Disclaimer: Der Sentinel und alles was dazu gehört sind nicht mein.... jemand anders hatte die Idee zuerst.
Spoiler/Ratings: keine
Kategorie: Angst
Inhalt: Jim hat Schlafprobleme. Doch ein kleiner Überfall im Supermarkt gegenüber wirkt Wunder.
Hinweis: '.....' sind Gedanken
Sonstiges: Das ist der erste Versuch meiner Kreativität .... zumindest in diesem Fandom. Falls die Charakterisierungen noch nicht so ganz flüssig sind, dann tut es mir leid. Vielen lieben Dank an Sinaida's Beta Read. Sie macht ihre Sache wirklich toll!! :-)

Sentinel Insomnia

von Anja


Tick, tack.
Tick, tack.
Tick, tack.
Tick, tack….. und es wollte nicht aufhören.
Jim hatte das tiefe Bedürfnis, dem Wecker neben seinem Bett einen Freiflug Richtung Wand zu verabreichen. Seit einer Ewigkeit versuchte er diesem Geräusch Einhalt zu gebieten, doch er hatte eher das Gefühl, es würde absichtlich lauter werden. Es war wie verhext. Einmal mehr zwang er seinen Körper in eine bequemere Lage nur um 360° später wieder auf der gleichen Seite zu liegen.... den Ursprung seiner Misere genau vor seiner Nase auf dem Nachtschrank.

"Aarggh!"

Frustriert schloss er die Augen um zumindest den gleichmäßig wandernden Sekundenzeiger nicht mehr sehen zu müssen.

Seine Sinne waren ihm heute eine große Hilfe gewesen. Man sollte doch meinen, dass professionelle Einbrecher so vernünftig wären, keine Schuhe mit metallenen Spikes zu tragen. Dieser Mann war alles andere als ein Profi, denn der Sentinel konnte seine panischen Schritte drei Meilen gegen den Wind hören. Nicht dass sich Jim beschwerte. Schließlich hatten sie einen lang gesuchten Verbrecher geschnappt, der seit einiger Zeit die besseren Wohngegenden der Stadt um einige Picassos und Juwelenringe erleichtert hatte. Sein Gehörsinn war so klar gewesen, dass er schwören könnte, seine Fußnägel wachsen zu hören. Aber vermutlich lag das an dem Adrenalinschub, der ihn wohl in eine weitaus höhere Wahrnehmungsebene katapultiert hatte. Wahrscheinlich sehr viel höher als er wahrhaben wollte. Neben seiner Konzentration auf die klackenden Geräuschen war er darauf bedacht, seine Atmung bewusst zu fühlen, um seine verbesserte Hörstärke nicht mit einem gekonnten Zone-Out zu beenden.

Klack, klack.

Mal lauter. Mal leiser.

Klack, klack.

Immer der gleiche Rhythmus. Wäre es keine Verfolgungsjagd gewesen, hätte dieses Geräusch ihn leicht in den Schlaf lullen können.

'Schlaf! Ja das wärs jetzt. Ausgiebiger Schlaf bis zum Frühstück ohne Unterbrechung.' dachte Jim und spielte mit dem Gedanken Schäfchen zu zählen.

Normalerweise hatte Jim keine Probleme damit seine Sinne herunterzufahren um nicht in einem ständigen Chaos aus Geräuschen, Gerüchen, Geschmäckern, Bildern und Gefühlen zu ertrinken. Eine nette kleine Übung, die ihn davor bewahrte, seinen Verstand zu verlieren.

'Ich kann für nichts garantieren!' dachte er grimmig.

Tick, tack. Tick, tack.

Wer hat die Lautstärke aufgedreht?

