Antwort auf Challenge Lel2 und Lel3

Ich habe beide Challenges in eine Story gepackt. Eigentlich wollte ich nur auf Nr.3 antworten, aber mir sind dann Bedingungen aus Nr.2 in den Sinn gekommen, die einfach zu gut hineinpassen. Da Lelaina gesagt hat: "Alles oder nix, sonst gibt`s keinen Keks.", hab ich mich für "Alles" entschieden. <g>

Challenge Lel2:

- es muss eine Verfolgungsjagd darin vorkommen.

- jemand sagt: "Ich liebe Dich!" (awwww;-)) Zu wem ist egal, in welchem Zusammenhang (platonisch, erotisch, ödipal;-)) ist egal.

- jemand bekommt ein Geschenk.

- folgende drei Wörter müssen in einem Satz (sinnvoll) vorkommen: Springbrunnen, Engel, Scharfschütze.

- ein good guy und ein bad guy müssen in der Story vorkommen und dort eine wesentliche, gut ausgeschmückte Rolle / Persönlichkeit haben.


Challenge Lel3:

- es gibt eine Schiesserei

- jemand kriecht durch ein Abluftrohr, einen Belüftungsschacht oder die Kanalisation (oder ähnliches).

- ein Kind muss eine wichtige Bedeutung haben.

- die Story muss mit dem Satz: "Sag nachher nicht, ich hätte Dich nicht gewarnt!" beginnen und mit dem Satz: "Und habe ich es nicht gesagt?" enden.

- eine Haarbürste, eine rote Corvette und eine Ananas müssen in der Story vorkommen (möglichst mit einer signifikanten Bedeutung)


Disclaimer: Jim, Blair und Simon gehören nicht mir, sondern Pet-Fly Productions und Paramount Pictures.

Vielen lieben Dank an Pat für das schnelle, trotzdem äußerst gründliche und einfach sehr, sehr gute, beta-read! Es hat Spaß gemacht! <g>

Kein typischer Tag! Oder?

von Sinaida

Beta Read von Pat :-)



"Sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!"

"Sandburg, würdest du bitte endlich aufhören?"

Blair seufzte.

"Ich will nur sicher gehen, dass dir klar ist, worauf du dich da einlässt, Mann."

Jim warf ihm einen leicht gequälten Blick zu und deckte weiter den Frühstückstisch.

"Du hast mir das die letzte halbe Stunde lang ausführlich erklärt."

Er hob abwehrend die Hände um einen erneuten Wortschwall seines Partners im Keim zu ersticken.

"Ja, ja, ich weiß, das war nur Theorie und die Praxis sieht wie immer ganz anders aus."

"Na ja, du bist eben nicht gerade der - äh - Kinder-Typ."

"Kinder-Typ? Was soll das?"

"Also ..."

Sandburg öffnete schwungvoll den Kühlschrank und inspizierte dessen Inhalt. In belehrendem Ton begann er aufzuzählen:

"Du bist ein Ordnungsfanatiker, bekommst einen Anfall, wenn Sachen länger als einen Tag irgendwo rumliegen, du brauchst das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben, was sicher genetisch bedingt ist, und...", er richtete sich kurz auf und zielte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Jim um diesen Punkt besonders zu unterstreichen, "... du hasst es, wenn dich jemand die ganze Zeit mit unnötigen Fragen löchert. Kinder hingegen sind unordentlich, sie lassen ständig alles überall herumliegen, sie sind unkontrollierbar und sie stellen andauernd Fragen."

Jim lächelte.

"Nicht dein Tag heute, was, Häuptling?"

"Hm?" Blair kramte weiter im Kühlschrank.

"Klingt wie die Beschreibung von jemandem, mit dem ich seit über zwei Jahren die Wohnung teile. Und? Ich lebe noch! Also, noch was?"

"Nichts. Nein, nein, renne nur in dein Unglück", murmelte Sandburg abwesend. "Hey, Jim, wo ist meine Ananas?"

"Im Müll!"

"Was? Das war mein Frühstück, Mann."

"Ach ja? Das bezweifle ich. Die war inzwischen halb verfault. Ich konnte sie schon beim Aufstehen durch den geschlossenen Kühlschrank riechen. Wie lange muss man eine Ananas eigentlich liegen lassen, bis sie sogar im Kühlschrank vergammelt, hm?"

Blair zuckte nonchalant mit den Schultern und nahm sich eine Orange.

"Wie heißt die Kleine noch mal?"

"Sofia. Sie ist ziemlich aufgeweckt für ihre fünf Jahre. Ihr werdet euch sicher blendend verstehen. Nach deiner kleinen Ansprache eben ist mir klar geworden, dass ihr zwei viel gemeinsam habt."

"Witzig, Mann. Ganz abgesehen davon, *ich* hab kein Problem mit Kindern."

Jim warf einen Blick gen Himmel.

"Schon klar, Sandburg. Wie gesagt, ich werde es überleben."

Er nahm die Kaffeekanne aus der Maschine und stellte sie auf den Tisch.

"Außerdem, als Elaine mich gebeten hat übers Wochenende auf sie aufzupassen, konnte ich schlecht nein sagen. Schließlich habe ich ihr erst letzte Woche gesagt, dass sie auf mich zählen kann, wenn sie mal Hilfe braucht."

"Oh ja, berühmte letzte Worte. Hast du allen deinen ehemaligen Highschool Flammen so etwas versprochen?"

"Wie oft noch? Elaine ist keine ehemalige Highschool Flamme. Sie hat in unserer Nachbarschaft gewohnt, als wir Kinder waren. Das ist alles. Keine Romanze!"

