Disclaimer siehe Fan-Fiction Seite.

Ok, ich wollte schon immer mal eine Reihe von Folgen nach meinem Geschmack neu gestalten. Wieso gerade diese Episode mein erstes Opfer war, weiß ich auch nicht, eigentlich gefiel sie mir sehr gut, es war wohl mehr Zufall. Dennoch hier meine Version von "The Real Deal". Ich hoffe, ich komme schon bald zu weiteren Folgen :o)

Ein liebes Dankeschön an meine Beta-Readerin! Alle verbleibenden Fehler sind natürlich dennoch die meinen.


Die Stunde des Jägers

Alternatives Ende zur Folge
"Der Gejagte wird zum Jäger"


von Mishale

Beta-Read von
Chance

Oktober 2000




Sie waren schon eine ganze Weile im Schlafzimmer des überteuerten Apartments. Beide saßen auf der Kante des Bettendes und harrten der Dinge aus. Neben dem Bett lag noch immer die zertrümmerte Nachttischlampe, die Megan zuvor auf den Boden geworfen hatte um die Situation authentischer wirken zu lassen.

"Wir sind schon 'ne ganze Zeit lang ziemlich ruhig gewesen. Vielleicht sollten Sie mal kreischen oder so was Ähnliches..." Grinsend blickte Blair zu seiner Kollegin hinüber und fasste sich dabei an seinen Mund.

"Bitte? Und woher wollen Sie wissen, dass Anthony so begabt ist?" Vielsagend blickte Megan Sandburg an. "Ich denke, Sie sollten schreien."

"Ich? Ich glaube eher, dass Anthony Sie zum Schreien bringt." Blair rieb sich weiterhin an seiner Lippe.

"Was ist denn los?", fragte Megan, als sie seine Bewegungen wahrnahm.

Blair fasste sich erneut an seine Unterlippe. "Sie haben mir vorhin beim Küssen auf die Lippe gebissen, sehen Sie?" Auffordernd zeigte er seiner attraktiven Partnerin die Stelle.

"Ja?", fragte Megan unschuldig.

"Ja", antwortete Blair darauf und tat wehleidig.

Megan lächelte Sandburg an. "Es sollte doch nur überzeugend aussehen..."

"Das hat es bestimmt...", erwiderte Blair sanft.

Instinktiv näherte er sich seiner hübschen Kollegin - sie tat es ihm gleich. Langsam kamen sie sich näher und als sich fast ihre Lippen berührten, war es Blair als fühle er ein Knistern in der Luft, wie eine elektrische Entladung. Vorsichtig schloss er seine Augen und setzte zum Kuss an. Im letzten Moment aber besann sich Megan eines anderen und fuhr zurück.

"Noch fünf Minuten dürften genügen. Und bringen Sie Ihre Sachen ein wenig in Unordnung."

Blair stimmte ihr nickend zu und begann sich seine Jacke auszuziehen. War er zu weit gegangen? Er schielte zu Megan, die verlegen wegschaute.

Plötzlich sprang mit einem lauten Knall die Tür auf. Marika hatte sie eingetreten. Bentley kam mit vorgehaltener Waffe in den Raum, die weibliche Bodyguard folgte ihm.

Megan reagierte energisch, aber blieb bei ihrer Rolle: "Marika. Mr. Bentley! Das ist empörend!"

Bentley visierte die beiden an. "Halten Sie den Mund!"

Währenddessen durchwühlte Marika Megans Handtasche. Zum Vorschein kam Connors Dienstwaffe. "Neun Millimeter", informierte die weibliche Bodyguard ihren Chef monoton.

"Sie ist also ein Cop." Er klang nicht sehr überrascht. Nach den Informationen, dass McQueen ein Bulle namens Ellison und sie nicht die wahre Mrs. Sommerset war, hatte er nichts anderes erwartet.

"Na los! Aufstehen!" Er untermalte seine Aufforderung durch entsprechende Bewegungen mit seinem Revolver.

