanken machte. War es Zufall, dass Blair gerade jetzt krank wurde? Oder gab es gar einen Zusammenhang? Vielleicht warnten ihn seine Albträume vor eben dieser Krankheit?
Mit einem Gähnen drehte sich Jim auf die andere Seite und versuchte endlich einzuschlafen...
"Sie können sich wieder anziehen, Mr. Sandburg." Blair schnappte sich sein Flanellhemd und zog es sich über.
"Nun Doc, es ist eine Grippe, nicht wahr?"
"Dem Anschein nach ja. Ich werde Ihnen etwas gegen das Fieber und die Schwindelanfälle geben und verordne Ihnen strenge Bettruhe. Sie werden sehen, in wenigen Tagen sind Sie wieder fit. Wenn Sie bis Ende der Woche keine Besserung feststellen können, kommen Sie noch mal wieder."
"Gut danke." Blair zog sich fertig an und verließ das Zimmer. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, kam ihm Jim entgegen.
"Und?" Der Sentinel blickte ihn von oben neugierig an.
"Hey, Sie haben doch schon sicher alles gehört: Es ist nur eine Grippe. Und wenn Sie jetzt nichts dagegen einzuwenden haben, würde ich gerne wieder nach Hause fahren und dort lasse ich mich dann in mein Bett fallen!" Er schlurfte Richtung Ausgang. "Und Sie sollten das auch - Genau!" Blair drehte sich ruckartig um. Etwas zu schnell für sein Befinden. Er taumelte leichte und verlor die Balance. Der Sentinel eilte ihm zur Seite und bewahrte ihn vor einem Fall.
"Danke", murmelte Blair und rappelte sich wieder auf. "Eigentlich wollte ich gerade vorschlagen, dass Sie sich ebenfalls mal durchchecken lassen, aber wenn es recht ist, würde ich doch jetzt mein Bett bevorzugen..."
Der Sentinel nickte zustimmend und half Blair hinaus.
"Home, sweet home!" Jim kramte seinen Haustürschlüssel heraus und wollte ihn gerade ins Schlüsselloch stecken, als er plötzlich inne hielt.
"Hey Jim, ich wollte heute noch rein!" Blair zupfte leicht am Ärmel des größeren Mannes. Dieser winkte ab und holte stattdessen seinen Revolver heraus.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Blair den Detective an. "Was ist denn nun schon wieder?"
"Ich rieche etwas, Häuptling. Ein Parfum oder Aftershave." Mit diesen Worten drückte er Blair den Schlüssel in die Hand. Nachdem der junge Anthropologe sich nicht rührte, fügte er noch verärgert hinzu: "Na los, schließen Sie auf!"
Blair schob den Schlüssel vorsichtig in das Loch. Er blickte noch einmal verunsichert hoch zu Jim, bevor er langsam den Schlüssel im Schloss drehte. "Ok, ist offen", informierte er Jim kurz und trat einen Schritt beiseite.
Der Sentinel nickte nur. Mit vorgehaltener Waffe trat er ruckartig die Tür ein. Er prüfte erst kurz die Situation und signalisierte daraufhin Blair, dass er jetzt hereinkommen könnte.
"Und?" Blair betrat die Wohnung und blickte seinen Mitbewohner neugierig an. Bevor Jim etwas erwidern konnte, eilte Blair in seinen Raum. "Oh man!"
Nur wenige Sekunden später stand Jim hinter ihm. "Was?" Er scannte das Zimmer ab, aber konnte nichts Merkwürdiges erkennen...
"Mein Laptop", erwiderte Blair und sprang förmlich zum PC, der an war.
"Häuptling, ich habe Ihnen schon tausendmal gesagt, Sie sollen Elektrogeräte nicht anlassen! Was wäre gewesen, wenn jetzt die Kabel durchgeschmort wären und..."
"Ich hatte ihn angelassen um noch in der Zwischenzeit etwas aus dem Internet runterzuladen..."
Jim betrachtete den Computer. "Wo ist dann das Problem, Sandburg?"