"Na, wenn du`s sagst. Übrigens, ich mache mir weniger Sorgen um dich, als darum, dass ich dann wieder den Blitzableiter für deinen aufgestauten Ärger spielen darf, wenn du morgen Abend mit Kopfschmerzen in einer verwüsteten Wohnung sitzt."

Ein Klopfen an der Tür ersparte Jim die Antwort. Er warf einen Blick auf die Uhr.

"Oh, sind sie schon da? Sie wollten doch erst in einer Stunde kommen."

Sandburgs gemurmeltes "Siehst du, es geht schon los" ignorierend, ließ er die Besucher herein.

"Hi Jim!"

Elaine Porwadze lächelte strahlend. Sie schüttelte ein paar Schneeflocken aus ihren kinnlangen schwarzen Locken. Das hübsche kleine Mädchen an ihrer Seite wirkte wie eine Miniaturausgabe ihrer Mutter. Das gleiche dichte, glänzende Haar, die gleichen ausdrucksvollen braunen Augen.

"Elaine!"

Jim erwiderte das Lächeln und stellte Sandburg und Elaine einander vor.

"Ich bin etwas früher gekommen. Es schneit so furchtbar, da habe ich gedacht, dass ich lieber etwas eher losfahre. Hoffentlich sind die Straßen frei. Und - Jim, ich habe noch etwas im Auto, ein paar Sachen für Sofia, etwas Kleidung, Spielzeug usw."

"Ich helfe Ihnen schnell damit, kein Problem." Blairs Lächeln stand dem Elaines in nichts nach.

Jim unterdrückte ein Grinsen. Erstaunlich, wie schnell sich die Laune seines Freundes gebessert hatte.

"Das ist sehr nett, Mr. Sandburg."

"Oh, bitte, nennen Sie mich Blair"

"Okay ... Blair. Wenn Sie mich Elaine nennen."

"Gerne."

Jim räusperte sich und blickte angelegentlich zur Tür.

"Äh, ja, ich gehe schon. Wo steht das Auto?" Blair lächelte immer noch und nahm die Schlüssel, die Elaine ihm reichte.

"Direkt vor dem Haus. Die rote Corvette. Außer Sofia das Einzige, das mir von meiner Ehe geblieben ist."

"Lässt er dich jetzt wenigstens in Ruhe?", fragte Jim besorgt.

"Ich weiß nicht. Ich ...", sie warf einen nervösen Blick zu ihrer Tochter, dann blickte sie Blair bittend an. Der verstand den Wink.

"Ähm - hey, Sofia, willst du mitkommen und mir helfen die Sachen aus dem Auto zu holen?"

Das Mädchen sah seine Mutter fragend an und auf ein zustimmendes Nicken von ihr, nahm sie Blairs Hand und verließ mit ihm das Loft.

"Also?" Jim lächelte seiner alten Freundin aufmunternd zu, nachdem sie auf der Couch Platz genommen hatten.

"Das ist so eine Sache mit Giorgi. Er - lässt mich in Ruhe, ja, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass er mich verfolgt. Weißt du, ich bin sicher, dass er mir nichts tun wird, er ist kein gewalttätiger Mensch, er ist nur ..."

Sie holte tief Luft und zupfte nervös an den Fransen der Sofadecke.

"Ich habe Angst um Sofia. Seit dem ... Seit dem das mit seiner Schwester passiert ist ... Er hat sich verändert, Jim. Es hat ihn verändert."

"Was ist passiert, Elaine?"

"Letztes Jahr ... Kannst du dich noch an die Berichte über den Scharfschützen in Montpelier erinnern? Der, der unbedingt so berühmt werden wollte, wie der in Washington?"

Sie lachte bitter.

"Eine seltsame Art von Ruhm. Tamuna, Giorgis Schwester war sein zweites und letztes Opfer."

"Oh Gott, die schwangere Frau, die mitten auf dem Marktplatz erschossen wurde?"

Jim konnte sich noch sehr genau an die Bilder erinnern. Zufällig aufgenommen von einem Touristen, waren sie tagelang in den Nachrichten gewesen. Eine junge Frau, von der Kugel des Scharfschützen tödlich getroffen, sank am Rand des Springbrunnens unter den ausgebreiteten Flügeln eines steinernen Engels zu Boden.

"Ja! Am Engelsbrunnen. Ironie, oder? Sie hatte immer gesagt, dass sie diese Statue so liebt, weil sie sich genau so ihren Schutzengel vorstellt."

Elaine kämpfte mit den Tränen und wischte sich dann mit entschlossener Geste über die Augen.

"Giorgi hat weder ihren Tod verkraftet, noch die Tatsache, dass ihr Mörder als psychisch krank und daher nicht verantwortlich für seine Taten eingestuft wurde. Er begann zu trinken, verlor seine Arbeit und zog sich immer mehr in sich selbst zurück. Und dann begann er davon zu reden, dass er zurück möchte nach Georgien. Er hat gesagt, dass Amerika seine Seele vergiftet und er möchte nicht, dass seine Tochter hier aufwächst. Er hat gesagt, es sei ihm egal, ob ich gehe oder bleibe, denn ich sei auch nur ein Teil dieses verlogenen Landes."

Jetzt weinte sie.

"Hey, ist ja gut." Jim zog sie in seine Arme und strich ihr tröstend über den Rücken.

"Entschuldige! Ich wollte nicht ... Tut mir Leid ..."

"Schon in Ordnung."

