DISCLAIMER: Jim, Blair und Simon gehören nicht mir, und aus dieser Geschichte wird nicht der geringste Profit geschlagen.
Auch der Mann, den Jim in der Bar trifft, gehört mir nicht. Ich habe die gesamte Bar-Szene mehr oder weniger aus Clive Barkers Kurzgeschichte "The Midnight Meat Train" geklaut, die mich zu diesem bescheidenen Ausfluß meiner kranken Phantasie inspiriert hat. Es lag jedoch keinesfalls in meiner Absicht, respektlos mit dem Stoff umzugehen oder Clive Barker zu beleidigen. Ich verehre den Boden, auf dem er wandelt. Anders als Clive Barkers Story ist diese Geschichte kein Horror, sondern ein stinknormaler Krimi ohne jegliche Übersinnlichkeit. Und sie hat auch - außer, daß es um Morde geht, die in der U-Bahn verübt werden - plotmäßig nicht viel mit "The Midnight Meat Train" zu tun.

WARNUNG: Die folgende Geschichte enthält, wie ich finde, keine drastischen Beschreibungen von Gewalt, aber es geht um eine ziemlich grausame Mordserie. Außerdem ist die Geschichte wirklich sehr, sehr düster, und definitiv AU, also mit Vorsicht zu genießen.
Es stirbt auch ein Charakter (off screen). Ich würde die Geschichte jedoch keinesfalls als Death-Story bezeichnen, eher als Krimi.

FERNER bitte ich sämtliche Fehler und Ungenauigkeiten zu entschuldigen. (Ich bin eben noch am Üben.) Ich bin mir auch ziemlich sicher, daß in der Serie niemals eine U-Bahn erwähnt wurde. Vermutlich hat Cascade keine U-Bahn. (Hat Seattle Eine?) Aber ich war besessen von der U-Bahn.


Copy-Cat

von Alanna Smithee




Jim stand vor dem Fenster und blickte heraus auf die Lichter der Stadt. Regen prasselte gegen die Scheibe, wie fast das ganze Jahr über in Cascade. Sie war nicht umsonst die nasseste Stadt in Washington, die Stadt, in der es über 300 Tage im Jahr regnet. Es steckte schon im Namen. Trotz des Regens und der Dunkelheit konnte er weit sehen, wenn er sich anstrengte, sogar die Leute beim Einkaufen in der City beobachten. Doch auf diese Entfernung wirkten sie auch mit seinen Augen betrachtet wie winzige Insekten.

Es war kein Wunder, daß Sandburg schließlich abgehauen war. Er hatte das Wetter in Cascade gehaßt. Und nach dem Fiasko mit der Dissertation hatte ihn nichts mehr gehalten. Sandburg, ein Cop? Ha!
Vor drei Jahren hatte er seine Sachen gepackt und sich davongeschlichen, während Jim bei der Arbeit war, ohne ein Wort, ohne die geringste Vorwarnung. Er seufzte, und mußte hart gegen die Wut und Enttäuschung ankämpfen. Es tat heute noch so weh, wie am ersten Tag. Er vermißte Sandburg.

Blair hatte eine Notiz am Kühlschrank hinterlassen. Jim bewahrte sie unter seinem Kopfkissen auf.

                Es ist Zeit, weiterzuziehen, Jim.
                Ich wurde von der Bostoner Universität angenommen, trotz der Sache mit meiner Dissertation.
                Es tut mir leid.
                Leb wohl,
                      Blair
                P.S.: Ich ruf Dich an.

Jim lehnte den Kopf an die Glasscheibe und lachte bitter.
Es tut mir leid. Leb wohl-




Ein neuer Tag bei der Arbeit und ein Kinderschänder im Verhörraum, Jim lehnte sich vor und schaute den Mann an, schwarzes, glattes Haar, eine beginnende Halbglatze, leichter Bauchansatz, ein völlig durchschnittlicher Typ.

Jim fragte sich, was den Mann dazu bewegte, kleine Kinder zu vergewaltigen, vermutlich irgendein traumatisches Erlebnis in seiner eigenen Kindheit, vermutlich wurde er selbst als Kind mißbraucht, vielleicht von einem Verwandten. Vielleicht war er auch einfach bloß ein krankes Schwein.