"Rufen Sie Shannon an, wir treffen sie dann in der Parker Street", meinte er zu Marika ohne die beiden Gefangenen aus dem Auge zu lassen. Sie holte ihr Mobiltelefon hervor und wählte die Nummer ihrer Chefin.




"Na schön, was machen wir jetzt mit ihnen?" Marika wurde langsam ungeduldig, weder die vermeintliche Mrs. Sommerset noch ihr unbekannter Begleiter verrieten ein Wörtchen, wie viel die Polizei gegen sie in der Hand hatte, egal, mit was man ihnen drohte.

Bentley grinste von einem Ohr zum nächsten. "Ich glaube, ich habe eine wundervolle Idee. Stehen Sie auf! Na los, Sie beide!"

Zähneknirschend taten Megan und Blair, was man ihnen unter vorgehaltener Waffe befahl. "Was haben Sie mit uns vor?"

"Genau John, was hast du mit ihnen vor?" Shannon trat näher heran.

"Zuerst werden wir sie von hier mal wegschaffen. Ellison kennt diesen Ort, wir sind hier nicht sicher. Er wird hier als erstes nach uns suchen."

Nickend gab Shannon ihm schweigend Recht.

"Aber zuerst werden wir ihm noch eine kleine Überraschung bereiten. Die beiden mögen vielleicht nicht singen, aber im Endeffekt ist es auch egal, wenn wir erst einmal hier weg sind..."




Mit seiner Dienstwaffe voraus eilte Jim in das Gebäude, in dem Bentley und Shannon ihre Schießstand hatten. Er war sich eigentlich sehr sicher, dass sie hier sein mussten, aber aus irgendeinem Grunde, hatten sie sich umentschieden.

Vorsichtig lugte er durch die Tür. Sein geschärfter Hörsinn sagte ihm, dass sich im ganzen Gebäude keine Person aufhielt. Aber er nahm ein anderes beunruhigendes Geräusch wahr - eine tickende Uhr. Langsam näherte er sich dieser.

Es war ein gewöhnlicher Wecker, nicht, wie er erst erwartet hatte, eine Bombe. Erleichtert seufzte er, aber seine Freude hielt nicht lange an. Bei der kleinen Uhr lag ein Zettel. Mit Hilfe seines Talentes konnte er die Nachricht darauf im Dunkeln lesen:

Hallo Detective Ellison! Sie suchen sicher Ihre Kameraden? Aus organisatorischen Gründen, die Sie sicher verstehen werden, mussten wir sie leider zu einem sicheren Ort verlegen. Sie haben genau eine Stunde um die beiden zu finden. Andernfalls dürften Sie nicht mehr viel Freude an Ihnen haben. Viel Glück Detective.

Wütend zerknüllte Jim den Zettel und warf ihn gegen die Wand. Er starrte auf die Anzeige der Uhr vor ihm: Sie zeigte 0:07 Uhr, also hatte er noch 53 Minuten. Er schien Bentley und die anderen nur knapp verfehlt zu haben...




Langsam öffnete er seine Augen, sein Kopf schmerzte. Er betrachtete die Umgebung, aber wusste nicht, wo er sich befand. Mit einem brummenden Schädel richtete er sich auf. Eine Glühlampe, die oben an der Decke hing, war die einzige, magere Lichtquelle im Raum. Um ihm herum sah er viele Kisten und ein paar alte Möbel, Stufen führten hinauf. Daraus folgerte er, dass er sich in einem Keller befand.

Stöhnend stand er auf und stapfte die Treppe hinauf, aber die Tür oben war wie erwartet verschlossen. Von der obersten Stufe aus betrachtete er den Raum erneut. Nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo er zuvor lag, sah er eine Figur auf dem Boden.

"Megan!" Er lief die Stufen hinab und eilte zu seiner Kollegin um sie leicht wachzurütteln. Nach einigen Sekunden bewegte sie sich und Blair half ihr sich aufzurichten.

"Ganz vorsichtig, Ok?"

