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Original: Jadzia

Übersetzung von Starkat






Er hatte sehr viel über ihn nachgedacht.

Er sah durch das Fenster und beobachtete die Zäune, an denen er vorbeifuhr, und die Wolken, die vorüberzogen.

Sieben Stunden in einem Zug waren wirklich eine lange Zeit zum Nachdenken. Er wollte eigentlich ein Flugzeug nehmen, aber der Schneesturm hatte den Flughafen gezwungen, alle Flüge zu streichen. Und er nahm lieber den Zug, als Weihnachten in der Wartehalle des Airports zu verbringen.

Er seufzte.

Es war für ihn das erste Mal, dass er eine so große Sehnsucht nach seinem Zuhause verspürte.

Zuhause.

Sein "Zuhause" hatte weiche, braune Locken und große, blaue Augen. Und einen Körper, an den er in diesem Moment noch nicht denken wollte, bis er mit ihm alleine war.

Er seufzte erneut.

Sie lebten jetzt schon seit ein paar Jahren zusammen und er konnte sich immer noch nicht erklären, was ihn so lange davon abgehalten hatte, das zu fühlen, was er jetzt fühlte. Oder warum er diese Gefühle so lange unterdrückt hatte.

Am Anfang hatte er ihn nicht ausstehen können. Jim lächelte, als er daran dachte, wie er Blair das erste Mal gesehen hatte: Arztkittel, Brille, Pferdeschwanz, nervös umherspringend.

Er hatte lernen müssen, ihm zu vertrauen und Blair wurde zu seinem Guide. Sandburg war der Einzige, der ihn aus einem "Zone-out" holen konnte, nur indem er mit ihm sprach. Jim nannte es den "Guide-Modus". Er wunderte sich immer noch darüber, wie anders diese Stimme von Blairs normaler Stimme war: tief, ruhig, sanft.

Gott, er vermisste ihn.

Jim war für zwei Wochen fort gewesen, um in irgend einer gottverlassenen Gegend mit einem von Simons Freunden an einem Fall zu arbeiten. Es war eine schlimme Sache gewesen. Irgend ein Psychopath ermordete Frauen und schlitzte sie auf.

Aber sie hatten ihn erwischt und Jim hätte früh genug an Weihnachten zuhause sein können, wenn nicht dieser verdammte Schneesturm gewesen wäre.

Er dachte darüber nach, wie grundlegend sich seine Gefühle für Blair verändert hatten. Als Erstes hatte er akzeptieren müssen, dass Blair ihm wirklich bei dem Umgang mit seinen Sentinel-Fähigkeiten hatte helfen können. Zwar konnte seine Ruhelosigkeit ganz schön nervig sein, aber Jim hatte dadurch gelernt, dass Blairs Angewohnheit, mit Lichtgeschwindigkeit von einem Gedanken zum anderen zu springen, wirklich sehr inspirierend sein konnte.

Nachdem sie immer mehr Zeit miteinander verbrachten, fing Jim an, Blairs Gesellschaft wirklich zu genießen. Er erkannte, dass er alle Vorsicht vergessen konnte, wenn er mit seinem Guide zusammen war und dass sich der jüngere Mann durch ihn keine Vorteile erhoffte, wie es andere vor ihm getan hatten.

Einmal, es musste im Frühling gewesen sein, da ertappte er sich dabei, wie er Blair auf eine mehr sexuelle Weise betrachtete. Es hatte damit angefangen, dass er sich fragte, wie es sich anfühlen würde, würden seine Finger durch diese Locken streifen, wie diese Augen vor Verlangen funkeln würden. Jims Vorstellungen waren von Tag zu Tag immer genauer geworden. Er dachte fast ständig darüber nach, wie sich Blairs Mund auf seinem Hals anfühlen würde, wie er sich winden würde, wenn Jim an seinem Brust-Piercing spielen würde...

Jim stöhnte und versuchte, seine Fantasien zu verdrängen. Sie waren viel zu lebendig...

Noch zwei Stunden.

Später wurde es noch schlimmer.

Er dachte immer noch daran, wie sexy Blair war. Und wie.

Aber jetzt hatte er einfach nur den Wunsch, ihn zu halten. Seine Arme um ihn zu schließen, sein Gesicht in seine Locken zu vergraben und zu relaxen.

Ja, er hatte sich in seinen Guide verliebt.

Verrückt.

Und zwar gründlich, wie alles, was er tat.

Er wollte Blair, mit Herz, Leib und Seele.

Also, was würde passieren, wenn er es ihm sagen würde?

Jim hatte in den letzten Wochen eine Menge darüber nachgedacht. Er zweifelte daran, dass Blair ihn verlassen würde, wenn er Jims Gefühle nicht erwiderte. Er nahm seine Arbeit als Guide viel zu ernst und wusste, dass Jim nicht in der Lage gewesen wäre, seine Sinne für längere Zeit ohne ihn zu kontrollieren.

Er hatte mehr Angst davor, dieses Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, dieses Vertrauen zwischen ihnen Beiden, zu verlieren.