In jedem Fall, fand Jim, wäre das Problem durch eine Kastration gelöst, und der Staat bräuchte keinen Unterhalt für einen Kinderschänder zu bezahlen, der nach ein paar Jahren sowieso wieder auf freien Fuß gesetzt würde und von Neuem anfangen würde, kleine Kinder zu erwürgen.

Jim wurde auf einmal schlecht, der Raum schien sich um ihn zu drehen. Er wußte genau, er hätte nicht so gedacht, wenn Blair noch da gewesen wäre. Oder Blair hätte es ihm zumindest ganz schnell wieder ausgeredet und ihm in den Hintern getreten. Damals, in helleren Zeiten, hatte er an den Sinn der Arbeit, die er tat, geglaubt. Doch jetzt waren ihm die Bürger von Cascade, die er zu beschützen einen Eid geschworen hatte, gleichgültig. Er konnte nur ein winziges Fünkchen von Mitgefühl für Goulds Opfer aufbringen, das 10-jährige Mädchen, das er mit einem Kissen erstickt hatte, und den 8-jährigen Jungen, der die Verletzungen, die ihm bei der Vergewaltigung zugefügt worden waren, überlebt hatte und in kritischem Zustand auf der Intensivstation lag.

Jim atmete tief durch und versuchte, sich zu konzentrieren.

Er blickte den Mann an, der ihm gegenüber am Tisch saß. Schweiß stand auf seiner Stirn, auf einer Seite verdeckt von einer weißen Bandage, durch die schon wieder frisches Blut sickerte. Die Wunde hatte ihm einer der Streifenpolizisten verpaßt, die ihn auf der Straße aufgegriffen hatten, als er versuchte, noch ein Kind mit dem Versprechen von kleinen, kuscheligen, weißen Häschen zu sich nach Hause zu locken.

Man könnte meinen, die Eltern wären heutzutage klug genug, ihre Kinder davor zu warnen, mit Fremden mitzugehen, egal aus welchem Grund, doch offensichtlich war dies nicht der Fall. Oder vielleicht waren kleine, weiße, kuschelige Häschen auch einfach zu verführerisch. Jim wußte es nicht. Und es war ihm auch egal, vermutlich. Auf einmal stieg ihm der Geruch von Simons Zigarre in die Nase. Simon hatte sie im Raum hinter dem Spiegel angezündet.




Simon beobachtete das Verhör durch die verspiegelte Scheibe. Er sah, wie sich Jim gegenüber von dem Verdächtigen setzte, die Akte vor sich auf dem Tisch, und einfach eine Weile sitzen blieb und ihn anstarrte. Dann fing er an, ihm Fragen zu stellen. Simon hatte keine Zweifel an Goulds Schuld. Er war nicht gerade vorsichtig gewesen. Handabdrücke, Sperma an den richtigen Stellen, Hautreste unter den Fingernägeln des Mädchens, sie hatten genug Beweismaterial, um ihn für eine Weile hinter Gitter zu bringen, selbst wenn der Junge nicht mehr das Bewußtsein wiedererlangen sollte. Dieser Bastard würde ins Gefängnis wandern. Er biß auf seine Zigarre. Diesmal hatte er sie sich verdient. Er nahm sie aus dem Mund und zündete sie an. Der Rauch stieg in einer Wolke zur Decke des Beobachtungsraums und legte sich wie ein Nebel vor die Szene im Verhörraum. Jim fuhr fort, Fragen zu stellen. Gould beklagte sich über Schmerzen von der Kopfverletzung und gab nur einsilbige Antworten. Jim blieb die ganze Zeit über kühl. Er fing an, die Bilder aus der Akte auszubreiten, die von dem Jungen aus der Notaufnahme und dem anderen - toten - Kind. Simon nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre.

Es kam so plötzlich, daß er völlig überrascht war, als Jim Goulds Gesicht in die Tischplatte rammte. Für einige Sekunden blieb er wie angewurzelt stehen, Sekunden, in denen Jim Goulds blutige Visage wieder an den Haaren hochzerrte, bevor er noch ein paar Mal hineinschlug.




Simon schlug mit Absicht die Tür zu seinem Büro zu und sah mit Genugtuung, wie Jim zusammenzuckte. Laut genug, daß es auch noch der letzte Büroassistent in der hintersten Ecke der Abteilung hören konnte, brüllte er, "Ellison, was zum Teufel sollte das eben?"

Jim fing an, in dem kleinen, überfüllten Büro auf und ab zu laufen. "Es-- Es ist einfach so über mich gekommen."