"Was ist passiert? Wo sind wir hier?" Sie fasste sich an ihren Kopf. Vermutlich hatten sie beide einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen.

"Wir sind scheinbar in irgendeinem Keller verfrachtet worden."

Sie nickte nur. Das letzte, woran sie sich noch erinnern konnte, war, wie sie beide mit Bentley, Shannon und Marika in einem Gebäude mit Schießständen waren. Sie wurden ausgefragt, verrieten aber nichts. Schließlich entschloss sich Bentley, sie woanders hinzubringen...

"Wie geht es Ihnen? Sind Sie Ok?" Blair betrachtete besorgt ihre Beule am Kopf, soweit das im Dämmerlicht möglich war. Sie nickte wieder nur kurz.

"Haben Sie eine Ahnung, was man uns gespritzt hat?" Sandburg blickte ihr tief in die Augen.

Zuerst wusste Megan nicht, wovon Blair sprach, dann fiel es ihr wieder ein: Bevor sie bewusstlos geschlagen wurden, hatte man ihnen irgendetwas injiziert...

Sie schüttelte den Kopf. "Nein, aber es war sicher nicht für einen ruhigeren Schlaf gedacht." Sie stand mit wackeligen Beinen auf und der junge Anthropologe stützte sie dabei ein wenig.

"Und Sie sind sicher, dass es Ihnen gut geht?", erkundigte er sich noch einmal.

"Ja, sicher. Und bei Ihnen?"

"Alles Ok... Noch..."




Jim lief von einem Ende des Zimmer ins andere, machte kehrt und lief die gleiche Strecke wieder zurück, nur um von dort aus wieder umzudrehen und...

"Jim bitte, lassen Sie das!"

Der Sentinel beachtete die Worte seines Captains nicht. "Simon, das hilft uns alles nicht weiter. Blair und Megan haben nur noch etwas über eine halbe Stunde. Wir müssen irgendetwas übersehen haben."

Banks seufzte. "Ihnen ist wohl klar, dass es sich hierbei nur um ein Ablenkungsmanöver handelt? Bentley und die anderen machen sich just in diesem Moment aus den Staub."

"Das weiß ich Sir, aber wir können es doch nicht darauf ankommen lassen. Möglich, dass er nur blufft, aber es kann genauso gut sein, dass die beiden irgendwo festsitzen - mit einer Bombe im Nacken."

"...oder bereits tot sind", flüsterte Simon.

"Das habe ich gehört!" Jim stemmte seine Arme auf den Schreibtisch seines Vorgesetzten und blickte vorwurfsvoll auf ihn herab. "Simon, wir müssen handeln, und zwar jetzt!"




"Ok John, was nun?" Shannon blickte Bentley erwartungsvoll an.

"Wir werden uns für die erste Zeit in Mexiko niederlassen."

"Mexiko? Man sucht uns im ganzen Bundesstaat, überall gibt es Straßensperren und die Flughäfen sind auch alarmiert."

Bentley nickte. "Richtig, und deswegen habe ich Vorkehrungen getroffen. Ein alter Freund schuldet mir einen Gefallen, ihm kann man vertrauen. Er hat zugewilligt uns einer seiner Privatflugzeuge zu ‚leihen’. Wir fliegen von einem kleinen regionalen Flughafen ab. Es gibt also keinen Grund zur Sorge. Dort findet uns Ellison nie."

Scheinbar fürs Erste zufriedengestellt eilte Shannon ihrem Kollegen hinterher, hinaus zum Wagen. John schien tatsächlich an alles gedacht zu haben und die einzigen Laster - die Polizistin und ihr Gefährte - würden auch schon bald für immer verstummen...




"Haben Sie das gehört?" Megan entfernte sich wieder von der Tür, die zum Keller führte.

"Ja, laut und deutlich." Blair lehnte sich schwer gegen die Tür und schloss die Augen. In was waren sie da wieder hineingeschlittert? Was hatte man ihnen verabreicht? Wo befanden sie sich? Er öffnete erschrocken wieder die Augen, als er bemerkte, dass Megan mit ihm sprach.