Es vergingen zwei weitere schlaflose Minuten und langsam stellte sich die unbestreitbare Erkenntnis ein, dass Jim in dieser Nacht wohl nicht zu seinem wohlverdienten Schlummer gelangen würde.
Mit einem resignierenden Seufzer warf er die Bettdecke beiseite und erhob sich. Ohne Schwierigkeiten sah er sich in seinem dunklen Zimmer um. Seinem Auge entging kein Staubkorn und er schüttelte verärgert den Kopf. Er hatte jetzt wirklich keine Lust auch noch seine Sehkraft zu trainieren. Seine Ohren hatten den Bedarf an außer Kontrolle geratenen Sinnen bereits gedeckt.
Langsam tappte er die wenigen Stufen hinunter und ließ sich auf die Couch fallen. Seine Hand griff zur Fernbedienung und ohne dass Jim es bewusst beabsichtigte, flimmerte Letterman enthusiastisch über den Bildschirm. Den Ton so leise gestellt, dass ein normaler Mensch nichts hören würde, ließ er sich von dem Entertainer über die neuesten Gerüchte unterrichten.
Der Videorekorder blinkte 00:34.
'Was ist daran verdammt noch mal lustig?' beschwerte sich Jim und zweifelte stark an der geistigen Gesundheit des Publikums. Einige Knöpfe und Late Night Shows später knipste Jim den Fernseher wieder aus und wurde von den Geräuschen der Nacht begrüßt. Eine streunende Katze, ein bellender Hund, ein schreiendes Baby, der gleichmäßige Herzschlag aus dem Nachbarzimmer.
'Wie kann Sandburg nur so ruhig schlafen während ich mir die Füße vor lauter Unruhe wund laufe - Das Leben ist nicht fair!'
Mr. Goodies Fernseher lief drei Etagen unter ihnen und zeigte einen alten Western. Jim erkannte John Waynes rauchigen Bariton.
Jims Geduld neigte sich langsam dem Ende zu und er versuchte seinen Ruhezustand durch ein paar Atemübungen herbeizuzaubern.
Das Display auf dem Videorekorder blinkte inzwischen 01:12. Noch knapp 7 Stunden und er musste munter und ausgeschlafen auf dem Revier erscheinen.
Etwas ratlos sah er sich um, in der Hoffnung etwas Ablenkung zu finden. Seine Füße führten ihn zum Fenster und er sah hinaus. Um die Uhrzeit waren die Straßen leer und ohne das freundliche Licht des Tages sogar als recht unansehnlich zu beschreiben. Das nasse Pflaster spiegelte das gelblich-künstliche Licht der Straßenlampen wieder. Doch eine andere Spiegelung erhaschte Jims Aufmerksamkeit.

Einen 24/7 Supermarkt direkt vor der Haustür zu haben hatte jede Menge Vorteile. Insbesondere bei einem Junggesellen - Haushalt wie ihn Blair und Jim führten. Unter der Woche war eben keine Zeit um solch elementaren Grundnahrungsmittel wie Bier, Eier, Müsli, Bier, Kowawurzeln, Ginyong-Tee und eben Bier zu besorgen.
Ohne sich anstrengen zu müssen fokussierte Jim seinen Blick auf die vollkommen verwischte Spiegelung auf der Windschutzscheibe des heruntergekommenen Volkswagen '..... welcher mit laufendem Motor im Halteverbot mitten in der Nacht vor einem geöffneten Laden steht.'
Der Cop in Jim wurde neugierig. Die Spiegelung war nicht wirklich hilfreich und außer einigen hastigen Bewegungen konnte Jim nicht viel ausmachen. Er öffnete die Balkontür und trat in die kühle Nachtluft. Die Stadtgeräusche der Nacht wurden sofort verstärkt und innerhalb weniger Sekunden hatte Jim sein Gehör so unter Kontrolle, dass er ohne Schwierigkeiten die lauten Stimmen aus dem Laden filtern konnte.
"Na komm schon Alte!" sagte eine unangenehm nervöse Stimme.
"Das kann doch nicht so schwer sein!"
Klappernde Geräusche, als ob jemand etwas von der Theke geworfen hätte.
"Ich... das Geld wurde erst gestern Abend zur Bank gebracht!"
Eine Schluchzen von Elise, das junge Mädchen, das jedes Wochenende die Nachschicht machte. "Mehr... mehr ist es nicht!"
Ihre Stimme wurde hysterisch und ihre Herzschlag schlug den Takt eines galoppierenden Pferdes.
Mehr brauchte Jim nicht zu hören. Nach einem kleinen Umweg zu seinem Nachttisch, in dessen Schublade er seine Waffe aufbewahrte, stürzte er aus der Tür.