Blair seufzte. "Sehen Sie - der Bildschirmschoner ist nicht aktiviert."
"Und?", fragte Jim ungeduldig.
"Na, wir waren fast eine Stunde weg. Da müsste der sich doch mal angeschaltet haben!" Blair deutete auf das Gerät und blickte Jim vorwurfsvoll an.
"Aha", erwiderte dieser nur. "Und das bedeutet?"
Blair rollte mit den Augen. "Na das bedeutet, es war jemand da dran. Oder aber wir haben hier Mäuse, die gerne im Internet surfen!"
Für diese Bemerkung erntete er gleich einen strafenden Blick. "Ok Häuptling. Ich rufe jetzt Simon an. Schauen Sie, ob Sie noch weitere Veränderungen feststellen können, aber nichts anfassen, Ok?"
Sandburg seufzte tief und begann sein Zimmer abzusuchen während Jim auf dem Revier anrief. Kurze Zeit später kamen die Leute von der Spurensicherung und auch Computerspezialisten, die Blairs Laptop eingehend untersuchten.
"Hey, hey! Sie können Ihn doch nicht einfach so mitnehmen! Schon mal etwas von Privatsphäre gehört?" Der junge Polizeiberater lief dem Mann hinterher, der sich seinen Laptop schnappte und ihn in eine Plastiktüte steckte.
"Wir können nicht nur, wir MÜSSEN", kam die prompte Antwort.
Blair gab nicht so schnell auf und belagerte den Mann, bettelte fast schon.
"Hey Sandburg, es reicht jetzt. Wir werden doch lediglich das Teil nach Fingerabdrücken untersuchen und nachschauen, wonach der Täter gesucht haben könnte!" Simon, der sofort mit der Spurensicherung gekommen war, nachdem er von einem Einbruch in die Wohnung seines Teams gehört hatte, blickte strafend auf den Jungen hinab. "Sie kennen doch das Verfahren. Wie lange sind Sie jetzt schon in der Abteilung?"
Blair trat näher an Simon und Jim heran. "Sicher kenne ich das. Aber Simon..." Er blickte erst den Captain, dann Jim an. Erst jetzt fiel Banks auf, wie krank der Junge tatsächlich aussah.
"Es ist ein Großteil meiner Unterlagen über die Sentinel - Sache darauf", fügte Blair flüsternd hinzu.
Sofort wurden die beiden Polizisten hellhörig. "Es ist was?" Jim wurde unfreiwillig laut, so dass direkt alle Köpfe in ihre Richtung schnellten. Der Sentinel wartete kurz und setzte dann ruhig fort: "Sandburg, wieso lassen Sie solch' wichtige Unterlagen so leichtsinnig herumstehen!" Auch wenn Jim ruhig sprach hörte man seiner Stimme an, dass er sehr verärgert war.
"Hey, woher soll ich wissen, dass hier jemand einbricht und..."
"Nichts 'woher soll ich das wissen'! Wenn alleine die Möglichkeit besteht, hätten Sie es unterlassen sollen! Und dann lassen Sie den PC auch noch offen und für jeden sichtbar hier herumstehen!"
Simon geriet dazwischen und versuchte das hitzige Wortgefecht zu schlichten. "Hey, Leute. Bitte, ja? Wir sollten das woanders ausdiskutieren." Er schaute kurz um sich. "Irgendwo, wo wir ungestörter sind..."
"Simon, erst einmal sollten Sie dafür sorgen, dass die meinen Laptop hier lassen!" Blair zeigte in die Richtung, in die der Mann von der Spurensicherung mit seinem Computer verschwunden war. Simon war sich nicht sicher, ob die Schweißperlen auf der Stirn des Jungen Angstschweiß waren oder vom Fieber kamen.
"Sandburg, das geht nicht so einfach. Was soll ich ihnen sagen, dass Sie dort ein Geheimprojekt drin versteckt haben?" Er musterte den jungen Polizeiberater mit einem Blick, der verriet, dass der Captain in dieser Sache nichts ausrichten konnte. "Na gut, lassen Sie uns zum Department fahren, da können wir bereden, wie wir als nächstes vorgehen können..."