"Hey, alles in Ordnung?" Sie fasste kurz an seine Stirn aber er zuckte zurück.

"Ja, ja, ich war nur etwas in Gedanken versunken..."

"Sie sind ziemlich blass und haben leicht erhöhte Temperatur. Vielleicht die ersten Symptome, von dem Gift, das man uns injiziert hat." Sie ging einige Stufen hinab. "Kommen Sie, wir sollten uns ein paar Decken suchen, bevor sich das Fieber weiter erhöht."

Blair nickte, er fühlte sich tatsächlich ein wenig unbehaglich. Ihm war schwindlig und die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Außerdem konnte er sich nicht helfen, aber ihm wurde von Minute zu Minute kälter. Er fragte sich, ob Megan die gleichen Symptome hatte. "Wie geht es Ihnen?", erkundigte er sich schließlich, nachdem sie eine Decke gefunden hatten. Mehr war wohl nicht aufzutreiben.

Sie setzten sich nebeneinander gegen einen Schrank, Megan überließ ihm die Decke. "Lediglich noch etwas Kopfschmerzen, aber sonst soweit Ok. Mich ärgert es nur, dass wir hier nichts unternehmen können und auf Hilfe angewiesen sind."

Zuvor hatten sie versucht die Tür mit Hilfe der verschiedensten Gegenstände zu öffnen - aber ohne Erfolg, sie war zu robust und das Schloss für eine normale Kellertür ungewöhnlich einbruchsicher. Vermutlich wurden hier öfter Personen ein- oder weggesperrt...




In Windeseile durchstöberte Jim die Dateien des Hydro-Konsortiums. Mit Hilfe von Vince’ Passwörtern kamen sie an viele Dateien heran, aber bisher war nichts Hilfreiches dabei. Der Computer spuckte zwar eine ganze Reihe von Adressen aus, aber meistens handelte es sich nur um die von Klienten oder Häuser, in denen sie ihre Mandanten ‚zum Schutz’ hinbrachten. Keine der Informationen schien wirklich brauchbar zu sein.

"Hier, ich habe etwas!", platzte Vince heraus. Jim sah auf aber schenkte ihm kaum Beachtung.

"Was denn, Vince. Wenn es wieder nur eine unbrauchbare Adresse ist, wo..."

"Nein, nein, Detective. Dieses Mal habe ich scheinbar voll ins Schwarze getroffen, sehen Sie selbst!" Er zeigte auf eine Stelle im Bildschirm, wo ein Straßenname vermerkt war, leider ohne Ortsangabe...

Jim kam zu ihm herüber und las leise, was auf dem Bildschirm stand. Es handelte sich scheinbar um eine Art Protokoll oder Bericht eines Bediensteten, der jemanden in ein Gebäude gebracht hatte um ihn dann dort zu verhören. "Stetson Street", murmelte der Sentinel. Er wusste nicht wieso, aber er hatte das Gefühl, dass sein Guide sich genau dort aufhielt - wo auch immer das sei.

Er klopfte Vince auf die Schultern. "Gut gemacht, jetzt müssen wir nur noch wissen, wo das ist." Er zog sein Handy hervor und wählte die Nummer seines Chefs an. Während er darauf wartete, dass dieser abnahm, blickte er in ein sichtlich stolzes Gesicht vor sich. Jim konnte nicht anders und musste leicht grinsen.

"Banks", meldete sich schließlich jemand auf der anderen Seite.

"Ja Sir, ich bin’s, Ellison. Wir haben jetzt die Adresse, aber nur die Straße: Stetson Street." Er hörte, wie Simon jemanden die Anweisung gab, den passenden Ort dazu herauszusuchen.

"Das haben wir gleich, eine Sekunde."

Jim warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Eine Sekunde war gut, Blair und Megan hatten nur noch knapp zwanzig Minuten, jede Sekunde zählte...