Gleichmäßiges Trommeln hallte durch den wilden Dschungel und der Boden unter Blairs Füßen vibrierte im Takt. Ein hell leuchtendes Feuer loderte auf der Lichtung um dessen Zentrum drei halbnackte Frauen einen sehr erotischen Paarungstanz aufführten. Blair konnte sich das zufriedene Grinsen nicht verkneifen. Ihre tanzenden Körper warfen lange Schatten in den Urwald und fasziniert betrachtete er ihre geschmeidigen Hände, die für jede kleinste Bewegung lange geübt hatten. In der Ferne sangen exotische Vögel ihre eigenen Lieder, unterbrochen von unangenehmen, heulenden Sirenen...
'Sirenen? Was machen Sirenen in meinem Traum?'

Unruhig warf sich Blair auf die andere Seite seines Bettes und seufzte glücklich.
'Dieser Traum ist noch nicht zu Ende und ich gedenke jede Sekunde zu genießen.' Die drei Frauen tanzten leidenschaftlich weiter und der Duft fremder Pflanzen hing schwer in der Luft. Die rotbraune Farbe des Feuerscheines spielte Fangen mit den dunkelgrünen Blättern der Farne, durchbrochen von grellen, blauen Blitzen....
"Oh Mann!" stöhnte Blair und blinzelte genervt in die blauen Lichter, die im Sekundentakt über seine Wand glitten.
Er rieb sich den Schlaf aus den Augen, warf die verärgert Decke beiseite und rollte schwerfällig aus dem Bett.
Zwei Streifenwagen und eine Ambulanz versperrten die Straße unter seinem Fenster. Die schrillen Sirenen waren inzwischen verstummt waren, doch die Blaulichter drehten noch immer ihre Runden und badeten die Umgebung in das künstliche Licht.
"Jim?" rief er in die Wohnung hinein und wartete auf Antwort.
"Jim? Was ist da unten los?"
Als auch nach einigen Sekunden keine Antwort kam stieg Blair die wenigen Stufen zu Jims Bett hinauf. Das Bett war leer und von Jim keine Spur.
Ein unangenehmer Gedanke raste durch Blairs Bewusstsein. Hastig zog er seine Jeans über und schnappte sich die Jacke.

"Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!" dröhnte eine männliche Stimme durch ein Megaphon.
Man kann ihn nicht eine Sekunde aus den Augen lassen! beschwerte sich Blair und er rannte über die Straße. In dem Moment hallte ein ohrenbetäubender Schuss durch die Nacht und ein Durcheinander von Stimmen und Bewegung belebte die Szene.
"Jim!!??" rief Blair erschrocken und versuchte in den Laden zu gelangen. Doch ein Polizist stellte sich ihm in den Weg.
"Hey! Sie dürfen hier nicht durch!" beharrte er.
"Aber Jim... mein Partner ist da drin!"
Er stellte sich auf Zehenspitzen in der Hoffnung etwas zu erkennen, doch es war sinnlos.
"Jim ...äähhh... Ellison ... also ich meine Jim Ellison gehört zum Cascade P.D., ...äähhh...zur Abteilung Kapitalverbrechen!" versuchte Blair zu erklären und stolperte dabei mehrmals über seine eigene Zunge.
"Ich bin sein Partner!" fügte er hastig hinzu und fuhr sich durch die vom Schlaf verwuschelten Haare.
"Kann ich dann bitte Ihre Marke sehen?" fragte der Officer misstrauisch.
"Ich habe... Ach verdammt!"
Blair trat rasch einen Schritt beiseite als er laute Stimmen hörte.
"Er hat zwei Zivilisten als Geisel!" rief einer der Beamten.
Der Polizist vor Blair schien sich nun anderen Sachverhalten widmen zu müssen und wandte sich ab.
"Jim, Mann!" murmelte Blair und war sich sehr wohl bewusst, dass sein Partner vermutlich jedes Wort mit hörte.
"Klinken Sie mir jetzt bloß nicht aus! Ich habe ja keine Ahnung was da drin los ist, aber ich möchte dass Sie jetzt einmal tief Luft holen und in Ruhe bis zehn zählen."
Er zählte innerlich bis zehn und fuhr fort: "Super! Ich hoffe, Sie hören das Jim, wenn nicht dann mach ich mich hier ganz schön zum Idioten!"
Blair warf einen Blick zu dem Beamten der ihn abgewiesen hatte und erhielt einen sehr seltsamen Blick zurück. Er grinste und hob nervös die Schultern.
In dem Moment ging ein zweiter Schuss los und Blair zuckte zusammen. 'Ich hoffe das war Ihre Waffe, Jim!'
Er hörte laute Schreie und die hysterische Stimme einer Frau. Die Worte waren unverständlich doch Blair wusste, es war etwas passiert. Er machte ein paar Schritte zur Seite. Die Polizeiwagen standen in einem Halbkreis um den Laden und die Beamten hatten sich dahinter geduckt, um nicht eine verirrte Kugel abzubekommen.
Ein weiterer Schuss fiel und diesmal klirrte es laut. Die Fensterscheibe des Geschäftes zerfiel in Millionen kleinster Scherben und das laute Scheppern ließ Blairs Ohren klingeln. Die Polizisten am Tatort duckten sich allesamt hinter ihre Wagen um nicht von dem Querschläger getroffen zu werden. Erschrocken hielt sich Blair die Ohren zu und trat einen Schritt nach hinten. Die Bordsteinkante machte jedoch seinem Vorhaben ein Ende und er verlor das Gleichgewicht.
"Jim!" kam es erschrocken aus seinem Mund. Ein kurzer, heftiger Schmerz explodierte in seinem Schädel als dieser auf dem Asphalt aufschlug und benommen blieb er liegen.