"Äh, Sir. Da gibt es nur ein Problem: Sandburg braucht dringend etwas Ruhe." Jim deutete auf Blair, als wüsste Simon nicht ganz genau, wen er meinte. Der Captain betrachtete den Jungen und gab Jim Recht.
"Einverstanden. Sie packen gerade, was Sie brauchen und wir fahren in das nächste Motel. Gut möglich, dass die Untersuchungen hier noch einige Stunden andauern..." Er blickte sich um. Die Leute von der Spurensicherung hatten alle Hände voll zu tun. Es wurde buchstäblich jeder Gegenstand umgedreht.
"Sir, es ist besser, wenn ich noch etwas hier bleibe. Wer kann schon beurteilen, ob sich in der letzten Stunde etwas geändert hat? Außerdem könnte ich mit Hilfe meiner Fähigkeiten..."
Simon hob mahnend seine Hand. "Auf gar keinen Fall. Sie brauchen beide Schlaf. Sie legen sich etwas hin und sobald wir Ergebnisse haben, melde ich mich bei Ihnen. Bis dahin möchte ich Sie nicht auf den Beinen sehen, verstanden? BEIDE!" Er verlieh dem letzten Wort besonderen Ausdruck. Nachdem er bemerkte, dass Jim erneut zur Widerrede ansetzte, kam er ihm schnell zuvor: "Das ist ein Befehl Detective! Na los, fangen Sie schon an zu packen." Banks begab sich zu einem seiner Männer um sich den aktuellen Stand der Dinge erläutern zu lassen.
Mit verzogenem Gesicht blickte Jim hinunter zu seinem Mitbewohner, der genügsam von einem Ohr zum nächsten grinste. Der Sentinel schüttelte nur den Kopf und eilte zu seinem 'Zimmer' hinauf um mit dem Packen anzufangen. Blair trottete zurück zu seinem Raum und überlegte, was er für eine Nacht brauchen würde...
Eine halbe Stunde später saßen die drei in Simons Wagen auf dem Weg zum naheliegenden Motel. Jim saß neben dem Captain vorne, während Blair die Rückbank einnahm. Man sah ihm an, dass es ihm jede Minute, die er weiter auf den Beinen war, schlechter ging. Er blickte abwesend aus dem Seitenfenster.
"Nun, um auf die Sache mit dem Laptop noch mal zu kommen: Ich habe Thompson bescheid gegeben, er wird sich um Ihren Computer kümmern, Sandburg." Simon blickte in den Rückspiegel und erkannte, dass Blair gedanklich kaum noch anwesend war.
"Und Sie sind sicher, dass damit die Sache gegessen ist? Ob nun Thompson oder jemand anderes, sobald die entsprechenden Dateien zum Vorschein kommen, habe ich einen Haufen Probleme, Sir." Jim blickte nach hinten, wo der Junge weiterhin teilnahmslos aus dem Fenster starrte. "Und Blair ist uns auch keine große Hilfe. Ich weiß noch immer nicht, wie man so leichtsinnig sein kann!"
"Jim, ich war nicht leichtsinnig", wehrte sich der Junge und blickte ihm plötzlich fest in die Augen. "Wer auch immer das Passwort für den Computer knacken möchte, muss noch ein weiteres für die wichtigen Dateien umgehen."
"Einen Moment mal, Häuptling. Von einem Passwort war nie die Rede! Wieso hatten Sie das nicht schon vorher erwähnt?" Jim richtete sich wieder nach vorne.
"Glauben Sie allen Ernstes, ich würde diese Dateien ohne Passwort jedem frei zugänglich machen? Ich sagte doch, ich bin nicht leichtsinnig!" Blair widmete sich verärgert wieder dem Fenster und hoffte, dass sie bald da wären. Die Fahrt tat seinem Magen gar nicht gut...