Sie löste sich aus seinen Armen und lächelte verlegen.

"Danke, Jim. Es geht schon wieder. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja ... Giorgi will zurück in seine Heimat und ich habe Angst, dass er Sofia mitnimmt. Er hat nicht das Recht dazu, aber - er könnte sie entführen. Ich verstehe das nicht. Wie kann er nur freiwillig in einem Land leben wollen in dem alles so - so unsicher ist? Nur stundenweise Strom und Wasser und das mit einem kleinen Kind. Was ist, wenn sie krank wird, einen Arzt braucht? Versteh das richtig Jim, er ist völlig aus dem Gleichgewicht. Er ist nicht wirklich schlecht."

"Das sind die wenigsten Menschen. Trotzdem tun sie manchmal furchtbare Dinge. Oft aus den besten Motiven oder was sie dafür halten. Du denkst, er verfolgt dich?"

"Ich habe keine Beweise. Nur so ein Gefühl. Aber das ist unter anderem der Grund, warum es mir lieber ist, dass Sofia hier bleibt, während ich auf diesem Seminar bin. Sonst würde meine Mutter auf sie aufpassen, aber hier, bei dir, ist sie sicherer."

"Mach dir keine Sorgen, Elaine!"

Jim hörte Blair und Sofia das Haus betreten.

"Ich glaube die beiden kommen zurück."

"Tatsächlich? Woher weißt du das?"

Jim zuckte mit den Schultern.

"Wenn du dir kurz das Gesicht waschen möchtest ..."

Er stand auf und zeigte ihr das Bad.

"Hm, gute Idee. Meine Kleine hat schon genug mitgemacht und Mummy weinend ist nicht gerade das, was sie am Liebsten sieht."





Eine halbe Stunde und unzähligen Ermahnungen später hatte Elaine sich auf den Weg nach Portland gemacht.

Jim beobachtete Sofia, wie sie neugierig, ihre Lieblingspuppe im Arm, das Loft erkundete.

"Wo schlafe ich?"

Blair lächelte und öffnete die französischen Türen zu seinem Zimmer.

"Hier. Das ist dein Zimmer."

Sie sah sich um.

"Wer schläft sonst hier?"

"Ich."

Sofia blickte vom einen zum anderen.

"Und wo schläfst du dann, wenn ich in deinem Bett schlafe?"

"Auf der Couch."

"Warum schläfst du nicht bei Jim? Er hat genug Platz."

"Äh - das ist keine gute Idee."

Ein erstaunter Blick. "Warum?"

Jim begann umständlich zu erklären.

"Weil ... Er ist ein Mann und ich bin ein Mann. Männer schlafen nicht mitein... - äh, zusammen."

Heftiges Kopfschütteln.

"Jason und Mike, das sind unsere Nachbarn, die tun das aber."

"Ja, aber Blair und ich tun das nicht!"

Ein Blick aus großen Augen.

"Warum nicht?"

"Weil - wir das eben nicht tun."

Jim warf seinem Partner einen Hilfe suchenden Blick zu.

Blair beugte sich lächelnd zu ihr hinunter und sagte im Verschwörerton:

"Er schnarcht."

Jim schüttelte nur den Kopf. War das alles, was sein sonst so einfallsreicher Partner zu sagen hatte? Aber, Sofia schien damit zufrieden zu sein.

Sie erwiderte das Lächeln und flüsterte:

"Ach so."

Dann sagte sie lauter: "Danke schön, dass ich dein Zimmer haben kann, Mr. Sandburg."

"Bitte, gern geschehen. Und, Sofia, nenn mich ruhig Blair, okay?"

"Okay!" Sie strahlte ihn an. "Das ist ein schöner Name. Meine Barbie heißt auch so. Aber die ist jetzt zu Hause."

"Deine - Barbie?"

"Ja", wieder das Lächeln, "aber du hast schönere Haare. Darf ich dir eine Frisur machen?"

Wie durch Zauberei erschien in ihrer rechten Hand eine blaue Haarbürste in Form einer Meerjungfrau.

"Das ist Arielle. Natürlich ist es eine Bürste, aber sie sieht aus wie Arielle", erläuterte sie ernsthaft.

Sie hielt Blair das beschriebene Utensil unter die Nase. Der wich instinktiv einen Schritt zurück.

"Nein ... danke, das ist ... danke, Sofia."

"Okay." Sie zuckte mit den Schultern. "Krieg ich zum Frühstück Corn-flakes?"





Elaine lenkte ihren Wagen die Landstraße entlang, Richtung Portland. Sie genoss es, das schnelle Auto zu fahren. Es hatte aufgehört zu schneien und die Straße war, bis auf wenige glatte Stellen, trocken. Wie gut, dass Sofia bei Jim in Sicherheit war. Und bei Blair.

Elaine lächelte. Ihr waren seine Versuche, mit ihr zu flirten, nicht entgangen. Zugegeben, er war charmant. Etwas zu jung, für ihren Geschmack, aber, er gehörte zu den Menschen, die einen positiven Einfluss auf andere hatten.

Offensichtlich auch auf Jim.

Sie erinnerte sich noch gut an den Jim Ellison, den sie vor ein paar Jahren zufällig wieder getroffen hatte. In sich gekehrt, wachsam, verletzt und bereit zu verletzen.

Niemand, dem sie ihre Tochter anvertraut hätte.

Doch Jim hatte sich verändert. Und Elaine war sich sicher, dass der junge Mann, mit dem er das Loft teilte, einen entscheidenden Anteil daran hatte.