Blair spürte deutlich, wie Megan neben ihm nun ebenfalls anfing am ganzen Körper zu zittern. Er lugte vorsichtig zu ihr hinüber - auch sie war jetzt ziemlich weiß um die Nase und man erkannte im Dämmerlicht, wie ihr Gesicht leicht feucht glänzte.

"Hier." Er reichte ihr die Decke herüber.

"Nein, nein", wehrte sie ab.

"Machen Sie mir nichts vor, ich höre Ihre Zähne ja bis hierhin schlottern." Er grinste.

Sie erwiderte das Grinsen. "Na gut, jeder die Hälfte, Ok?" Sie nahm sich einen Teil des Stoffes und bedeckte so ihre linke Hälfte.

Es verstrichen einige Minuten - Minuten, in denen die beiden sich nur anschwiegen. Megan konnte hören, wie es Blair immer schwerer fiel normal zu atmen. Sie fragte sich, weshalb er auf dieses Gift besser und schneller ansprach, als sie...

"So geht das nicht", meinte Blair nach einer Weile mit zittriger Stimme.

Besorgt blickte Megan ihn von der Seite an. Sie nickte und reichte ihm ihre Hälfte der Decke.

"Nein, nein, nein." Er winkte sie mit seiner Hand zu sich heran. Sie kam näher. "Setzen Sie sich hierher", flüsterte Blair und zeigte vor sich.

Megan wusste, worauf er hinaus wollte, es war eine logische Schlussfolgerung, dass sie sich gegenseitig Körperwärme abgaben. Dennoch war es ihr unangenehm...

Schließlich entschied sie sich seinem Vorschlag nachzugehen. Es wäre für sie beide einfacher so. Vielleicht konnten sie auf diese Weise ein paar Minuten gewinnen, in denen Jim und die anderen vom Team sie finden konnten.

Vorsichtig setzte sie sich an die besagte Stelle und lehnte sich gegen ihn. Sie nahm die Decke und umwickelte sie beide damit wie einen Kokon. Sie spürte das sanfte auf und ab des Körpers hinter ihr und das regelmäßige Herzklopfen in seiner Brust. Entspannt kuschelte sie sich in seine starken Arme und schloss für einen kurzen Moment die Augen...




Mit Sirenengeheul raste Jim - mit einem halben Dutzend Polizeiwagen im Schlepptau - in die Stetson Street in Milltown, einem Vorort von Cascade.

Simon stieg aus seinem Wagen und gab den anderen Beamten die Anweisung, sie sollten ein Haus nach dem anderem Untersuchen, da sie noch immer nicht die Hausnummer kannten.

In gewohnter Weise zog Jim seinen Revolver aus dem Halfter und versuchte nach dem Geräusch zu lauschen, das ihn zu seinem Guide führen würde - Blairs Herzklopfen. Er lief zielstrebig von einem Haus zum nächsten, betrat es kurz, konzentrierte sich auf sein Gehör und befand schließlich, dass er sich in diesem Gebäude nicht aufhielt.

Hinter sich hörte er die Spürhunde bellen. Sie würden auch nur eine Hilfe sein, wenn sich hier tatsächlich eine Bombe befinden würde, was ja noch nicht klar war...

Resigniert schaute er auf die Uhr - die beiden hatten noch knapp fünf Minuten und die Straße hatte über einhundert Straßennummern...




Aufgeschreckt fuhr sie hoch. Sie musste einige Male blinzeln um zu realisieren, wo sie war. Hinter ihr nahm sie Blair wahr, dessen Atmung unregelmäßig geworden war. Er schien ebenfalls eingenickt zu sein. Ruhig richtete sie sich gerade so auf, dass sie ihm an die Stirn fassen konnte, die förmlich brannte.

Sie begann vorsichtig an ihm zu rütteln, denn sie machte sich jetzt doch starke Sorgen. "Sandy? Sandy!" Es half nichts, er wollte nicht aufwachen. Stattdessen begann er nur zu husten, was weitere Sorgenfalten auf ihrer Stirn entstehen ließ.