Jim hatte absolut keine Geduld für so was. Der Junge war vermutlich ziemlicher Neuling in der kleinkriminellen Branche und war so nervös, dass er mit der Waffe vermutlich den Himalaja verfehlte... selbst wenn er drauf stände.
Jim senkte die Waffe ein wenig und warf Elise einen beruhigenden Blick zu.
"Polizei ist schon unterwegs!" winselte sie in der Hoffnung mutig zu klingen, als vor dem Laden die angekündigten Wagen mit quietschenden Reifen Stellung nahmen.
Eine laute, durch ein Megaphon verstärkte Stimme verkündete blechern: "Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!"
Doch die Aktion hatte nicht die gewünschte Wirkung.
Jim seufzte innerlich. Der Junge machte große Augen und fuchtelte noch verzweifelter mit der Waffe.
"Verdammte Scheiße!" brüllte er. Seine Augen funkelten wütend und Jim sah den Schuss bereits kommen. Rasch wirbelte herum und suchte hinter einem Regal Schutz. Die Kugel bohrte sich irgendwo einige Meter von ihm entfernt in die Wand.
"Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße,....!" murmelte der Junge vor sich hin.
Elise hatte in einem Moment geistiger Klarheit ebenfalls hinter der Theke Schutz gesucht. Er konnte ihre entsetzten Schluchzer hören. Doch seine Ohren nahmen noch etwas anderes wahr.
Blairs Stimme klang laut und beruhigend inmitten des Chaos'. Jim presste sich nah an das Regal. Er konnte den Jungen hören, wie dieser verzweifelt die Situation zu kontrollieren versuchte.
"Halt deine Klappe!" schrie er die Kassiererin an und hastete um die Theke herum. Energisch griff er das Mädchen und zog sie an den Haaren nach oben. Sie schrie laut auf und die Ereignisse überschlugen sich.
"Eine Bewegung und ich drücke ab!" schrie der Junge. Er hielt der Frau die Pistole an die Schläfe.
Jim konzentrierte sich weiter auf Blairs beruhigende Stimme und behielt nebenbei den nervösen Unruhestifter im Auge.
"Jim, Mann! Klinken Sie mir jetzt bloß nicht aus!" 'Wer klinkt denn hier aus? Ich oder der?!' "Ich habe ja keine Ahnung was da drin los ist, aber ich möchte dass Sie jetzt einmal tief Luft holen und in Ruhe bis zehn zählen."
Jim zählte innerlich bis zehn und hörte weiter: "Super! Ich hoffe Sie hören das Jim, wenn nicht dann mach ich mich hier ganz schön zum Idioten!"
Ein belustigtes Lächeln huschte kurz über Jims Lippen und er lugte um die Ecke. Der Junge stand noch immer hinter der Kasse und benutzte Elise als lebendes Schutzschild.
"Ist gut, ich komme jetzt. Doch du musst das Mädchen gehen lassen!" rief Jim mit fester Stimme und trat vor. Die Hände hielt er in beschwichtigender Haltung vor sich. Die Waffe steckte in seinem Hosenbund unter dem Shirt. Doch der Junge war viel zu sehr mit seiner Verzweiflung beschäftigt um das zu bemerken. Er schien einen Moment lang zu überlegen und nahm dann die Waffe von der Schläfe seiner Geisel... nur um damit auf Jim zu feuern. Dieser hielt die Luft an und spürte wie die Kugel nur wenige Zentimeter an seinem Kopf vorbei die Luft durchschnitt.