Sie fragte sich nur, was genau die beiden verband. Sie waren so verschieden, zumindest auf den ersten Blick.

Aber, Sofia würde ihr schon alles erzählen, sobald sie sie abholte.

Elaine lächelte bei dem Gedanken. Ihre Tochter hatte nicht nur eine erstaunliche Beobachtungsgabe, sondern auch keine Hemmungen all das zu fragen, was sie wissen wollte. Hoffentlich würde Jim sein großzügiges Angebot nicht bereuen.

Es war wirklich nett von ihm, auf ihre Kleine aufzupassen, damit sie diese Fortbildung machen konnte, für die ihr Chef sie angemeldet hatte.

Jim wäre sicher ein wundervoller Vater und ...

"Nein, Elaine", ermahnte sie sich selber. "Du solltest dich nicht nach deinem Ehe-Desaster in eine neue Beziehung stürzen."

Sie machte das Radio an um ihre trüben Gedanken zu verscheuchen und sang zu Bruce Springsteens "The River".

Wirklich, ein guter Tag zum Autofahren. Es war kaum Verkehr auf der Landstraße.

Plötzlich bemerkte sie im Rückspiegel einen dunkelgrünen Mini-Van, der schnell näher kam. Der Fahrer des anderen Wagens machte keine Anstalten zu überholen, sondern fuhr immer dichter auf. Unwillkürlich gab Elaine Gas um wieder etwas Abstand zwischen die beiden Autos zu bringen.

Der Van tat es ihr nach.

"Was soll das?", murmelte die junge Frau. Die Straße war frei. "Warum überholt er nicht, wenn er unbedingt rasen will?"

Sie blinkte rechts und nahm den Fuß vom Gas. In dem Moment setzte das andere Auto zum Überholen an und Elaine erhaschte durch das Seitenfenster einen Blick auf das Gesicht des Fahrers.

Giorgi! Ihr Ex-Mann! Kein Zweifel!

"Oh nein!"

Panik stieg in ihr auf und ohne nachzudenken trat sie das Gaspedal durch. Die Corvette schleuderte kurz und zog dann an dem Van vorbei.

Was immer Giorgi wollte, es konnte nichts Gutes sein, hier, auf einer menschenleeren Straße.

Sie fuhr jetzt viel zu schnell für die leicht kurvige Strecke. Aber, nicht schnell genug. Der Van hatte wieder aufgeholt und klebte fast an ihrer Stoßstange. Dann setzte er wieder zum Überholen an. Als er auf einer Höhe mit der Corvette war zog er scharf nach rechts. Elaine schaffte es gerade noch an ihm vorbei zu fahren, bevor die Autos einander streiften.

Die nächste Kurve nahm sie in halsbrecherischem Tempo. Ein Blick in den Rückspiegel bestätigte ihr, dass sich der Abstand zu ihrem Verfolger nicht verringert hatte.

Sie richtete ihr Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Vor ihr lag eine scharfe Linkskurve und der graue Asphalt war hier mit glitzernden Eiskristallen bedeckt.

"Oh mein Gott!"

In dem Tempo konnte sie die Kurve nicht nehmen. Auf der vereisten Straße konnte sie nicht bremsen.

Sie tat es trotzdem, instinktiv.

Der Wagen schleuderte und sie begann gegenzulenken. Zu viel. Zu hektisch. Wie in Zeitlupe sah sie die Leitplanke auf sich zukommen.

Dann den Abhang.

Der Wagen überschlug sich.

Das letzte was sie sah, waren Kinder, die auf einem See Schlittschuh liefen.

Dann wurde alles dunkel und still.





Giorgi Porwadze brachte sein Auto mit quietschenden Reifen zum Stehen.

Hektisch sah er sich um, bevor er ausstieg. Niemand zu sehen, niemand hatte den Unfall beobachtet.

Vorsichtig trat er an die zersplitterte Leitplanke und sah nach unten. Die rote Corvette, seine Corvette, lag ein ganzes Stück tiefer, die sich noch drehenden Räder nach oben.

Ein paar Kinder liefen auf das verunglückte Auto zu. Giorgi konnte ihre aufgeregten Stimmen bis zu seinem erhöhten Standpunkt hören.

Gut.

Er fuhr sich durch sein kurzes schwarzes Haar. Die Kinder würden ihre Eltern holen und die wiederum die Polizei. Elaine würde Hilfe bekommen, falls sie überlebt hatte.

Für einen Moment verbarg er sein Gesicht in den Händen. Warum hatte sie ihn so weit getrieben? Ihn dazu gezwungen, sie, die er geliebt hatte, zu verletzen?

Es war alles ihre Schuld. Warum hatte sie nicht auf ihn gehört? Schon letztes Jahr wollte er weg, zurück nach Batumi. Zurück in die Berge, den Strand des schwarzen Meeres sehen. So sollte ein Kind aufwachsen.

Aber Elaine hatte ihn nicht ernst genommen.

Sie konnte sich nicht vorstellen in einem Land zu leben, in dem nicht alles perfekt war. Aber, das war es, was er für Sofia wollte. Weniger Perfektion, mehr Menschlichkeit.

Und Elaine verstand das nicht.

Sie, mit ihrem amerikanischen Hang nach Luxus und Bequemlichkeit. Sein Vater hatte ihn vor den westlichen Frauen gewarnt und, er hatte Recht gehabt.

Giorgi spürte, wie unkontrollierbarer Zorn in ihm aufstieg.