"Es ist einfach so über dich gekommen? Nun, früher wäre das nicht passiert."

Früher, als Blair noch da war. Was Simon nicht ausgesprochen hatte, schien trotzdem wie ein Echo in der Luft zu schweben. Jim starrte durch die winzigkleinen Ritzen zwischen den Jalousien in den nebenliegenden Raum.

Simon dämpfte seine Stimme, "Jim, dir ist klar, das uns das den Fall kosten könnte? Er könnte deswegen davonkommen."

Jim drehte sich nicht um. "Natürlich ist mir das klar," flüsterte er.




Drei Tage später

"Oh, mein Gott!" Simon hielt sich ein Taschentuch vor die Nase um den abscheulichen Gestank nicht riechen zu müssen. "Es ist genau wie letztes Mal."

"Nicht ganz, diesmal sind sie nicht ausgenommen." Jim deutete auf die noch fast intakten Bäuche der Leichen.

Sie waren in der U-Bahn entdeckt worden, auf der nur spärlich benutzten Strecke zwischen Kaisoir und Hamilton Lane. Vor drei Jahren hatte es dort eine ähnliche Mordserie gegeben. Davon hatte sich die Linie niemals erholt.

Die Leichen hingen an Hacken kopfüber von der Decke wie Schlachtvieh. Ihre weißen blutleeren Körper waren mit unzähligen kleinen Wunden und Blessuren übersäht. Ihre Kehlen waren geöffnet worden und sie waren langsam ausgeblutet in die dafür bereitgestellten Eimer. Ein Eimer war irgendwann während der Fahrt umgefallen und hatte seinen Inhalt auf den Boden ergossen.

Es war einer der grauenvollsten Tatorte, die Simon je gesehen hatte, und er hatte eine Menge gesehen.

Das Abstruseste daran war, daß die Kleider der Opfer fein säuberlich gefaltet auf den Sitzen hinter ihnen lagen, als hätten sie sie einfach nur kurz ausgezogen. Oder als hätte der Mörder besonderen Wert auf Ordentlichkeit gelegt.

"Jim, bist du dir sicher, du schaffst diesen Fall?"

Jim nickte.

Simon blickte seinen Detective eine Minute lang intensiv an. "Gut."

Er sah Jim zu, wie er vorsichtig den ganzen Wagon inspizierte. "Und? Schon was gefunden?"

Jim schüttelte den Kopf.

Simon wusste natürlich, daß Jims Sinne nicht mehr so gut funktionierten, seit Blair fort war. Er biß auf seine Zigarre.

Jim trat hinter eine der Leichen und legte den Kopf schief. "Hmm!"

"Was ist? Riechst du etwas?" Simon stellte sich neben ihn und schnappte nach Luft.

Einer der beiden Leichen war die Haut und die Muskulatur vom Rücken gepellt worden, so daß ihr schimmerndes weißes Rückgrat und ihre Rippen zum Vorschein kamen.




Blair hatte immer gesagt, er sei ein Reinlichkeits-Freak. Sein Vater hatte ihn nur Freak genannt. Jetzt saß Jim in einer schmuddeligen Kneipe im weniger sauberen Teil der Stadt mit einem doppelten Scotch und einer Zeitung vor sich auf der Theke, anstatt an seinem neuen Fall zu arbeiten. Der Wirt wischte die Oberfläche mit einem Tuch ab, auf dem Jim förmlich die Bakterien kriechen sehen konnte.

Die Zeitungen nannten ihn den Subway-Schlächter. Die beiden Leichen in der U-Bahn waren nicht die ersten Morde dieser Art. Vor drei Jahren hatte es eine ähnliche Mordserie gegeben. Und vor zwei Tagen war ein japanischer Geschäftsmann, der sich spät nachts im U-Bahn-System von Cascade verirrt hatte über die hin und her schwingende aufgehängte Leiche eines jungen Mannes gestolpert. Sie war sauber ausgenommen. Die Kleidung des Mannes war ausgezogen und akkurat neben ihm gestapelt worden. Ein Eimer unter der Leiche fing das herabfließende Blut. Simon hatte sofort alles getan, um ein Durchsickern zur Presse zu verhindern, doch es war durchgesickert. Der Subway-Schlächter war das Gespräch der ganzen Stadt. Der Chief versprach baldige Verhaftungen und die Polizei verhörte jeden in ihren Akten, der Verbindungen zur Schlächter-Branche hatte. Und Simon hatte Jim rätselhafterweise zum leitenden Ermittler gemacht.