Wieder hörte er die panischen Schreie der Frau und ohne zu überlegen stürzte er sich auf den jungen Mann. Er sprang über die Theke und brachte seinen Gegner zu Fall. Dieser rangelte wie wild und Jim hatte seine liebe Mühe den mageren Körper des Jungen am Boden zu halten. Er hatte noch immer die Waffe in seiner Hand und versuchte damit auf Jim zu zielen. Er drückte ab und wieder verfehlte die Kugel ihr Ziel.
Doch lautes Klirren und aufgeregte Stimmen von draußen lenkten den Sentinel für einen Augenblick ab. Die Kugel verlief sich auf der Straße und Jim hoffte, dass nicht irgendein Unglücksrabe in ihre Bahn geriet. Schmerz schien seine Ohren zu betäuben und hastig riss er seine Hände über seine Ohren. Sein Gehörsinn war vollkommen überreizt und er hörte wie jemand seinen Namen rief.... wie Blair seinen Namen rief.
Ein Flüstern, das sich in seinem Kopf wie ein tosende Berglawine anhörte. Dann einen dumpfen Aufprall.
Wie ein Körper auf Beton.
Dann Stimmengewirr.
'Die Kugel!!!'
Panische Angst begann in seiner Brust zu pochen und er versuchte den Herzschlag seines Partners herauszufiltern. Doch sein Gehör verweigerte seinen Dienst. Er schnappte nach Luft. Der Junge, den er mit seinem Körpergewicht auf dem Boden festhielt starrte ihn groß an. So als wäre Jim gerade ein zweiter Kopf gewachsen.
Hastig sah sich Jim um. Er brauchte dringend etwas um den Jungen festzuhalten. Seine Gedanken wanderten zurück zu der verfehlten Kugel und vor seinem inneren Auge sah er das metallene Geschoss im Blindflug auf seinen Partner zurasen. Wie in Zeitlupe und Jim konnte nichts tun.
Unter der Theke verlief das Telefonkabel. Mit einer kraftvollen Bewegung riss Jim aus der Halterung, drehte den Jungen auf den Bauch und band ihm die Hände auf den Rücken.
"Hey!!!!" protestierte der sich windende Teenager. "Das können Sie doch nicht machen!!!" Kommentarlos stob Jim nach oben und rannte nach draußen.
Die Polizeibeamten sahen ihn an.
"Stehen bleiben!" rief einer von ihnen und nun waren alle Mündungen auf Jim gerichtet.
Fieberhaft sah er sich um und sah Blair auf der anderen Straßenseite liegen. Er versuchte sich erneut zu konzentrieren, den Herzschlag seines Partners zu hören. Doch seine pochenden Ohrenschmerzen machten das unmöglich. Er roch kein Blut.
Hinter ihm trat Elise auf wackeligen Beinen aus dem Laden und hob ihre Hände. Sie zeigte hinter sich in den Laden und mit dünner Stimme sagte sie: "Er ist da drin!"
Sie wandte sich zu Jim und fasste ihn vorsichtig am Arm.
"Alles in Ordnung, Mister?"
Die Worte rissen Jim aus seiner Starre und erschrocken stellte er fest, dass er kurz vor einem Zone-Out war.
"Blair!" sagte er und lief zu seinem Partner, der in dem Moment die ersten Regungen zeigte.
'Bitte Blair, seien Sie OK' betete Jim und fiel neben seinem Freund auf die Knie.
"Jim?"
"Häuptling??? Sind sie in Ordnung?"
Vorsichtig ließ Jim seine Augen über Blairs Körper wandern. 'Kein Blut, keine Einschusslöcher! Das ist gut!' dachte er und seufzte erleichtert.