Sanft fuhr sie über sein leicht feuchtes und blasses Gesicht. Sie hatte zuvor nicht gewagt auch nur daran zu denken, aber was wäre, wenn die Kollegen nicht mehr rechtzeitig kommen würden? Megan schüttelte den Kopf, als könnte sie so alle böse Gedanken von sich weisen.

"Blair", flüsterte sie und glitt mit ihrer Hand von seinen Schläfen in seine Haare.

Als hätte er sie dieses Mal gehört, öffnete er langsam einen Spalt weit seine Augen. "Hallo", flüsterte Megan weiter. "Ich hatte schon Angst, Sie würden mir gar nicht mehr aufwachen."

Sandburg grinste nur zaghaft und hob leicht seine Hand.

Megan nahm sie in die ihre. "Sie müssen ruhig liegen bleiben. Jim ist sicher schon auf dem Weg hierher, halten Sie durch."

Sie blickten sich für einige Sekunden nur tief in die Augen. Megan konnte an seiner Hand seinen schwachen Puls spüren. Mit ihrer freien Hand strich sie ihm zart über die Wangen. "Halten Sie durch, tun Sie es für Jim..." Sie blickte traurig nach unten. "Tun Sie es für mich", fügte sie so leise hinzu, dass er es kaum hören konnte.

Blair hob seine Hand weiter an und strich ihr ebenfalls über die Wange. "Für Sie würde ich alles tun", presste er leise und sichtlich unter Schmerzen hervor. Er hob mühselig seinen Kopf ein wenig an und kam ihr so näher. Megan konnte nicht widerstehen und kam ihn entgegen. Ihre Lippen berührten sich und Blair fühlte noch einmal eine Energie, die ihn durchfloss, eine Wärme, die seine schwachen Glieder durchdrang, bevor er sich entgültig der Dunkelheit ergab...




Kopfschmerzen plagten ihn, aber Jim beachtete sie gar nicht. Er musste seine Freunde binnen zwei Minuten finden oder... Oder was? Oder 'Bumm'? Vielleicht war es wirklich nur ein Bluff? Aber so viel Glück hatten Blair und er nicht. "Wieso schaffen Sie es jedes Mal in solche Schwierigkeiten zu geraten?", murmelte er vor sich her und tadelte sich im gleichen Moment dafür, da er sich lieber auf seine Sinne konzentrieren sollte.

Plötzlich überkam Jim ein merkwürdiges Gefühl, wie eine Art Adrenalinschub. Er suchte die Gegend ab und sah mit einem Mal sein Zielobjekt: Ein unscheinbares Vorstadthäuschen, dort mussten sie sein. Sein Instinkt befahl es ihm regelrecht, genau dort hinzulaufen.

Er überging die anderen Häuser, die eigentlich an der Reihe gewesen wären und rannte zielstrebig auf das Gebäude mit der Hausnummer 35 zu. Von hinten hörte er Simon nach ihm rufen. Nur kurz danach hörte er erneut die Stimme seines Captain, wie er ihm Verstärkung hinterherschickte. Gedanklich lobte Jim Simon dafür und rammte ohne Vorwarnung die Tür ein.

Und da war es - das Geräusch, das er die letzten paar Minuten so angestrengt gesucht hatte: Das Herzklopfen seines Guides. Es war sehr schwach und damit selbst für ihn kaum zu hören. Er registrierte noch ein solches Geräusch - das musste Megan sein, ihr Rhythmus war zwar auch unregelmäßig, aber er raste.

Ohne Umwege lief er zur Kellertür. Er bekam sie nicht gleich auf und schoss sich einfach durch. Er brauchte zwar einige Versuche, aber schließlich gab der Erfolg ihm Recht: Die Tür sprang beim vierten Schuss auf.