Jemand stieß den Scotch an seinem Ellbogen um und die bernsteinfarbene Flüssigkeit breitete sich auf dem Zeitungsartikel aus. Der Verursacher der Überschwemmung schob seinen Kopf in Jims Gesichtsfeld. Dann versuchte der Trottel, mit einer Serviette die Zeitung trockenzutätscheln.

Jim blickte ihn mit gerunzelter Stirn an.

"Tut mir leid!" Der Trottel grinste ihn an und enthüllte eine Zahnlücke, "grauenvoll, hm?" Er deutete auf die Zeitung.

Jim senkte den Blick und starrte den Artikel an.

"Man macht sich da aber schon Gedanken. Ich meine, die kehren doch alles nur unter den Teppich. Die wissen doch, wer's getan hat!"

"Ach, und wer war es?"

"Das sind alles Schweine, verdammte Bastarde, ich wette mit dir, das ist eine Verschwörung, Mann!"

Jim grinste amüsiert, das erste Mal seit langer Zeit, ein Verschwörungstheoretiker also.

Der Mann ignorierte Jim und redete weiter, "sie haben doch die Beweise. Sie lassen uns nur im Dunkeln. Da draußen ist etwas, und es ist nicht menschlich. Sieh mal, die machen diesen ganzen Klon-Scheiß und es gerät außer Kontrolle, und da draußen könnten Monster herumlaufen. Und keiner weiß es. Irgend etwas ist dort draußen, und die wollen uns nicht erzählen, was es ist. Die kehren's einfach unter'n Teppich. Ich wette mit dir, Mann!" Der Mann stand auf, "vermutlich war's ein verdammter Cop, versuchte, einen abgefuckten Helden zu machen, und machte stattdessen ein abgefucktes Monster!" Er grinste grotesk. "Jede Wette!"




Jim fuhr mit der U-Bahn die Strecke ab, auf der die Morde passiert waren. Natürlich war es nicht derselbe Wagen, aber es war dieselbe U-Bahn. Jim wußte selbst nicht, was er sich von seinem mitternächtlichen Ausflug versprach. Er wußte nur, daß er mit dem Fall einfach nicht weiterkam.

Es war fast 1 Uhr nachts, und die Bahn war leer bis auf einen im Sitzen schlafenden Penner.

Vielleicht hätte der Mörder nochmals zugeschlagen, wenn Jim heute nicht mit der U-Bahn gefahren wäre. Vielleicht würde er trotzdem zuschlagen. Jim stellte sich seine eigene blutige gehäutete Leiche an einem Fleischerhacken von einer der Haltestangen hängend vor und kicherte. Dann sah er plötzlich Blair, sein Gesicht blutüberströmt, seine Augen weit offen und leer... "Nein! Nein!"
Der Penner schreckte aus dem Schlaf.
Jim preßte sich die Hände an den Kopf, das Bild so überwältigend, daß es alles andere auslöschte.




Jim saß still und bewegungslos an seinem Schreibtisch und tat so, als würde er Berichte lesen. In Wirklichkeit starrte er Löcher in die Tischplatte.

Er dachte an Blair.

Ob er ihm wohl eine E-Mail schreiben sollte?
Andererseits, welchen Sinn sollte das wohl haben, Blair würde ja doch nicht antworten. Manchmal war Jim wirklich danach zumute, mal eben nach Boston zu fliegen und Blair ordentlich den Hintern zu versohlen. Behandelte man so seine jahrelangen Freunde?
Die ersten drei Monate, nachdem Sandburg untergetaucht war, hatte Jim ihm jeden Tag eine Mail geschrieben. Er hatte ihm geschrieben, wie es ihm ging und an welchen Fällen er gerade arbeitete, begleitet von zunehmend verzweifelten Bitten doch endlich nach Hause zurückzukehren und Entschuldigungen für sämtliche Beleidigungen, die Jim ihm in den letzten vier Jahren zugefügt hatte.

Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid.

Aber er kehrte nicht zurück.
Sie waren mehr als Freunde gewesen. Das begriff er jetzt. Zwischen ihnen gab es eine spirituelle Verbindung. Und er hatte alles verpatzt mit seinem Mißtrauen und seiner Kontrollsucht.