"Das würde aber bedeuten, wir haben es dazu noch mit einem Hacker zu tun..." Jim seufzte. Das machte die Sache noch mal komplizierter. Allem Anschein nach war der Täter nicht zufällig an das Laptop geraten, sondern eventuell sogar gerade deswegen dort eingebrochen.
"Sie glauben also, es wollte jemand gezielt an Sandburgs Daten?" Simon sprach aus, was Jim dachte. Der Sentinel nickte nur kurz und schaute erneut zurück zur Rückbank. Der Junge war bedenklich blass.
"Alles in Ordnung, Häuptling?", erkundigte er sich nach einigen Sekunden besorgt.
Blair nickte nur kurz. Aber er konnte für nichts garantieren, wenn sie nicht bald ankämen...
Der schwarze Jaguar lief durch das exotische Grün und hielt kurz inne. Wenn er den bereits eingeschlagenen Weg weiterverfolgen würde, käme er wieder zum Tempel. Er betrachtete seine Umgebung und erkannte eine kleine Schneise im Gebüsch. Vorsichtig aber zügig lief er den Spuren hinterher, die ein anderes Tier vor ihm hinterlassen hatte. Nur kurze Zeit später begegnete er dem Wolf, der diesmal nur wenige Meter von ihm entfernt lag.
Er trat näher an ihn heran und erkannte, dass das Tier einen geschwächteren Eindruck machte als in den vorigen Visionen. Der Wolf blickte auf und sah dem Panther tief in die Augen, als wolle er nur mit Hilfe dieses Blickes mit ihm kommunizieren. Und es wirkte. Der Jaguar erkannte den Schmerz und die Hilflosigkeit im Blick des anderen Tieres.
Die schwarze Raubkatze morphte zu dem Sentinel, der sich daraufhin neben das liegende Tier kniete. Erst jetzt bemerkte er die rasche und unregelmäßige Atmung von Blairs Spirit Guide. Er betastete den Wolf um nach etwaigen Wunden zu suchen. Das Tier winselte dabei etwas, als würde es ihm Schmerzen bereiten.
Jim konnte keine Verletzungen feststellen. "Was hast du denn?", fragte er fürsorglich und mit sanfter Stimme und glitt dabei über das silbergraue, weiche Fell.
Im gleichen Moment schrie ein Falke, der über ihren Köpfen hinwegflog. Der Sentinel blickte auf und sah dem Raubvogel lange nach. Nachdenklich drehte er sich wieder dem Wolf zu und bemerkte, dass dieser verschwunden war.
Er blickte um sich und suchte seinen Kameraden. Plötzlich hörte er eine Stimme, die aus keiner bestimmten Richtung zu kommen schien. "Wen suchst du?"
Der Sentinel erkannte diese Stimme direkt und versuchte die Person, die sich dahinter verbarg, ausfindig zu machen, sah aber seinen alten Schamanen Incacha nicht...
"Ich suche den Wolf", antwortete er und schaute sich weiter um.
"Er ist nicht mehr hier."
"Aber wo ist er dann?" Jim wurde ungeduldig. Er stand auf und lauschte nach einem Herzschlag - ohne Erfolg.
"Er ist in seine eigene Welt versunken", erwiderte Incacha ruhig.
"Was soll das bedeuten, er ist in seine eigene Welt versunken? Ich verstehe das nicht!"
"Du wirst verstehen, Enqueri." Mit diesem Rätsel verstummte die Stimme des Schamanen wieder und ließ den ratlosen Sentinel alleine...
Mit nur einem Gedanken wurde Jim aus seinem Traum entrissen: Blair!
Er warf die Decke beiseite und eilte zu seinem Partner, der nur ein Zimmer weiter schlief. Auch ohne den vorigen Traum erkannte er sofort, dass etwas nicht stimmte. Er kniete neben dem Bett seines Guides.
"Blair?" Zuerst versuchte er mit sanfter Stimme ihn zu wecken, aber er wusste, dass es dazu mehr brauchen würde. "Blair? Nun komm schon, Kumpel!" Jim rüttelte seinen Freund sanft. Direkt erkannte er, dass der Junge ungewöhnlich heiß war. Er fasste ihm an die Stirn und bekam ein flaues Gefühl im Magen. Ohne zu zögern schnappte er nach dem Telefon und wählte Simons Privatnummer...