"Blair? Megan?" Jim steckte seine Waffe weg und eilte die Stufen hinunter. Es verschlug ihm den Atem, als er die beiden auf dem Boden kauernd vorfand. Megan starrte ihn mit angstgefüllten Augen von unten herauf an. Sie musste unter Schock stehen, denn sie zitterte am ganzen Leib und bekam kein Wort heraus. Dennoch spürte er Hitze, die von ihr und auch von Blair ausging.

Der Sentinel kniete sich zu ihnen beiden herab und untersuchte Blairs Gesundheitszustand. Sofort bemerkte er, dass es sehr schlecht um seinen Freund stand und Megan schien es nicht viel anders zu ergehen. "Was ist passiert?", wandte er sich wieder an seine Kollegin.

Megan starrte auf Blair und schluckte. "Sagen Sie, dass er wieder gesund wird", flüsterte sie. Nach einer kurzen Pause, die Jim wie eine Ewigkeit vorkam, fuhr sie fort: "Bentley ließ Marika uns etwas injizieren, keine Ahnung, was das war."

In diesem Moment kamen die Sanitäter herunter. Sie bekamen noch mit, was Megan sagte und nickten kurz. "Ok Detective, von hier an übernehmen wir. Machen Sie bitte etwas Platz für die Tragen." Sie hoben Blairs scheinbar leblosen Körper an und verfrachteten ihn auf eine der Tragen. Megan fasste noch einmal kurz nach seiner Hand und ließ sich dann selber auf eine der Tragen heben.

Jim wich nicht von Blairs Seite. Er folgte den Sanitätern bis zum Rettungswagen und lief dann zu seinem Wagen um ihnen zu folgen. Nur wenige Sekunden später setzte sich die Karawane in Gang...




Leise klopfte Simon an die Tür zu Blairs Krankenzimmer. Jim brauchte nicht aufzuschauen um zu erkennen, wer daraufhin in den Raum trat.

"Gute Nachrichten Jim. Soeben haben wir Bentley, Shannon und Miss Peels festgenommen. Sie waren gerade im Begriff das Land mit Hilfe eines Privatflugzeuges auf einem kleinen Flugplatz nicht weit von hier zu verlassen. Hätten Megan und Blair deren Gespräch nicht belauscht, hätten wir sie vielleicht nie bekommen und..." Simon hielt abrupt inne. Der Sentinel hörte ihm gar nicht zu, als sei es ihm egal.

"Jim?" Er kam näher und legte seinem Freund eine Hand auf dessen Schulter. "Der Junge schafft es, davon bin ich überzeugt. Megan ist ja bereits auch über den Berg, das Gegengift hat gewirkt. Sie werden sehen, morgen um diese Zeit macht er schon wieder seine Späße auf Kosten anderer."

In Jims Mine änderte sich nichts. Für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte Simon, Jim würde zonen...

"Das sehen die Ärzte nicht so optimistisch", erwiderte der Sentinel schließlich. "Sie sagen, dass er noch immer in einem kritischen Zustand ist und erst die nächsten Stunden beweisen werden, ob er es schafft."

Simon seufzte. Er kannte die Worte der Ärzte, er war ja schließlich selber dabei gewesen, als sie darüber informiert wurden. Er wollte gerade noch etwas dazu sagen, als ihm Jim zuvor kam: "Bitte lassen Sie mich jetzt ein wenig allein, Ok?"

Verwundert starrte Simon seinen besten Detective und Freund an, aber kam schließlich seinem Wunsch nach. "Wenn Sie noch etwas brauchen, sagen Sie es, Ok?" Er schlenderte zur Tür.

"Das einzige, was ich jetzt brauche, ist, dass der Junge wieder heil und gesund aufwacht." Mit diesen Worten nahm Jim Blairs Hand in die seine und drückte sie sanft, in der Hoffnung, dass irgendetwas in Blair das registrierte und ihn dazu bewegte zu ihm zurückzukommen.

Simon nickte und öffnete die Tür. Er blickte noch einmal wehmütig auf sein bestes Team und verließ das Zimmer.

