Disclaimer: gehört mir. Blablabla ...
Sinaida war mal wieder ein wundervoller Betareader. Alle übrig gebliebenen Fehler gehen dann wohl auf meine Kappe.
Füttert meine Finger mit Feedback. Es ist komisch, aber dann funktionieren sie besser. grins


Verlorenes Gewissen

von Anja

Beta-Read von Sinaida



Teil 2




Die Klippe wird steiler je näher man ihr kommt!
Das Wasser tiefer je weiter man schwimmt.
Und das Böse unabwendbarer je öfter man ihm begegnet.



Das Telefon klingelte und Mandy eilte zurück zum Empfangsschalter. Sie hob den Hörer ab und antwortete mit zitternder Stimme. Sie legte ihre Hand auf ihr Dekolleté und hoffte damit ihre Atmung wieder etwas zu verlangsamen.
‚Wo ist nur Calvin wenn er hier am Schalter stehen sollte?', wunderte sie sich und konzentrierte sich auf die freundliche Stimme ihrer Vorgesetzten.
"Ein gewisser Carl Weathertop hat um 14:30 einen Termin mit mir. Könntest du ihn bitte zu mir hoch bringen wenn er da ist?"
"Ist er der neue Physiotherapeut?", fragte Mandy neugierig.
"In der Tat, Mandy!", antwortete die Leiterin und ein amüsiertes Lachen klang durch das Telefon.
"Er ist der neue Physiotherapeut! Und bestimmt nicht dein Typ!"
Mandy bemerkte wie sie rot anlief und nach einer intelligenten Antwort suchte.
"Ich ... Das war doch...Also ich meinte...!" Sie seufzte und gab auf.
"Also gut, ich bringe ihn in dein Büro sobald er da ist!"
Sie legte auf und sah sich um. Schritte kamen schnell näher und ihr Kollege kam um die Ecke geflitzt.
"Ich habe das Telefon gehört!", keuchte Calvin und holte hörbar Luft. Mit seinen 57 Jahren war er nicht mehr der Jüngste, allerdings durfte ihm das keiner sagen.
"Schon in Ordnung, ich war ja da!", antwortete Mandy beruhigend und amüsierte sich über die eifrige Entschuldigung ihres Freundes.
"Ich *keuch* ...der Ruf der Natur!", grinste Calvin und nahm seinen Platz hinter dem Tresen ein.
"Ich muß unbedingt meinen Kaffeekonsum einschränken!", murmelte er und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
Mandy musste nun doch laut lachen.
"War das Professor Kuppling am Telefon?", erkundigte sich Calvin.
"Jap. Es geht um den neuen Mitarbeiter, der Knochenbieger!", scherzte sie.
Henry, der bisherige Physiotherapeut, war vor einigen Tagen in Rente gegangen und der Vorstand hatte einige Zeit gebraucht einen um einen akzeptablen Ersatz zu finden.
Das Sanatorium gab sich nur mit dem Besten zufrieden.
Und das war etwas, was Mandy an ihrer Stellung nicht missen wollte.
Seit drei Jahren arbeitet sie bereits hier und hatte ihre Entscheidung nie bereut. Dieser Arbeitsplatz war wie geschaffen für sie. Nette Kollegen, eine entspannte Arbeitsatmosphäre und die allabendliche Genugtuung, den Patienten einen weiteren Tag voll von Geborgenheit und Liebe geschenkt zu haben.
Das spiegelte sich natürlich auch im Ansehen der Einrichtung wider.
Trotz des offensichtlichen Promiaufgebotes, wie es intern genannt wurde, war man darauf bedacht, nicht ausschließlich finanziell gut gepolsterte Patienten aufzunehmen. Viele Kompromisse wurden eingegangen und jeder neue Kunde individuell eingeschätzt und betreut.
"Wie sieht's aus, Mandy?"
"Was meinst du?"
"Du weißt was ich meine!", antwortete Calvin und sein Grinsen erleuchtete Mandys nachdenklich Stimmung wie eine 500 Watt Glühbirne.
"Der nette Polizist von vorhin!"
Es kam nicht häufig vor dass gut aussehende Männer vorbei kamen. Schon gar nicht während Mandys Schichten.