Würde er seine Gefühle Blair offenbaren und sein Guide würde nicht das gleiche für ihn empfinden, so würde dass ihre Freundschaft zerstören, daran gab es für Jim keinen Zweifel.

Vielleicht sollte er damit anfangen, ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Das wäre eine Möglichkeit, dachte Jim wehmütig und schnaubte.

Er würde Blair genauer beobachten und versuchen, jede Veränderung seines Geruchs oder seines Herzschlags wahrzunehmen, wenn sie zusammen wären.

Jim dachte an das Telefonat, das er vor ein paar Stunden mit Blair gehabt hatte. Er hatte ihn fünf oder sechs Mal in den letzten zwei Wochen immer dann angerufen, wenn sie irgendwelche Fortschritte gemacht hatten, um einen Grund zu haben, mit ihm zu telefonieren. Jim hatte damit begonnen, seine Augen zu schließen, um alles andere, außer die Stimme seines Guides, zum Schweigen zu bringen. Und danach, als er im Bett lag, wieder holte er immer und immer wieder das Gespräch in seinen Gedanken.

Es waren nicht so sehr die Worte, sondern der Ton seiner Stimme, und das, was er in ihm bewirkte.

Wie warm und sicher er sich durch ihn fühlte.

Er wollte wieder zuhause sein. Und er wollte, dass Blair verstand, was "Zuhause" für ihn bedeutete.

Jim dachte an die Zeit in seinem Leben, in der er noch ohne seinen Guide gewesen war, und konnte sich an nichts Besonderes erinnern. Denn alle Abenteuer und alles Aufregende hatte erst mit Blair begonnen.

Er musste es ihm irgendwann sagen, denn er war sich sicher, dass er es nicht mehr lange verschweigen konnte.

Er war fast zuhause, nur noch zehn Minuten.

Jim würde sich ein Taxi nehmen und wäre schnell zuhause. Er sehnte sich danach, seine Sinne auszuschicken und Blair wieder zu finden. Seinen Herzschlag, der leichte Duft seines Shampoos, der in diesen seidenen Locken hing, vielleicht ein feiner Hauch Schweiß, und darunter seine Essenz, dieser Geruch, der nur von Blair ausging.

Jim stand auf, nahm seine Jacke und sein Gepäck und machte sich bereit, den Zug zu verlassen. Er konnte schon das Treiben im Bahnhof wahrnehmen und fuhr seine Sinne, so weit es ihm möglich war, herunter. Dann verließ er den Zug und bahnte sich den Weg durch die Leute, die ihm entgegen rannten, um den Zug zu erwischen, Familien, die sich wieder trafen und Tausende von anderen Menschen.

So schien es ihm wenigstens.

Jim hätte fast die Hand nicht bemerkt, die beharrlich an seinem Arm zog. Als er sich schließlich umdrehte, konnte er es kaum verhindern, dass er sich in diesen funkelnden, blauen Augen verlor, die ihn anblickten, und geriet fast in ein Zone-out.

Als er versuchte, seine Sehkraft herunterzufahren, traf ihn der Duft seines Guides und das Gefühl der Hand auf seinem Arm mit voller Kraft. Er stöhnte auf und konzentrierte sich auf Blairs Herzschlag, um sich wieder zu beruhigen.

Schließlich hörte er Blairs besorgte Stimme. "He, big guy, komm zu mir zurück. Sag mir, was mit dir los ist..."

"Ich bin okay. Es ist hier nur zu laut..."

"Okay, Mann, komm mit mir.", sagte Blair und schob ihn in eine ruhige Ecke. "Besser so?"

"Yeah, danke.", brummelte Jim mit geschlossenen Augen und rieb sich die Schläfen. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er erneut in diese wundervollen blauen Augen. Jim gab es langsam auf, sich dagegen zu wehren, und der Duft seines Guides überflutete ihn. Er genoss es für einen Moment, vorsichtig darauf bedacht, sich nicht wieder darin zu verlieren.

Jim lächelte. "Was machst du eigentlich hier?"

Blair gab ihm ein strahlendes Lächeln zurück. "Ich wollte dich abholen, damit du kein Taxi nehmen musst. Das Weihnachtsessen wartet schon zuhause, ... wenn du hungrig bist."

Jim starrte ihn nur an. Seine Gefühle für Blair, das Verlangen, ihn zu halten und ihm nahe zu sein, waren so stark, dass es ihm fast körperliche Schmerzen bereitete. Gerade, als Blair ihn fragen wollte, ob er wieder in einem Zone-out sei, ging Jim auf ihn zu, umarmte ihn und zog ihn sanft an seine Brust.

"Danke, Blair.", flüsterte er und spürte, wie die weichen Locken an seiner Wange kitzelten.

"Gern geschehen, Mann.", sagte Blair sanft. Sein Körper schmiegte sich an den Jims. Im Stillen bemerkte der Sentinel erleichtert, dass er nicht eine Sekunde gezögert hatte.

Für einen Augenblick standen sie nur da und genossen das Gefühl, sich gegenseitig festzuhalten.

Dann, leise: "Jim?"

"Yeah?"

"Frohe Weihnachten!"

"Frohe Weihnachten, Blair. Komm, lass uns nach Hause gehen."

ENDE

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