Zügig aber nicht zu schroff hielt Simon vor dem General Hospital. Jim war bereits halb draußen, als Simon gerade den Wagen aus machte. Schnell öffnete der Sentinel die hintere Tür und fasste nach seinem Freund, der auf der Hinterbank lag.
"Schaffen Sie das alleine? Dann versuche ich schon mal einen Doktor herbeizuschaffen und ihm die Lage zu erläutern."
Jim nickte dem Captain zu und befasste sich wieder mit Blair. Vorsichtig hob er ihn in seinen Armen hoch. Zähneknirschend stellte er fest, dass sein Mitbewohner schwerer war, als er aussah.
Währenddessen hatte Simon für Blair eine direkte Behandlung arrangieren können, wenn auch mehr durch seine Beziehungen. Sie verluden den Jungen auf eine fahrbare Trage und rollten ihn zu einem kleinen Zimmer in der Notaufnahme. Der Arzt stellte sich kurz vor und begann direkt den Gesundheitszustand Blairs zu untersuchen. Nervös blickte sich Jim um und beobachtete den jungen Doktor. Ihm wäre ein etwas älterer, erfahrener Arzt lieber gewesen. Aber er war schon für die zügige Aufnahme seines Kumpels dankbar.
Kurze Zeit später bat eine Krankenschwester die beiden Polizisten, den Raum zu verlassen und doch bitte draußen im Wartesaal Platz zu nehmen. Widerwillig ließ Jim gewähren und setzte sich auf einen der unbequemen Plastikstühle.
Simon kam mit zwei Bechern heißem Kaffee aus dem Automaten herbei. Er reichte seinem Freund einen und nahm einen kleinen Schluck aus seinem eigenen. Besorgt betrachtete er den Detective neben sich und erkannte, dass dieser völlig abwesend war. Zwar hatte er das Getränk entgegen genommen und sich bedankt aber richtig registriert hatte er es scheinbar nicht. Die dunkelblauen Ringe unter seinen Augen und der übermüdete Blick sprachen für sich.
"Jim. Wahrscheinlich werden Sie ja doch nicht auf mich hören, aber Sie sollten sich wirklich aufs Ohr legen. Ich kann hier solange warten. Sie brauchen dringend den Schlaf."
Es kam keine Reaktion. Für einen Moment befürchtete Simon, Jim würde zonen.
"Ich hätte das alles hier vorhersehen müssen", murmelte Jim nur, aber wandte seinen Blick nicht ab, wohin er auch immer schaute.
"Was? Wie um Himmels Willen wollen Sie so etwas auch nur erahnen? Weiß der Geier, was der Junge sich da eingefangen hat."
"Nein, nein, Sir. Ich wusste die ganze Zeit, dass etwas passieren würde, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe mir immer versucht einzureden, es würde sich alles von alleine aufklären, dass ich noch rechtzeitig das Unausweichliche hätte verhindern können. Aber nun - nun ist es doch eingetroffen und ich habe nichts dagegen unternommen. Es ist meine Schuld, dass der Junge jetzt dort drinnen liegt, genauso, wie es meine Schuld war, als er damals in diesem verdammten Springbrunnen lag..."
"Jetzt machen Sie mal halblang, Jim! Nichts von alle dem..." Simon wurde von der Krankenschwester, die im gleichen Moment zur Tür herauskam, unterbrochen. Jim fuhr direkt aus seinem Stuhl hoch und hätte dabei beinahe den Kaffee in seiner Hand verschüttet. Vorsichtig nahm ihm Simon diesen ab und stellte ihn zu seinem auf einen beistehenden Tisch.
Erwartungsvoll starrte Jim die Krankenschwester an. Schon an ihrem Gesichtsausdruck erkannte der Sentinel - was auch immer diese Frau ihm nun sagen würde, es war nichts Gutes...
Simon stand jetzt ebenfalls auf und die Krankenschwester schritt näher zu den beiden Männern.