Im gleichen Moment, in dem der Captain gerade die Tür hinter sich schloss, stöhnte Blair leise. Sofort reagierte Jim. "Sandburg? Blair? Hey, kommen Sie, ich weiß, dass Sie das können, wachen Sie auf!"

Langsam blinzelte Blair, zum Vorschein kamen müde, aber dennoch strahlend, dunkelblaue Augen, von denen Jim für einen kurzen Moment geglaubt hatte, er würde sie nie wieder sehen...

Mit einem überglücklichen Lächeln begrüßte er seinen Freund aus dem Land der Träume. "Hey Häuptling. Ich dachte schon, Sie wollten die ganze Woche durchschlafen."

Blair grinste zaghaft. "Das wären doch für Sie ganze sieben langweilige Tage geworden." Er machte eine kurze Pause und blickte sich mit ernsterer Mine um. "Wie geht es Megan?"

"Sie ist schon vor fast einer Stunde aufgewacht und gab uns den entscheidenden Tipp, wo wir Bentley, Shannon und Marika finden würden. Es war eine saubere Verhaftung." Er hielt kurz inne, als er bemerkte, wie Blair langsam abdriftete. "Sie sollten sich lieber ausruhen, ich bleibe noch ein wenig hier, Ok?"

Blair nickte und war auch schon wieder weg. Jim informierte kurz die Ärzte und rief Simon zurück um sich dann direkt wieder an die Seite seines Guides zu setzen.




Sentinel und Guide betraten gemeinsam das Police Department - nach einer Woche Krankenhausaufenthalt und strenger Bettruhe für Blair. Und dass diese streng war, konnte Blair ohne Probleme bezeugen, dafür hatte sein ‚Gesegneter Beschützer’ schon gesorgt.

Die beiden meldeten sich kurz bei Simon und gingen dann an Jims Schreibtisch um den neuesten Fall, den sie gerade erhalten hatten, vorzubereiten.

Jim saß am Tisch, während Blair ihm auf der anderen Seite gegenüberstand und so Megan nicht kommen sah. Der Sentinel registrierte sie aber...

"Oh Sandburg, ich muss noch einmal kurz mit Simon etwas klären." Er stand auf und machte sich auf den kurzen Weg zum Büro des Captains. Blair machte Anstalten ihm zu folgen, als er plötzlich eine vertraute Stimme von hinten hörte.

"Hallo Blair." Sie klang ein wenig verlegen, fast schon schüchtern...

Er drehte sich um und blickte Megan direkt in die Augen. "Hi Megan."

Grinsend betrat Jim Simons Büro. Der Captain blickte auf. "Was ist nun schon wieder?"

Der Sentinel zeigte nur kurz mit dem Daumen hinter sich. Simon folgte mit seinem Blick dieser Richtung und blieb unweigerlich bei Blair und Megan hängen, die sich beide sichtlich verlegen gegenüberstanden... Neugierig stand er auf um ein besseres Blickfeld zu haben...

"Sind Sie wieder fit, ja?" Megan kniff Blair leicht in den Arm.

"Ja", erwiderte dieser nur. "Und Sie, bei Ihnen auch wieder alles Ok?"

Sie nickte zaghaft und blickte leicht um sich. "Wir werden beobachtet", zischte sie zwischen den Zähnen hervor.

Blair näherte sich ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr: "Ich weiß. Wie wäre es, wenn wir uns ein ruhigeres Plätzchen suchen?" Ein Grinsen tat sich in deren beiden Gesichtern breit.

Er reichte nach ihrer Hand. Sie konnten förmlich spüren, wie alle im Raum ihren Atem anhielten. Man hätte im wahrsten Sinne des Wortes eine Nadel fallen hören können.

Blair winkte dreist mit seiner freien Hand in die Runde und bedachte auch seinen perplexen Partner und Chef im separaten Büro, bevor er und Megan mit einem dämonischen Lächeln und Hand in Hand das Großraumbüro verließen und somit auch die Reichweite der protestierenden Kollegen...


Ende


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