Alle redeten hier von Gerechtigkeit. Es gab keine Gerechtigkeit. Nicht für Tamuna und nicht für ihn. Warum nur, durfte er seine Tochter nicht sehen? Ein Kind braucht beide Elternteile.

Aber, jetzt würde er sie holen. Elaine konnte ihn nicht mehr daran hindern. Er wusste wo sie war, hatte sie gesehen. Mit diesem langhaarigen Amerikaner. Sicher Elaines neuer Freund. Einer von vielen. Wer weiß wie lange das schon so ging, wie lange seine Tochter schon unter dem unmoralischen Lebenswandel ihrer Mutter litt.

Das Motorengeräusch eines sich nähernden Autos riss ihn aus seinen Gedanken.

Schnell stieg er wieder in seinen Mini-Van, drehte, und fuhr zurück nach Cascade.

Zu seiner Tochter.





Das Telefon klingelte.

"Ellison."

Blair sah nur kurz von seinem Laptop auf und wandte sich sofort wieder seiner Arbeit zu, als er merkte, dass das Gespräch nicht für ihn war. Er hatte seine heutige Lektion gelernt, derzeit war es entschieden besser, sehr beschäftigt zu wirken. Sofia hatte fast den ganzen Tag über ruhig gespielt, doch seit einer Stunde war sie in Gesprächslaune. Da sie `Mann am Computerī mit `nicht störenī zu assoziieren schien `Mann auf Couch vor Fernseherī allerdings mit `bereit zum Kreuzverhörī, hatte Jim ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.

Sandburg lächelte in sich hinein und bewunderte insgeheim seinen Partner für die stoische Ruhe, mit der er die Fragen des kleinen Mädchens beantwortet hatte.

Jim beendete das Telefonat und wandte sich dann an Blair.

"Das war Simon. Rafe und Brown sollten heute nachte eigentlich die Observierung von Teresa Cassola übernehmen, aber sie sind krank geworden."

Ellison schüttelte den Kopf.

"Sie essen doch ständig bei diesem Thai-Imbiss in der Fünfzehnten. Heute Mittag war da anscheinend irgendwas mit dem Fleisch nicht in Ordnung und sie liegen mit leichter Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus."

"Aua. Das klingt nicht gut."

Jim winkte ab. "Morgen kommen sie schon wieder raus. Aber, Simon hat mich jetzt für die Überwachung eingeteilt. Tut mir Leid, Häuptling, aber, ich muss gleich weg."

Er wirkte fast vergnügt.

"Was soll das heißen? Du hast hier Babysitterpflichten."

"Ich dachte, du könntest ...?"

"Ach ja?" Blair fuhr den Laptop herunter und stand auf. "Ich komme selbstverständlich mit."

"Sandburg, das ist eine Observierung. Du hasst Observierungen. Es ist kalt, man sitzt stundenlang im Auto ... außerdem, wer bleibt bei Sofia?"

"Und wer ist dein Back-up?"

"Joel ist dabei. Und - ", er senkte die Stimme etwas, "die Gefahr eines stressbedingten Zone-outs ist hier im Moment größer als irgendwo sonst."

Blair grinste.

"Okay, ich hab`s kapiert. Was krieg ich? Mittagessen bei Francello`s? Diese Woche noch?"

Jim seufzte.

"Abgemacht."

Sofia stand auf einmal vor ihnen und sah sie mit großen Augen an.

"Du gehst arbeiten?"

Blair zwinkerte ihr zu.

"Wir machen uns jetzt was zu essen, während er im kalten Auto sitzt und versucht ein paar Verbrecher zu fangen."

"Warte."

Sofia flitzte in Blairs Zimmer und kam mit einem bunten Schal zurück. Sie drückte ihn Jim in die Hand.

"Hier, damit du nicht frierst. Hat meine Mama gemacht. Du kannst ihn haben."

"Danke, Sofia. Das ist wohl dein Lieblingsschal."

"Nein, nein!" Sie strahlte ihn an. "Ich hab noch ganz viele und die sind noch schöner, weißt du. Meine Mama kann nämlich wirklich gut stricken."





Giorgi wartete schon stundenlang im Auto vor dem Haus. Es war kalt, aber, er spürte es kaum.

Er hatte in seinem Leben schon auf so viele Dinge so lange gewartet, dass es zu seiner zweiten Natur geworden war. Auch etwas, was diese Amerikaner mit ihrer hektischen Lebensweise, mit ihrer `Ich will alles und das sofortī Einstellung, nicht begreifen konnten.

Jetzt galt es den richtigen Moment abzupassen. Er wollte seine Tochter, weiter nichts. Sie war hier, im dritten Stock, bei Elaines Freund. Er hieß Sandburg und wohnte mit einem Cop zusammen. Erstaunlich, was einem völlig Fremde erzählten, wenn man nur höflich genug fragte.

Der Cop war der Grund, warum er jetzt hier saß und wartete. Schade, dass dieser Sandburg nicht allein mit Sofia war. Dann hätte Giorgi nicht gezögert seine Tochter jetzt schon zu holen. Viel Widerstand erwartete er nicht von diesem langhaarigen Jungen. Wahrscheinlich würde er schon beim bloßen Anblick einer Waffe in Ohnmacht fallen.

Giorgi lächelte grimmig und strich gedankenverloren über den Lauf des Revolvers in seiner Hand.

Mit einem Polizisten wollte er sich allerdings nicht unbedingt anlegen. Denn, der würde sich wehren. Deshalb wartete er besser, bis die Lichter oben ausgingen und alle eingeschlafen waren. Dann würde er die Wohnung stürmen, sich Sofia greifen und wieder verschwinden. Porwadze nickte zufrieden. Das Überraschungsmoment auf seiner Seite, hätte er gute Chancen, selbst gegen einen Cop.