"Der? Ach nein, zu ernst und verschlossen! Er erinnert mich zu sehr an die Bulldogge meines Nachbarn!"
"Nicht der!"
Wieder begann Mandy nervös an ihren schwarzen Haaren zu fummeln.
"Ach, war da noch jemand?", fragte sie unschuldig und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
Die Eingangstür ging auf und ein Mann betrat das Haus. Er drehte seinen Kopf wie in Zeitlupe und blieb mit seinem stechenden Blick auf Mandy hängen.
Er kam näher und die junge Frau setzte ihr freundlichstes Lächeln auf um den Ankömmling zu begrüßen.
"Guten Tag, Sir. Kann ich Ihnen weiterhelfen?"
"Das hoffe ich!"
Er lächelte und seine Lippen offenbarten strahlend weiße Zähne.
"Ich habe einen Termin bei Professor Kuppling."
"Ach, Sie müssen Mr. Weathertop sein!", erkannte Mandy und kam hinter dem Tresen hervor.
Sie hielt ihm ihre Hand entgegen.
Sein feuchter Händedruck ließ Mandy kurz zusammenzucken und sie machte unauffällig einen Schritt nach hinten.
Ihr Gegenüber machte auf den ersten Blick einen bodenständigen Eindruck. Dunkelbraune, kurze Haare mit den ersten Ansätzen zu Geheimratsecken und graue Strähnen an der Schläfe. Seine tiefliegenden Augen sprachen von Intelligenz und einer gesunden Portion Misstrauen.
Sein kräftiger, beinahe schmerzhafter Händedruck verriet, dass er körperliche Arbeit gewöhnt war. Sie sahen sich kurz in die Augen und Mandy musste nervös schlucken. Sie fühlte sich unwohl in der Gegenwart dieses Mannes, wusste aber keinen Grund für ihr Unbehagen.
"Folgen Sie mir bitte!" forderte sie den Mann auf und hoffte, dass ihre Stimme nicht so angespannt klang wie sie sich fühlte.
Einen letzten verwirrten Blick auf Calvin und dieser hob mit einer hilflosen Geste die Schulter in die Höhe.
Mandy fühlte den unangenehm bohrenden Blick des Fremden auf ihrem Rücken und es kostete sie viel Selbstbeherrschung sich nicht umzudrehen und ihn laut darauf hinzuweisen.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen ehe sie das Büro der Professorin erreicht hatten.
"Warten Sie bitte einen Moment hier!", forderte sie ihn auf und betrat das Büro.
"Diana?"
Die Professorin sah von ihrem Schreibtisch auf und lächelte ihrer Untergebenen freundlich entgegen.
"Ah Mandy. Der Physiotherapeut ist hier?", fragte sie und stand auf.
Sie strich ihren eleganten Zweiteiler glatt und legte eine Hand auf Mandys Schulter.
"Was macht er denn für einen ersten Eindruck?", fragte sie ernsthaft und bemerkte den verwirrten Zustand ihrer Freundin.
"Alles in Ordnung? Du siehst etwas durch den Wind aus!"
Sie lachte und deutete auf die verschlossene Tür.
"Sieht er denn so gut aus?"
"Nein!", antwortete Mandy rasch und sie riss ihre Augen auf. Selbst der Gedanke an den Mann im Flur machte sie unruhig. Ihre Vorgesetzte sah ihr beruhigend in die Augen.
"Na gut, dann wollen wir mal sehen, ob er unserer Einrichtung würdig ist."
Sie öffnete die Tür und trat hinaus. Ihre Professionalität verbot es ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und so konzentrierte sie sich auf die Referenzen ihres neuen Mitarbeiters.
Mandy blieb noch einen Moment stehen und beobachtete das Geschehen.
"Mandy, du darfst jetzt gehen!", holte die Stimme ihrer Chefin sie aus der Starre.
So schnell wie möglich drehte sie sich um. Der Tresen war vermutlich wieder unbesetzt und Mandy mochte es nicht, wenn niemand die Gäste begrüßte.
‚Calvin, wenn du noch einmal Kaffee trinkst, dann vertausche ich deinen Süßstoff mit Kaliumtabletten!'



Teil 3




Nicht nur Gottes Wege sind unergründlich.