"Jim?" Blair kniff die Augen zusammen und hob die Hand zu seinem Kopf. "Verdammt Jim, was machen Sie Nachts um halb drei in einem Supermarkt? Können Sie nicht Bescheid sagen, wenn Sie unbedingt auf Gangsterjagd gehen müssen?"
Er lehnte sich vorsichtig auf seine Ellenbogen und sah Jim vorwurfsvoll an. "Sie hätten drauf gehen können, Mann!" platzte Blair heraus und zog zischend Luft, als die übermäßige Bewegung seinen Kopf in eine andere Schmerzdimension katapultierte.
"Also ich bin es nicht, der auf dem nassen Asphalt liegt und über Schmerzen klagt!" verteidigte sich Jim und half dem wackeligen Blair auf die Beine.
"Ist wirklich alles in Ordnung?" fragte der Sentinel skeptisch.
Mit einem Stöhnen fasste sich Blair an den Kopf und winselte leise, als seine Finger die große Beule ertasteten, die nun seinen Hinterkopf zierte.
"Was machen Sie hier draußen verdammt noch mal? Können Sie nicht einfach mal abschalten und andere die Bösewichte jagen lassen?"
Amüsiert zog Jim eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete seinen Guide.
"Ihnen scheint es gut zu gehen!" lachte er.
Nachdem rasch die Formalitäten geklärt und Zeugenaussagen aufgenommen waren, durfte Jim mit Blair nach Hause. Erschöpft ließ er sich auf die Couch fallen. Der Videorekorder blinkte 4:56am.
"Wie geht es ihrem Kopf?" fragte er Blair und beobachtete ihn, wie er eine Eispackung aus dem Tiefkühlschrank nahm und sie sich mit einer schmerzerfüllten Grimasse gegen den Hinterkopf presste.
"Bestens, Jim! Danke der Nachfrage!" zischte er zynisch.
"Ich wird's überleben."
Er nahm auf einem Sessel gegenüber Platz und betrachtete seinen Partner.
"Sie haben noch nicht auf meine Frage von vorhin geantwortet!" beschwerte sich Blair.
"Welche Frage?"
"Was sie mitten in der Nacht im Supermarkt auf der anderen Straßenseite machen?"
Jim überlegte kurz und zuckte dann mit den Schultern. Er hatte nun wirklich keine Lust jetzt auch noch die Probleme mit seinen Sinnen zu besprechen.
"Ich konnte nicht schlafen!"
Demonstrativ gähnte er ausgiebig und erhob sich schwerfällig.
"Das hat sich offenbar geändert!" schmollte Blair.
"Kommen Sie, Mann. Wir müssen darüber sprechen!"
Jim grinste Blair ein letztes Mal an und lief dann die Stufen zu seinem Zimmer hinauf.
"Gute Nacht, Häuptling!"
"Wie können Sie jetzt ans Schlafen denken, hmm?" wollte Blair wissen.
Jim ließ sich müde auf sein Bett fallen und wickelte die Decke mit einem wohligen Seufzer um sich, während ein entrüsteter Blair am Treppenabsatz stand und wütend nach oben blickte.
"So wird es einem gedankt wenn man sich Sorgen um Sie macht." rief er seinem Sentinel beleidigt hinterher.
"Das nächste Mal wenn Sie nicht schlafen können, dann warnen Sie mich vorher!" grummelte er.
"Ich werde mich dann freiwillig einem Kannibalenmörder anbieten. Sie werden schlafen wie ein Baby!"
Jim legte sich zufrieden hin und hörte noch eine Weile zu, wie sein Guide unbeirrbar vor sich hin murmelte. Wenige Minuten später war er eingeschlafen. Er hatte noch drei Stunden bevor er im Revier sein musste, er wollte jede Sekunde genießen.


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