Die Tür des Gebäudes öffnete sich, ein hoch gewachsener Mann trat auf die Straße und stieg in einen blau-weißen Pick-up.

Das war das Auto des Cops. Die Frau vom Lebensmittelgeschäft hatte es ihm gesagt.

Giorgi wartete, bis der Ford um die Ecke verschwunden war.

Gut, jetzt konnte er seinen Plan ändern. Das Warten hatte ein Ende.





Sandburg ließ die Spaghetti in das kochende Wasser gleiten und schnitt die Tomaten für die Soße in Stückchen. Sofia stand dicht neben ihm und beobachtete jede seiner Bewegungen genau um ja nichts zu verpassen.

"Kann ich dir helfen?"

"Okay, aber erst Händewaschen."

Sofia ging zum Spülbecken, drehte das Wasser auf und hielt ihre Fingerspitzen darunter. Blair schüttelte den Kopf.

"So wird das nichts, warte ..."

Er legte das Messer weg und hob die Kleine hoch, so dass sie die Hände ganz unter das Wasser halten konnte. Sofia kicherte und quiekte laut als Blair sie etwas kitzelte.

Das Türschloss zerbarst durch die Gewalt des Schusses. Holzsplitter flogen in den Raum als jemand die Eingangstür eintrat. Blair ließ Sofia los und fuhr erschrocken herum. Vor ihm stand ein wild aussehender dunkelhaariger Mann mit brennenden Augen. Er hielt einen Revolver in der Hand und zischte:

"Hände weg von meiner Tochter!"

"Papa!" Ihre Stimme war nur ein Flüstern.

Blair hob langsam die Hände, machte aber keine Anstalten sich von dem kleinen Mädchen zu entfernen. Nach allem, was Jim ihm erzählt hatte, durfte er eines nicht zulassen - dass dieser Mann sie mitnahm.

"Hören Sie, Mr. Porwadze, ich tue Ihrer Tochter nichts, okay? Es ist alles in Ordnung. Wir würden uns alle viel besser fühlen, wenn Sie den Revolver weglegen."

"Nein! Du denkst wohl, du kannst ungestraft tun, was du willst? Dir die Frauen anderer nehmen, meine Frau? Das ist ein Irrtum!"

Er zielte auf Blair, schien es sich aber im letzten Moment anders zu überlegen. Die erste Kugel traf die Wand direkt neben dem Ventilator. Putz rieselte zu Boden. Die Zweite zischte knapp an Blairs Ohr vorbei und blieb hinter ihm in den Kacheln stecken.

"Verdammt! Hören sie auf! Wollen Sie Ihre Tochter umbringen?"

Blair war hinter dem Herd in Deckung gegangen und hatte Sofia mit sich gerissen. Das Hämmern seines Herzens und das Schluchzen des kleinen Mädchens in seinen Armen schien das Geräusch der Schüsse noch zu übertönen. Eine weitere Kugel traf irgendwo. Glas splitterte.

Das Telefon klingelte.

Ein so normales Geräusch in diesem Szenario, dass es fast unwirklich zu sein schien. Der Angreifer schrie etwas auf Georgisch. Ein weiterer Schuss ließ das Klingeln verstummen. Das Mädchen schluchzte und verbarg ihr Gesicht an Blairs Schulter.

"Sofia, komm her, bitte."

Die Stimme klang auf einmal sanft, beruhigend. Blair sah langsam auf. Der Mann vor ihm hatte die Waffe sinken lassen und rieb sich mir der freien Hand über das Gesicht. Er wirkte verwirrt. Das schwarze Haar hing ihm in die Augen und er betrachtete den Revolver in seiner Hand als würde er ihn das erste Mal sehen. Sandburg stand vorsichtig auf und schob das Kind hinter sich.

Sofias Vater sprach weiter.

"Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht erschrecken, ich ..."

Er streckte die Hand nach ihr aus.

Sie drückte sich zitternd noch enger an Blair und schüttelte den Kopf.

"Nein! Geh weg!"

"Bitte! Es tut mir Leid. Komm her, Zuzuna."

"Nein! Mama hat gesagt ..."

"Deine Mama will dich nicht mehr. Sie hat dich hier gelassen und ist weggefahren. Sie trifft sich mit anderen Männern. Du störst sie nur dabei. Komm, Zuzuna, wir machen eine schöne Reise, es wird dir gefallen."

"Du lügst, du lügst, du lügst!" schluchzte das kleine Mädchen. Trotz ihrer Worte kam sie langsam hinter Blair hervor.

"Sofia, nicht!" Er hielt sie an der Schulter fest.

"Ich lüge nicht. Ich liebe dich! Komm her, ich habe dich so vermisst."

Den Revolver immer noch in der Hand, versuchte er nach seiner Tochter zu greifen. Das kleine Mädchen machte noch einen Schritt auf ihren Vater zu. Blairs Gedanken überschlugen sich. Es war noch mindestens eine Kugel im Revolver. Er durfte nichts riskieren, denn dieser Mann war eindeutig nicht zurechnungsfähig. Und - er durfte auf keinen Fall zulassen, dass er Sofia mit nahm.

Mit lauten Zischen kochten die Spaghetti über.

Porwadze zuckte erschrocken zusammen. Sein Blick flog zum Topf.