"Ist einer von Ihnen beiden Detective James Ellison?"
"Ja, das bin ich", erwiderte Jim knapp.
"Gut, dann brauchen wir Sie nicht extra noch zu unterrichten."
Allein diese Aussage drehte dem Sentinel den Magen um. Er war als Person eingetragen, die unterrichtet werden sollte, wenn Blair etwas passierte...
"Wie geht es denn nun meinem Partner?" Ungeduldig platzte er mit dieser Frage heraus. Es war gerade so, als wollte die Schwester es noch absichtlich spannend machen.
Sie wich seinem Blick aus und schielte zu dem zweiten Mann hinüber. "Detective, es tut mir leid, aber..." Sie schluckte.
"Oh mein Gott!" Simon schlug die Hände über seinem Kopf zusammen und ließ sich auf den Stuhl hinter sich fallen. Jim war starr vor Schreck und Anspannung.
"Was... was meinen Sie mit... 'es tut mir leid’?" Der Sentinel stammelte diese Worte heraus. Sein Herz pochte so laut, dass er glaubte, sein Trommelfeld würde gleich platzen.
Die Krankenschwester wurde knallrot. "Nein, nein. Nicht das, was Sie denken! Mr. Sandburg wurde mit 41,8 °C Fieber hier eingeliefert. Es ist uns noch nicht gelungen, die erhöhte Temperatur zu neutralisieren. Wir haben aber auch keine Infektion oder ähnliches feststellen können. Ehrlich gesagt ist es uns ein Rätsel..."
"Ja, ja. Aber was ist denn nun mit ihm, wie geht es ihm?" Simon stand wieder auf, mit einem Hoffnungsschimmer in seinen Augen.
"Mr. Sandburg liegt im Tiefschlaf, Gentlemen."
Jim und Simon blickten sich überrascht an. "Wollen Sie uns damit sagen, dass er wegen einer Grippe, die erst ein Arzt Ihres Krankenhauses heute Morgen bei ihm festgestellt hatte, im Koma liegt?" Der Sentinel geriet in Rage und Banks konnte es ihm nicht verdenken. Dennoch versuchte er beschwichtigend eine Hand auf die Schulter seines Detectives zu legen. "Jim, beruhigen Sie sich. Die Schwester sagte doch gerade, dass sie noch nicht feststellen konnten..."
"Mich beruhigen? Ich soll mich beruhigen, Simon? Ich will mich nicht beruhigen!"
"Jim!" Der Captain rüttelte leicht den Sentinel um ihn so wieder zu Verstand zu bringen. "So sind Sie Blair auch keine Hilfe. Lassen Sie die Ärzte ihre Arbeit machen - und wir tragen unseren Teil dazu bei."
Diese Worte leuchteten Jim ein und er beruhigte sich langsam. "Können wir ihn sehen?"
Die Krankenschwester, noch etwas eingeschüchtert, führte die beiden in den Raum. Der Arzt musste ihn über eine andere Tür zum daneben liegenden Raum verlassen haben, er war bis auf das Krankenbett menschenleer. Das Piepsen der Geräte und deren flimmernden und blinkenden Lichter, das sterile Zimmer - all das kam Jim sehr bekannt vor. Traurig stellte er fest, dass er schon viel zu viele Stunden in solch einer gespenstigen Atmosphäre verbracht hatte.
Erleichtert sah er, dass Blair nicht künstlich beatmet werden musste. Aber ansonsten bereitete ihm der Anblick des Jungen im Bett nur Kummer. Blair war leichenblass und vor Fieber schweißgebadet. Seine Augenlieder stachen farblich, da gerötet, hervor. Er war an einen Tropf angeschlossen um ihm so Nahrung und die nötigen Medikamente zuzuführen. Innerlich brach es dem Sentinel das Herz, seinen Freund so sterbenskrank dort liegen zu sehen und zu wissen, dass er ihm nicht helfen konnte.