Kraftlos ließ sich Blair in den Stuhl fallen und legte den Kopf nach hinten.
"Irgend etwas Neues?", brummte Simon und beobachtete sein bestes Team.
"Nein Sir!", antwortete Jim und ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl nieder.
"Die Spurensuche hat nichts Brauchbares ergeben. Es sieht so aus, als hätten sich die Opfer selber erstochen.", fügte er zynisch hinzu.
"Um dann die Tatwaffe mit Allzweckreiniger zu säubern und sie vom Schlafzimmer zurück in die Küchenschublade zu schleppen?" schnaubte Simon und beugte sich erwartungsvoll über den Schreibtisch.
"Irgendetwas sagt mir dass das nicht der Fall ist!"
Er erhob sich und trat zum Fenster.
"Hat die Unterredung mit der Mutter des Verdächtigen etwas gebracht?"
"Negativ! Sie hat versucht mir ein Besteckset anzudrehen!", stöhnte Jim, was ein kleines Lachen von Blairs Seite hervorbrachte.
"Diese Morde bringen mich noch um den Verstand!", brummte Simon und steckte sich eine Zigarre an.
"Es muss doch irgendetwas geben, womit wir diesen verdammten Schweinehund drankriegen können!"
"Simon! Mit diesem Mund küssen Sie Ihren Sohn?", witzelte Blair müde.
"Nein mit diesem Mund entziehe ich Ihnen den Beobachterstatus, wenn Sie mir nicht bald anständiges Beweismaterial beschaffen!", donnerte Simon.
Blair zog den Kopf ein und rutschte noch weiter in seinen Stuhl hinein.
"Sir!", verteidigte Jim seinen Partner.
"Es macht uns genauso wütend wie Sie, aber was sollen wir denn machen? Dieser Kerl ist uns regelmäßig einen Schritt voraus. Seine Mutter hat er seit einigen Monaten nicht mehr besucht. Selbst wenn sie sich an ihren Sohn hätte erinnern können, die Morde haben erst vor zwei Monaten angefangen. Wir hätten vielleicht mit ihrer Hilfe ein Profil aufstellen können, aber was dann? Wir wissen bereits, wer der mutmaßliche Mörder ist. Wir haben nur keine Beweise. Das Profil wäre eine Hilfe, aber kein zuverlässiges Mittel zur Überführung des Täters."
Ihr Verdächtiger war Charles D. Keneedy, ein 42 Jahre alter Frauenarzt der bis vor kurzem bei seiner Mutter gelebt hatte, bis diese aufgrund altersbedingter Senilität ins St. Michaelis Sanatorium überwiesen wurde.
Die Morde begannen vor etwas 2 Monaten und sie sahen immer gleich aus. Alleinstehende, zum großen Teil sehr junge Frauen, die alleine wohnten. Sie wurden übel zugerichtet in ihren Schlafzimmern gefunden. Keine Anzeichen von Kämpfen oder Vergewaltigung.
Und alle sechs bisherigen Opfer waren im ersten oder zweiten Monat schwanger. Neben der offensichtlichen Verbindung der Schwangerschaft hatten alle Frauen einen gemeinsamen Frauenarzt.
Nachdem dieser Zusammenhang gefunden war, wurde Charles D. Keneedy zu einem Gespräch ins Revier eingeladen. Er hatte handfeste Alibis und es gab keine Motive. Nur Jim sah durch die ruhige und gefasste Fassade des Mannes. Jim hörte das Herz des Mannes rasen, hörte seine Atmung aussetzen wenn ihm eine Frage gestellt wurde und erkannte an den nervösen Pupillenbewegungen, was der Mann unter seiner Maske der Ehrlichkeit und Kooperation verbarg.
Doch es half nicht. Aufgrund fehlender Beweise musste der Mann freigelassen werden.
Die Morde gingen weiter und Charles D. Keneedy war auf einmal nirgends aufzutreiben.
Sein letztes Opfer war die 21-jährige Dan-Chao King gewesen deren Leiche vor vier Tagen in ihrer Wohnung gefunden wurde, nachdem sie nicht zur Arbeit erschienen war.
"Schon gut, Jim. Ich verstehe das Problem.", antwortete Simon schließlich.
"Ich bin nicht umsonst Captain dieser Abteilung geworden."