Es verging kein Tag, an dem er sich nicht fragte, wie Blair ihn hatte verlassen können. Hatte er es denn nicht gespürt? Der Schmerz war ständig bei ihm. Es war wie ein Loch in seinem Herzen, in seiner Seele, Etwas, das ihm den Atem raubte. Und es wurde immer schlimmer. Er konnte fühlen, wie er in den Wahnsinn abglitt, langsam, aber so unvermeidlich wie der ständige Regen in Cascade, unerbittlich.

Eine Hand landete auf seiner Schulter und schreckte ihn aus seinen Gedanken.
Er blickte auf in Simons dunkle besorgte Augen.

"Alles okay, Jim?"

Jim senkte seinen Blick auf die Schwarzweiß-Hochglanz-Aufnahme einer ausgeweideten Leiche in einer U-Bahn. "Ja, alles in Ordnung."

"Ich habe dich schon zweimal gerufen. Spielt dein Gehör wieder mal verrückt?"

"Nein, nein, ich war bloß in Gedanken."

"Und? Bist du schon weitergekommen mit dem Fall?"

"Nein, noch nicht."

"Was meinst Du? Weshalb wurden die Opfer gefoltert, bevor sie umgebracht wurden?"

"Sie wurden gefoltert? Ich dachte, die Verletzungen wären ihnen nach dem Tod zugefügt worden."

Simon deutete mit seiner Zigarre auf die Akten auf Jims Schreibtisch. "Hast du denn Serenas Bericht nicht gelesen?"

"Noch nicht."

Simon räusperte sich. "Jim, wenn dir der Fall zu viel ist... Ich weiß, ich hätte ihn dir vermutlich nicht geben dürfen--"

"Nein, Simon!" Jim blickte ihn scharf an. "Es ist schon gut. Ich werde ihn kriegen. Ich muß einfach. Verstehst du?"

Simon nickte zögernd. " Okay, Jim. Okay."




Jim steckte fest bei den Ermittlungen. Ein Gespräch mit Serena und den Zeugen, die die Leichen gefunden hatten, hatte nichts von Bedeutung zutage gefördert. Niemand hatte den U-Bahn-Schlächter gesehen, und er hatte auch keine Spuren hinterlassen, keine Fingerabdrücke, keine Haare, nichts. In der Tat schien es sogar als hätte er die U-Bahn-Waggons, in denen die Morde verübt worden waren, von jeglichem genetischen Material gereinigt, was natürlich unmöglich war. Hätte Jim es nicht besser gewußt, hätte er gesagt, der Mörder sei ein Sentinel.

Jedenfalls kam er nicht voran. Er hoffte, ein Spaziergang würde ihn auf andere Gedanken bringen, vielleicht inspirieren. Also ging er am Strand spazieren, bei Nacht, im Regen.

Er war völlig durchnäßt und durchgefroren, aber er spürte es nicht. Nicht so, wie es ein normaler Mensch gespürt hätte. Dazu zumindest waren seine Sinne und Blairs Lektionen gut. Der Strand war völlig leer und verlassen. Er war nicht nur menschenleer, sondern auch völlig frei von Meerestieren oder deren Überresten, die man normalerweise an einem solchen Strand antreffen würde. Weiter draußen würden Tonnen von ihnen herumschwimmen, doch nicht in der Bucht. Ein trauriges Zeugnis der Effektivität der hiesigen Industrie und der Tatsache, das die Naturschutzbestimmungen bei Weitem nicht so streng waren, wie sie sollten. Ein Thema, das Blair zu einem längeren, engagierten Vortrag verleitet, der Jim wiederum zum Lächeln gebracht hätte. Doch er war leider nicht mehr da.

Während ihm der Regen ins Gesicht prasselte und die Wellen sich am Strand brachen, dachte er an einen lange zurückliegenden Tag, einen sonnigen Tag, als er mit Blair, Simon und den anderen von Major Crime auf dem jährlichen Polizeipicknick war. Sandburg hatte gelacht und sein Gesicht der Sonne entgegengestreckt, als wäre er eine Pflanze und müßte die kostbaren paar Sonnenstrahlen, die auf Cascade herunterschienen, unbedingt einfangen. Das Bild war für alle Ewigkeit in Jims Gedächtnis eingebrannt. Er stapfte durch den matschigen Sand, während ihm der Wind Regen entgegenblies.


Zum 2. Teil

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