Simon schien zu erkennen, was in Jim vor sich ging. Auch für ihn war der Anblick des Jungen ein Schock. Gerade Blair, der sonst immer so eine Frohnatur war... "Der Junge ist stark. Er hat auch schon Schlimmeres überstanden", sprach er besänftigend auf den Detective ein.
"Ich werde Sie nun mit dem Patienten alleine lassen. Wenn Sie irgendetwas brauchen..." Die Krankenschwester betrachtete die beiden Männer ausgiebig, scheinbar bereit ihnen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen.
Jim und Simon drehten sich zu ihr um, sie hatten gar nicht bemerkt, dass sie noch im Zimmer war. Der Captain lehnte das Angebot dankend ab und die Frau verließ leise den Raum.
"Ich habe Ihre Sachen aus dem Motel zum Wechseln mitgebracht." Simon stellte die Tasche neben dem Bett ab, nachdem er leise das Zimmer betreten hatte - als würde Blair lediglich schlafen und würde er ihn nicht wecken wollen... "Wie geht es dem Jungen?" Mit gemischten Gefühlen betrachtete er die stille Figur vor sich.
"Unverändert, Simon", erwiderte der Sentinel monoton. Schließlich wandte er sich der Tasche zu. "Ich nehme die Sachen gleich mit zum Loft."
Perplex näherte sich der Captain Jim. "Sie wollen also tatsächlich ins Bett?" Man erkannte, dass Simon sehr überrascht war.
Nein. Ich werde mir die Szene dort noch mal anschauen. Was gibt es denn Neues? Hat Thompson sich schon gemeldet?"
"Sie wollen was? Jim, das können durchaus auch andere für Sie übernehmen, wir alle haben Verständnis..."
"Nein", fiel der Sentinel ihm ins Wort. "Ich werde doch nicht hier tatenlos zusehen, wie..." Er driftete ab. Er wusste eigentlich nicht, was er sagen wollte. Wie Blair langsam stirbt? Er hoffte, dass dies nicht zutreffen würde, aber er war sich natürlich auch nicht sicher, dass der Junge es schaffen würde...
"Jim, Sie helfen doch Sandburg nicht damit, wenn Sie in Ihrem Zustand jetzt noch zuhause mit einer Ermittlung anfangen."
Der Detective schüttelte vehement den Kopf. "Die Ärzte wissen immer noch nicht, was mit Blair ist. Ich kann nicht glauben, dass es Zufall ist, dass gerade kurz nach dem Einbruch Blair so stark erkrankt ist."
Überrascht blickte Banks Jim an. "Sie meinen, es könnte ein Anschlag gewesen sein?"
Der Sentinel schaute traurig und müde zu seinem Captain hinauf. "Anders kann ich mir das hier nicht erklären, Simon. Was sonst soll das ausgelöst haben?" Erwartungsvoll betrachtete er Simons Reaktion, dieser wirkte sehr nachdenklich. "Ich habe die Ärzte darum gebeten, sein Blut nach Giften oder Ähnlichem zu untersuchen, aber sie haben nichts gefunden..." Jim rieb sich seine Augen, er war zwar sehr übermüdet aber im Angesicht der Situation konnte er sowieso nicht schlafen.
"Ich sage Ihnen etwas, Jim. Ich erlaube Ihnen, in diesem Fall mitzuarbeiten, meinetwegen ihn auch zu übernehmen, aber nur unter einer Bedingung - Sie gönnen sich vorher mindestens sechs Stunden Schlaf, Ok?"
"Sir, ich kann jetzt nicht schlafen!" Mit einem unschuldigen Blick sah Jim zu Simon auf und hoffte, dieser würde Verständnis zeigen.
"Dann nehmen Sie etwas ein oder was auch immer. Entweder Sie gehen auf mein Angebot ein oder Sie lassen es bleiben." Man erkannte an Simons Tonfall, dass er es Ernst meinte.
Der Sentinel willigte, wenn auch nicht ganz freiwillig, ein und blickte auf seinen kranken Freund. Wer auch immer dir das angetan hat, er wird dafür büßen, das verspreche ich dir, Blair!