Er warf einen vielsagenden Blick auf sein Team.
"Trotz allem habe ich das ungute Gefühl wir drehen uns im Kreis."
"Wenn es nur so wäre!", beschwerte sich Blair. "Wir stehen auf der Stelle und trampeln uns unser eigenes Loch."
"Nicht doch so pessimistisch, Häuptling! Er wird einen Fehler machen und wir werden da sein um ihn zu bemerken!"
"Ich will dass Sie beide jetzt nach Hause gehen und über die Sache schlafen. Morgen früh um 7 stehen Sie hier auf der Matte und werden ein Wunder verbringen. So wie immer."
"Aber Sir,...!"
"Keine Widerrede Sandburg! Sie sind niemandem eine Hilfe wenn Sie stehend in meinem Büro einschlafen."
Ausgerechnet in dem Moment gähnte Blair herzhaft. Er hielt sich schnell die Hand vor den Mund. Peinlich berührt blinzelte er hinter vorgehaltener Hand und winkte abwehrend.
"Wir sind schon unterwegs.", sagte Jim, legte seinem Partner den Arm um die Schulter und lenkte ihn zur Tür.
"Das will ich meinen!", rief Simon den beiden hinterher.
Sie durchquerten den Raum in Richtung Fahrstuhl und fuhren nach unten.
"Alles klar bei dir, Häuptling?"
"Hm?", aufgeschreckt sah Blair seinen Partner an.
"Ja sicher, warum fragst du?"
"Warum ich frage?", zog Jim ihn auf. "Du siehst furchtbar aus!"
"Das würdest du auch nachdem dir ein Geist fast einen Herzinfarkt verpasst hätte!", murmelte Blair.
"Ich meinte eigentlich die Haare!"
"Haha, sehr witzig!", antwortete Blair und fuhr sich mit der Hand durch die widerspenstigen Locken.
"Jim, das macht alles keinen Sinn!"
"Vielleicht solltest du das Shampoo wechseln?"
"Ich meinte eigentlich nicht die Haare!"
"Oh, du redest von unserem ...Zwischenfall... von heute Mittag?", vermutete Jim und sein Gesicht drückte aus wie viel er von dieser Sache hielt.
"Du brauchst nur ein paar Stunden Schlaf dann siehst du die ganze Sache aus einer anderen Perspektive."
"Was? Glaubst du ich halluziniere?"
"Wäre das so abwegig?"
"Jim! Mann!"
Der Anthropologe fuchtelte mit seinen Händen vor dem Gesicht seines Partners herum und suchte nach einer passenden Erklärung.
"Das war keine Halluzination. Ich habe dieses Mädchen wirklich gesehen."
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und sie traten in die Tiefgarage.
"Ich weiß ja selbst wie sich das anhört, aber ..."
Er blieb stehen. Jim drehte sich zu ihm um und wartete auf die Fortsetzung.
"...aber schließlich hast du mit diesem ganzen Geisterkram angefangen!", platzte Blair heraus und deutete damit ein lang vergangenes Ereignis an, bei dem Jim derjenige war, der mit dem Geist einer jungen Frau konfrontiert war.
"Das war etwas ganz anderes!" widersprach Jim, die Hände in die Hüfte gestemmt.
"Und warum war das was anderes? Erklär's mir, denn ich scheine ja langsam den Verstand zu verlieren." erwiderte Blair schnippisch.
Geschlagen seufzte der Sentinel und ging einen Schritt auf seinen Partner zu.
"Wenn es dich so sehr beschäftigt, dann solltest du diese Sache vielleicht etwas weiterverfolgen!", erklärte er besänftigend.
"Allerdings nicht jetzt und auf Kosten unseres Falles. Wir haben einen Mörder zu fassen, der unschuldige Frauen im Schlaf ermordet! Ok?"
Blair versuchte ein paar Sekunden lang herauszufinden, ob Jim es ernst meinte und nickte dann langsam.
"Also gut! Aber du bist dran mit dem Kochen!"
"Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?"
"Gar nichts!", grinste Blair und lehnte sich gutgelaunt in den Sitz.

Zu den Teilen 4 und 5

Feedback an die Autorin

Zu Anjas Fanfiction-Seite