Blair tastete nach dem Messer. Seine Hand schloss sich um den Griff. Er hielt inne. Der Revolver zielte wieder auf ihn.

"Fallen lassen! Los!" zischte Sofias Vater.

Blair gehorchte.

Das Wasser im Topf brodelte und ein winziger Spritzer traf Sofias Arm. Sie schrie auf.

Ihr Vater war mit ein paar Schritten am Herd und zog den Topf von der Flamme.

Blairs Blick schoss zur Tür. Der Weg war frei.

Er packte Sofias Arm und rannte los.

Etwas zerrte an seinen Haaren und riss ihm den Kopf in den Nacken. Der brutale Griff stoppte ihn. Er spürte das kalte Metall der Waffe unterhalb seines Kiefers. Sandburg erstarrte und ließ das Kind los. Sofia sah ihn verwirrt an.

"Lauf weg! Schnell! Versteck dich irgendwo ... mpff"

Eine Hand hielt ihm den Mund zu und erstickte die letzten Worte. Doch Sofia gehorchte. Ohne einen weiteren Blick zurück rannte sie aus der Wohnung.

"Sofia! Nein! Bleib hier! Sofia!"

Der Griff löste sich, die Kälte des Metalls war verschwunden.

Der Mann wollte seiner Tochter nachsetzen, doch Blair stellte ihm ein Bein.

Porwadze stolperte und ließ den Revolver fallen. Halt suchend griff er um sich, prallte gegen Blair und riss ihn mit zu Boden. Sandburg spürte, wie sich Hände um seine Kehle legten und zudrückten. Er schnappte nach Luft. Blind tastete er um sich und bekam das Kabel der kleinen Lampe auf dem Beistelltisch neben sich zu fassen. Ihm wurde schwarz vor Augen. Mit letzter Kraft zog er an der Schnur, erwischte den Lampenschirm und ließ den Fuß auf den Schädel des Mannes nieder sausen.

Der Druck auf seine Kehle ließ augenblicklich nach. Taumelnd stand er auf und betastete seinen Hals. Das Schlucken tat weh, aber er konnte wieder atmen. Er beugte sich über den Bewusstlosen, als er eilige Schritte im Gang hörte. Eine vertraute Stimme ließ ihn aufblicken.

"Sandburg! Bist du okay?"

"Jim!"

Erleichtert betrachtete er seinen Freund, der mit gezogener Waffe das Loft betrat und sich umsah.

"Was zum ..."

"Hör zu, keine Zeit für Erklärungen. Ich muss Sofia suchen, sie ist weggelaufen. Das da ist ihr Vater, er ist völlig ausgerastet und hat hier rumgeballert. Ruf den Krankenwagen und ..."

"Hey, ganz ruhig! Alles schon unterwegs. Wir suchen sie gleich gemeinsam, okay?"

Ellison steckt seine Pistole weg, schaltete die immer noch brennenden Gasflammen aus und wandte sich wieder seinem Partner zu.

"Bist du wirklich okay, Häuptling?" Er musterte ihn besorgt.

"Ja, ja."

Ein Stöhnen kündigte an, dass Sofias Vater wieder zu sich kam. Jim untersuchte ihn kurz und übergab ihn dann zwei Polizisten, die gemeinsam mit einem Team Rettungssanitätern das Loft betraten. Blair fuhr sich aufgeregt mit zitternden Händen durch die Haare.

"Verdammt, Jim, er kam einfach hier herein und ... Wieso bist du eigentlich hier? Du und das ganze Aufgebot?"

"Gerade als ich auf dem Weg zum Revier war, hat mich Elaines Mutter auf dem Handy angerufen. Elaine hatte einen Autounfall. Sie liegt im Krankenhaus. Anscheinend hat ihr Ex - Mann sie von der Straße abgedrängt. Das hat sie zumindest gesagt, als sie wieder zu Bewusstsein gekommen ist. Ihre Mutter hatte Angst, dass Giorgi Sofia entführen wollte und hier auftauchen würde. Ich habe dann im Loft angerufen und nachdem die Leitung nach ein paar Mal Klingeln plötzlich tot war, habe ich zwei und zwei zusammengezählt."

Er lächelte kurz. "Da du mit beteiligt warst, habe ich sicherheitshalber gleich mal die komplette Rettungsmannschaft aktiviert. Aber, wie ich sehe, hast du ja alles im Griff."

"Oh ja, danke, Jim. Er hätte mich fast erschossen, erwürgt ..."

Jim zerzauste ihm kurz das Haar.

"Also, nichts Neues. Komm, wir suchen die Kleine."

Er packte Sandburg am Arm und schob ihn aus dem Loft. Gemeinsam liefen sie den Gang entlang zum Treppenhaus.

"Mann, ich hab ihr gesagt, sie soll weglaufen, sie kann praktisch überall sein. Hey, Jim!"

Blair blieb plötzlich stehen und hielt seinen Partner am Arm fest.

"Versuch dich auf ihren Herzschlag zu konzentrieren, okay? So finden wir sie schneller, falls sie noch hier im Gebäude ist."

"Sandburg, wie soll ich ihren Herzschlag von dem anderer unterscheiden? Das ist unmöglich!"

"Nein, nein, sie ist ein Kind, verstehst du? Ein kleines Kind. Ihr Herz schlägt schneller als das Erwachsener."

"Sie ist nicht das einzige Kind hier im Haus."

"Ja, schon klar, Jim. Aber Millers sind nicht da und so viele andere Kinder gibt es hier nicht. Sie ist gerannt und total verängstigt. Du kannst sicher auch ihren Atem hören. Es ist ein Versuch. Ich denke außerdem nicht, dass sie in einer der Wohnungen ist, sie wird sich versteckt haben. Komm schon, Jim. Konzentrier dich. Du kannst das!"

Blair legte Jim eine Hand auf den Arm und bemühte sich um einen beruhigenden Tonfall.

"Okay, du kennst das ja. Erst mal tief durchatmen. So ist gut. Und jetzt schließ die Augen - okay. Du hörst nur den Atem und den Herzschlag der Kleinen, konzentrier dich darauf."

Jim drehte den Kopf leicht zur Seite. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

"Ich höre deinen Herzschlag, Blair. Und der ist auch viel zu schnell."

Das Lächeln verschwand und machte ein Ausdruck konzentrierter Aufmerksamkeit Platz.

"Da ist noch etwas ... ja ... im Keller."

Jim öffnete die Augen.

"Sie ist im Keller. Komm!"

Er rannte die Treppe hinunter, Blair dicht hinter ihm. Als sie in den Raum kamen, der als Waschküche diente, blieb er stehen und lauschte.

"Sie ist hier irgendwo. Sofia!"

Blair sah sich um. Plötzlich hörte er eine Stimme. Sie schien aus der Wand zu kommen. Aufgeregt wies er auf das blinde Fenster in der gegenüberliegenden Mauer. Es führte zu einem Lüftungsschacht und der wiederum zur Straße. Unter dem Fenster standen einige Wäschekörbe aufeinander gestapelt.

"Sie ist da reingekrochen, bestimmt!"

Jim öffnete das Fenster und sah den Schacht hinauf nach oben. Blair drängte sich neben ihn und folgte seinem Blick. Etwa zwei Meter über ihnen kauerte Sofia, eng an die Wand gepresst, und hielt sich an den Sprossen der Leiter fest, die in die Wand eingelassen waren. Ihr Gesicht war tränenverschmiert und staubig, aber als sie die beiden Männer sah, lächelte sie.

Jim erwiderte das Lächeln.

"Hey, Kleines. Alles okay, komm wieder runter."

"Ist er weg?" ihre Stimme zitterte.

"Ja. Es ist alles in Ordnung."

"Dann komm ich jetzt." versetzte sie und machte sich an den Abstieg.





Ein paar Stunden später, nachdem Giorgi abgeführt, Blairs Aussage zu Protokoll genommen und Sofia von ihrer Oma abgeholt worden war, inspizierte Jim die Schäden in der Wohnung.

Mehrere Einschusslöcher in den Wänden, ein zersplittertes Fenster, das Türschloss unbrauchbar, Tomatensoße und übergekochtes Nudelwasser am Herd und auf dem Boden und zu guter Letzt eine kaputte Lampe und ein zerschossenes Telefon. Glassplitter überall.

Er seufzte. Zum Glück hatten Blair und Sofia den Überfall unverletzt überstanden. Die Kleine zwar etwas geschockt und Sandburg mit einer schmerzenden Kehle, aber, im Großen und Ganzen Wohlauf. Es hätte auch ganz anders ausgehen können. Ein einziger gezielter Schuss, eine Kugel, die nicht die Wand traf, sondern ... Jim fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und spürte, wie Ärger in ihm aufstieg. Über Giorgi und über sich selber. Er hätte ahnen müssen, dass so etwas passieren konnte und hätte Blair nicht mit dem Mädchen allein lassen dürfen. Nicht nach dem, was Elaine ihm erzählt hatte. Ellison atmete tief durch. Auch Elaine ging es einigermaßen gut. Eine Gehirnerschütterung, ein gebrochenen Arm und ein paar Schrammen, die bald heilen würden.

Jim öffnete die Balkontüren und ging hinaus. Hoffentlich vertrieb die frische Luft seine Kopfschmerzen. Blair trat neben ihn und meinte:

"Wenigstens hat dieser Irre keine Leitungen oder so beschädigt. Der Kühlschrank und alles andere funktioniert noch. Den Herd mach ich gleich sauber, kein Problem. Und der Rest ... Hey, wir haben schon Schlimmeres erlebt."

"Zum Beispiel?"

Blair grinste und fröstelte.

"Ach, Einiges. Jim, es ist eiskalt hier draußen. Komm rein und mach die Tür zu."

Ellison tat wie geheißen, ließ sich auf die Couch fallen und rieb sich die Stirn.

"Haben wir noch Aspirin?"

"Kopfschmerzen?"

"Ja, ich *habe* Kopfschmerzen. Also ..."

"Schon gut, schon gut. Im Bad."

"Tut mir Leid, Sandburg, ich wollte nicht ..."

"Ah, nein, keine Entschuldigung, nicht jetzt, okay? Ich wollte nämlich gerade etwas sagen."

Jim verharrte kurz und sah seinen Freund fragend an. Der lächelte schelmisch. Jim seufzte. Egal was jetzt kam, es würde ihm nicht gefallen.

"Was ist, Häuptling?"

"Also, du hast schlechte Laune und ich krieg sie ab. Klar, ist ja auch sonst kein anderer da. Du sitzt in einem verwüsteten Loft und du hast Kopfschmerzen und ..."

Das Lächeln wurde zu einem unverschämt breiten Grinsen. Jim war schlagartig klar worauf sein Freund hinaus wollte und trotz allem spürte er wie sein Stimmungsbarometer wieder stieg. Er seufzte schicksalsergeben und wartete auf den Rest.

"Und, Sandburg?"

"Und - habe ich es nicht gesagt?"


ENDE


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